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O du Mörderische

Titel: O du Mörderische Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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der Tür, die aussah, als führte sie zu einem Lagerraum und zur Hintertür.
    »Hallo«, rief sie, klopfte an die Tür und riß sie auf.
    »Mrs.   Crane!« Claire Moon stand inmitten des Raums, der mit Ausnahme von Dosen mit Farbe und Farbverdünner, die sich auf Regalbrettern
     an der Wand stapelten, leer war. Der Geruch nach Lösungsmittel raubte einem fast den Atem. »Was machen Sie denn hier?«
    »Patricia Anne und ich haben gesehen, daß Licht brennt, und gehofft, wir könnten diesen Quilt von Leota kaufen, den zum Thema
     Sechzigerjahre.«
    »Hallo, Claire«, sagte ich.
    Sie nickte mir zu. »Mrs.   Hollowell. Tut mir leid, meine Damen, aber es ist bereits fast alles zurückgeschickt.«
    |301| »Dann müssen wir bei Leota selbst schauen. Verzeihen Sie, daß wir Sie behelligt haben, Claire.«
    »Kein Problem. Ich wußte nicht, daß die Tür vorn auf ist, und Sie haben mich etwas erschreckt. Ich begleite Sie nur eben und
     schließe ab.«
    »Tun Sie das«, erwiderte Mary Alice. »Es ist ohnehin keine so gute Idee, hier abends allein zu arbeiten.«
    »Ich bin ja fast fertig.«
    »Okay. Gute Nacht, Claire. Bis bald mal.«
    »Gute Nacht, Mrs.   Crane. Mrs.   Hollowell.«
    »Das ist doch nicht zu fassen«, sagte ich, als wir ins Auto stiegen. »Sie hat nicht einmal registriert, daß meine Hand eingegipst
     ist.«
    »Da ist was im Busch«, erklärte Mary Alice, während sie das Auto startete.
    »Was?«
    »Ich sagte, da ist was im Busch. Du bist wohl ein bißchen schwer von Begriff heute. Die führt was im Schilde. Hast du nicht
     gesehen, wie sie hochgefahren ist, als wir hereinspazierten? Und wo sind bitte die ganzen Kunstwerke?«
    »Du hast sie eben erschreckt, und die Sachen haben sie einfach zurückgeschickt.«
    Mary Alice steuerte an ein paar Gebäuden vorbei, bog hinter einem von ihnen ein, hielt an und machte die Scheinwerfer aus.
    »Laß uns nach Hause fahren«, bat ich. »Ich möchte Fred sein Abendessen machen.«
    »Du bist so ein feiger Waschlappen. Ich will wissen, was hier vor sich geht.«
    Sie stieg aus und verschwand hinter dem Gebäude in einem Durchgang.
    »Warte auf mich«, sagte ich und hastete hinter ihr her.
    Sie wartete an der Ecke.
    »Hör zu«, zischte ich, »es ist gefährlich, abends so im Dunkeln |302| herumzuschleichen! Ich habe bereits eine kaputte Hand und brauche verdammt noch mal nicht auch noch eine lädierte Hüfte.«
    »Möchtest du denn nicht wissen, was sie vorhat?«
    »Nicht wirklich.«
    »Hasenfuß.« Mary Alice ging den Weg entlang. Der Kies knirschte so laut unter ihren Füßen, daß man es mit Sicherheit in der
     Galerie hören konnte.
    Ich griff nach ihrem Mantelärmel. »Wenn du darauf verzichtest, da hinzugehen, erzähl’ ich dir, was ich mit deiner Shirley-Temple-Puppe
     gemacht habe.«
    »Jetzt bindest du mir aber einen Bären auf, oder?«
    »Natürlich nicht.«
    »Doch, tust du. Hör zu, geh entweder zum Auto zurück oder komm mit und schau dir an, was da im Gange ist. Ich will nur durchs
     Fenster gucken.«
    Ich seufzte. »Dann laß uns auf dem Gras gehen. Wir trampeln so laut wie eine Herde Elefanten.«
    Entgegen unseren Erwartungen stand kein Auto hinter der Galerie, aber es waren nach wie vor sämtliche Lichter an.
    »Vielleicht ist sie weg«, flüsterte Schwesterherz. »Sie könnte den Weg in die andere Richtung genommen haben.«
    »Und die Lichter angelassen haben?«
    »Vielleicht wollte sie nur etwas holen und dann wiederkommen.«
    Mich fröstelte. »Ich friere, und wahrscheinlich haben wir den Verstand verloren.«
    »Ich gehe mal einen Blick durchs Fenster werfen.« Schwesterherz duckte sich und sauste wie der Blitz zu dem Gebäude hinüber.
     Ihre Aqua-Aerobic-Kurse begannen sich auszuzahlen, stellte ich fest. Ich konnte allerdings ihre Knie knacken hören, als sie
     wieder hochkam, um durchs Fenster zu sehen. Sie mußte sich auf die Zehenspitzen stellen, weshalb ich es gar nicht erst zu
     versuchen brauchte. Wenn sie mit ihren einsdreiundachtzig |303| nur mit Mühe etwas erkennen konnte, würde ich ihr mit meinen ein Meter fünfundfünfzig keine Hilfe sein.
    Sie wechselte zum nächsten Fenster und wieder zum nächsten. Dann verschwand sie hinter dem Gebäude, und ich begann mir gerade
     Sorgen zu machen, als sie quer über das Pflaster zu mir zurückgehuscht kam.
    »Da ist niemand drin«, sagte sie.
    »Warum läufst du dann so geduckt?«
    »Wenn ich das wüßte, verdammt. Claire muß, wie ich es gesagt habe, das Haus durch die Hintertür verlassen

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