Oase der Liebe
wenige Monate vor ihrem Tod, erhielt ich völlig überraschend einen Scheck meines Vaters über fünfzigtausend Dollar. Das war unsere Rettung. Ich habe jeden einzelnen Penny geschickt investiert, was sich mit der Zeit ausgezahlt hat. Aber wäre er nicht gewesen, hätte ich wahrscheinlich Tag für Tag als Putzfrau in einem sechzehn-Stunden-Job mein Leben fristen müssen …“
Sie beobachtete, wie Kareef bedächtig sein Rotweinglas in die Hand nahm.
„Seltsam ist nur, dass er vehement bestritten hat, überhaupt etwas davon zu wissen, als ich mich heute bei ihm bedanken wollte …“, fuhr sie nachdenklich fort und schaute erst auf den rubinroten Wein in Kareefs Glas, dann in seine Augen. Und plötzlich wusste sie, woher das Geld tatsächlich stammte. „Es war nicht von ihm, oder?“
Sie bekam keine Antwort und atmete tief durch.
„Es kam von dir. Du hast mir vor zehn Jahren diesen Scheck zukommen lassen.“
Kareef stellte sein Glas ab und nickte widerwillig.
„Aber … aber der Brief war doch von meinem Vater …“
„Ich wusste, dass du es von mir nicht akzeptieren würdest.“
„Und damit liegst du absolut richtig!“
„Nur deshalb habe ich gelogen.“
„Einfach so, ja?“
Er lächelte schwach. „Eigentlich hatte ich vor, jedes Jahr einen festen Betrag zu schicken, doch du brauchtest das Geld gar nicht, weil du gleich auf dem ersten Scheck dein eigenes Vermögen begründet hast.“ In seiner Stimme schwang widerwillige Anerkennung und sogar ein wenig Stolz mit, was Jasmine irritierte und gleichzeitig freute.
„Warum hast du es getan?“, fragte sie leise.
„Das weißt du nicht?“
Stumm schüttelte sie den Kopf.
Kareef griff nach ihrer Hand, drehte sie um und drückte einen verlangenden Kuss auf die warme Innenfläche. Jasmine hatte das Gefühl, ein sengender Blitz fahre durch ihren Körper, als seine Lippen ihre Haut berührten. Dann hob er den Blick und schaute sie an. Seine blauen Augen glichen dem aufgewühlten Meer an einem stürmischen Herbsttag.
„Weil du meine Frau bist, Jasmine …“
Das lastende Schweigen, das seinen Worten folgte, wurde durch die ersten Raketenschläge des Feuerwerks unterbrochen, das man zu Kareefs Ehren abbrannte.
Jasmine fuhr auf wie aus einem Traum und entriss ihm ihre Hand. „Ich bin nicht deine Frau!“
„Du hast die Trauformel gesprochen und den Treueeid geleistet“, erinnerte er sie sanft. „Ebenso wie ich.“
„Das geschah ohne Zeugen und war nicht legal.“
„Nach den Gesetzen von Qais schon.“
„Kein Gerichtshof in Qusay würde diese Verbindung anerkennen.“
Kareef zeigte sich wenig beeindruckt. „Wir sind verheiratet, Jasmine …“
Mit entsetzt geweiteten Augen schaute sie zu den hohen Spitzbogenfenstern hinüber, deren dunkle Silhouette immer wieder vom Feuerwerk erhellt wurde. Verzweifelt versuchte sie, ihre wirren Gedanken zu ordnen.
„Und selbst wenn …“, sagte sie rau, „… den Partner einfach zu verlassen, gilt wohl vor jedem Gericht als Scheidungsgrund.“
„Redest du von dir oder von mir?“, fragte Kareef ruhig.
Jasmine biss sich auf die Unterlippe. „Ich wurde gezwungen, Qusay zu verlassen!“
„Und ich hatte ebenso triftige Gründe, dich nicht zu halten.“
„Ja, richtig!“ Sie lachte bitter auf. „Ach, was soll’s … wir waren beide noch halbe Kinder, die nicht wussten, was sie taten“, versuchte sie das Thema abzuwiegeln, doch das wollte Kareef offenbar nicht zulassen.
„Ich wusste sehr wohl, was ich tat“, behauptete er lächelnd und strich ihr sanft mit einem Finger über die Wange. „Und du auch.“
Nein, das darfst du nicht!, flehte Jasmine innerlich und fühlte, wie ihr Widerstand schmolz. Wenn er sie noch einmal in dieser Art berührte …
„Sollten wir wirklich nach dem Gesetz der Wüste verheiratet sein, dann sprich jetzt die Formel zur Auflösung unserer Ehe“, flehte sie ihn an. „Ich … alles, was für mich noch zählt, ist allein meine Familie.“
„Und was ist mit dir?“ Kareef umfasste Jasmines Kinn mit zwei Fingern und schaute ihr aufmerksam in die dunklen Augen. „Was willst du für dich selbst?“
Sie wollte ihn küssen … jetzt, gleich hier und bis zur Besinnungslosigkeit!
Doch wenn sie diesem verzehrenden Verlangen nachgab, würde sie damit ihr Leben zerstören. „Ich möchte ein Zuhause …“, murmelte sie erstickt. „Eine Familie. Einen Ehemann und Kinder …“
Ein lautes Geräusch von draußen, einem Donnerschlag gleich, schien ihre Wünsche
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