Oase der Versuchung
noch etwas anderes: Noch nie hatte er ein so … angenehmes Zusammenwirken erlebt. Normalerweise überließ er anderen nicht gern die Führung.
Außerdem konnte er sich nicht erinnern, jemals eine Frau so heiß begehrt und gleichzeitig so respektiert zu haben. Er verließ sich auf ihr Können – und gleichzeitig wollte er sie verwöhnen und beschützen.
Vielleicht träumte er? Oder redete sich etwas ein? Schließlich kam einiges zusammen: die Notsituation, der Blutverlust, die Freude, überlebt zu haben, Dankbarkeit …
Aber wenn er bedachte, wie sympathisch sie ihm war und wie heftig er körperlich auf sie reagierte, konnte er nur zu einem Schluss kommen: Er träumte nicht. Das war seine Wirklichkeit.
Und wie sie ihn immer wieder mit Blicken und Händen streichelte! Als wollte sie sich dafür entschuldigen, dass sie ihm das alles antat – wenn auch zu seinem Besten. Sobald er leise Anzeichen gab, dass er Schmerzen hatte, begannen ihre Lippen und Finger zu zittern. Das konnte nur eines bedeuten: Es war nicht nur seine, sondern auch ihre Wirklichkeit. Ihr erging es genau wie ihm.
Wer sie waren und unter welchen Umständen sie einander kennengelernt hatten, spielte keine Rolle. Was zählte, waren ihre tiefen Gefühle füreinander. Inzwischen war so viel geschehen, dass es Hassan wie eine Ewigkeit vorkam. Eine langsame und schrittweise Entwicklung ihrer Zuneigung hatte sich damit selbst überholt.
Nachdem sie die letzten Handgriffe beendet hatte, setzte er sich auf und half ihr, den Verband anzulegen. Dadurch entfernten sie sich voneinander. Ihm war das unerträglich.
Er griff ihr ins Haar und zog sie wieder näher zu sich.
Aber sie zuckte zurück.
Er zögerte, als würde er in sie hineinhören. Nach einer Weile ließ er sie los und fragte leise: „Haben Sie Angst vor mir?“
„Nein!“ Zu Hassans Erleichterung schüttelte sie energisch den Kopf. Dann lächelte sie schüchtern – wodurch sie noch reizvoller wirkte. „Ich weiß, es klingt komisch, hier mitten in der Wüste, allein mit einem eindrucksvoll starken Mann. Aber trotzdem habe ich keine Angst vor Ihnen, hatte ich von Anfang an nicht. Ganz im Gegenteil.“
Dieses Eingeständnis wärmte ihn von innen. Also stimmte es. Sie empfand wie er.
Obwohl er sie am liebsten auf der Stelle mit Haut und Haar verwöhnt hätte, machte es ihm Spaß, mit ihr zu lachen und zu flirten. Darum sagte er: „Das ist, glaube ich, eine kleine Notlüge. Zumindest im ersten Moment hatten Sie so viel Angst, dass Sie mich fast krankenhausreif geschlagen hätten.“
„Das war aber, bevor ich Ihr Gesicht gesehen und Ihre Stimme gehört hatte. Sie hätten ja wer weiß was von mir wollen können.“
Er lächelte und legte ihr den Arm um die Taille. „Damit hatten Sie ja zumindest teilweise recht. – Wo haben Sie nur so gut die medizinische Erstversorgung gelernt?“
„An der Uni. Wo denn sonst?“
„Soll das heißen, Sie sind Ärztin?“
„Erraten.“
„Da habe ich mich ja in allen Punkten gründlich getäuscht: in ihrem Geschlecht, ihrem Beruf … Nehmen denn die Überraschungen nie ein Ende?“
Sie zuckte die Schultern. „Warum sollten sie?“ Als sie lächelte, bildeten sich zwei Grübchen neben ihren Lippen, die im Moment recht blass waren.
Wie gerne hätte er sie geküsst, um ihnen wieder Farbe und Wärme einzuhauchen!
„Aus keinem bestimmten Grund, ya shafeyati .“
„Was bedeutet das?“
„Meine Heilerin.“
„Und was heißt ‚mein Retter‘ auf Arabisch?“
„ Monqethi .“
Langsam sprach sie das Wort nach. Mit ihrer Stimme, die ihn schon lebhaft angesprochen hatte, als sie sie noch verstellt hatte. Es war eine Stimme, die auf ihn wie ein Aphrodisiakum wirkte. Wie eine zarte Liebkosung, die er am ganzen Körper spürte.
„Und ‚mein Held‘?“, fragte sie und steigerte dadurch seine Sehnsucht noch weiter.
„ Buttuli “ , flüsterte er erregt.
Als sie auch dieses Wort wiederholte, mit einer Stimme, die wie eine schmeichelnde Melodie klang, war es um seine Selbstbeherrschung endgültig geschehen. Er beugte sich zu ihr, kaum dass sie aufgehört hatte zu sprechen, und verschloss ihre Lippen mit einem Kuss. Dabei sog er ihren betörenden Atem förmlich ein.
Kaum hörbar seufzte sie und öffnete leicht die Lippen.
Hassan wollte ihr ganz nah sein, wollte mit ihr verschmelzen, wollte sie wissen lassen, welche Glut sie in ihm entfacht hatte. Sein Kuss wurde fordernder, besitzergreifender.
Alle Süße, allen Zauber wollte er auskosten. Und
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