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O du Mörderische

Titel: O du Mörderische Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Unterhose.
    »Ich rede von der Frau, in deren Galerie wir gestern abend waren. Mercy Armistead. Sie hatte einen Herzanfall und ist gestorben.«
    »Wie alt war sie denn?«
    »Ich weiß nicht. Mitte Dreißig vielleicht. Ihr Mann ist Thurman Beatty.«
    »Du meine Güte!« Bei Thurman Beattys Name horchte Fred auf. Er setzte sich auf die Bettkante. »Ging es ihr auf der Party noch
     gut?«
    »Schien so. Ich habe sie dort zum ersten Mal gesehen.«
    »Ein Herzanfall?«
    »So hieß es. ›Vermutlich ein Herzanfall‹.«
    »Das ist schrecklich jung.« Fred dachte das gleiche wie ich. Unsere Kinder waren in diesem Alter. Er stand auf, ging zum Schrank
     und nahm ein Hemd und eine Hose heraus. Ich griff zum Telefonhörer und wählte die Nummer meiner Schwester.
    »Ja, bitte«, sagte Bill Adams.
    Ich sah auf die Uhr. Zwanzig nach sieben. Damit wäre zumindest eine Frage beantwortet.
    »Kann ich mit Mary Alice sprechen, Bill?«
    »Sie schläft noch, Patricia Anne.«
    »Na gut, sag ihr doch bitte, daß Mercy tot ist und daß sie mich, sobald sie wach ist, anrufen soll.«
    »Mercy ist tot. Alles klar.« Es war ein paar Sekunden lang still.
    »Bill?«
    »Ich suche nur nach etwas zum Schreiben. Hier gibt es nirgendwo einen Stift.«
    »Ich rufe sie später noch mal an«, sagte ich.
    »Bill ist bei Schwesterherz«, teilte ich Fred mit, der mittlerweile dabei war, sein Hemd zuzuknöpfen.
    |40| »Überrascht dich das?«
    »Nein.« Ich machte mich ans Aufstehen. »Möchtest du ein Müsli?«
    »Ich hol’ es mir her, und wie wär’s mit einer Tasse Kaffee für dich?«
    »Wie wär’s, wenn du dir noch mal das Handtuch umwickelst?«
    Er lief lachend in Richtung Küche davon. »Die Chance hast du verpaßt.«
    Ich ging ins Badezimmer und klappte mechanisch die Toilettenbrille herunter – wie alle anderen weiblichen Wesen in Amerika
     es ebenfalls allmorgendlich tun   –, spritzte mir ein wenig kaltes Wasser ins Gesicht, putzte mir die Zähne und war wieder im Bett, bevor Fred mit dem Kaffee
     auftauchte.
    »Glaubst du, es steht schon etwas über Mercys Tod in der Zeitung?« fragte ich.
    »Um wieviel Uhr ist sie denn gestorben?«
    »Ich weiß nicht. Es hieß, Thurman habe ihre Leiche in der Galerie gefunden.«
    »Hängt davon ab, wie früh das war. Ich stecke dir die Zeitung in die Küchentür.«
    »Danke.« Ich schlürfte meinen Kaffee, während Fred sein Müsli aß. »Hast du Lust, heute abend Weihnachtseinkäufe zu machen?«
    »Wir müssen, oder?«
    Bilder von Kriegen, Überflutungen und Hungersnöten flimmerten über den Bildschirm, während wir in unserem kleinen Schlafzimmer
     saßen und über Kinder und Weihnachtsgeschenke redeten. Wir hielten die Außenwelt von uns fern. Und hofften das Beste.
    »Ich muß los«, sagte Fred. »Sonst stehe ich wieder ewig im Stau.« Er beugte sich über mich und gab mir einen Kuß. Auf dem
     Weg zur Tür drehte er sich noch einmal um. »In den Dreißigern sterben zu müssen ist so unfair.«
    |41| Tränen traten mir in die Augen. Ich dachte natürlich an Mercy, aber auch an unseren Schwiegersohn Tom Buchanan, der mit vierunddreißig
     ums Leben gekommen war. »Ja«, sagte ich.
    Als ich gerade bei meiner zweiten Tasse Kaffee war, klingelte das Telefon.
    »Mercy ist tot? Hat Bill das richtig verstanden? Was ist denn passiert?«
    »Ich habe es in den Lokalnachrichten gehört. Dort hieß es, sie sei vermutlich an einem Herzanfall gestorben, in der Galerie,
     und Thurman Beatty habe sie gefunden.«
    »Das kann ich nicht glauben«, sagte Mary Alice. »Es ging ihr so gut, als wir uns verabschiedet haben. Was war denn mit ihr
     los? Ist sie einfach umgekippt?«
    »Wie soll ich das wissen? Ich habe sie gestern abend zum ersten Mal gesehen, und die wenigen Minuten, die ich überhaupt mit
     ihr geredet habe, war sie schlechter Laune, weil ihre Haare nicht richtig saßen.«
    »Ihre Haare waren doch schön.«
    »Bonnie Blue sagte, sie habe wie Frankensteins Braut ausgesehen, als sie dort ankamen. Irgend so ein Lockenschaum, den sie
     benutzt hatte.«
    »Vielleicht hat der sie umgebracht«, sagte Mary Alice. »Vielleicht war sie allergisch auf das Zeug und hatte einen dieser
     tödlichen Anfälle, so einen, wie ihn Molly Dodds Freund kurz vor der Hochzeit hatte. Weißt du noch? Sie war schwanger, und
     sie gingen in die Oper. Wie nennt man das? Irgend so ein Schock.«
    »Ein anaphylaktischer Schock. Und wessen Freund ist daran gestorben?«
    »Na, in dieser T V-Serie ›Molly Dodd‹. Erinnerst du dich? An der

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