Ob das wohl gutgeht...
gesehen?«
»Oh, er war ja nicht mein Vater. Mein Vater war ein Seemann, der ein Mädchen in Fiji heiratete. Bigamie. Nur haben sie ihn niemals erwischt. Mutter ließ sich mit diesem Burschen ein und lebte in Irland, er war ein Wilderer...«
Ich legte meinen Füller nieder, gewiß, daß irgendein fremder irischer Wilderer keinen Einfluß auf den Geisteszustand von Mr. Williams ausüben konnte.
Glücklicherweise wurde die Tür in diesem Moment wieder einmal geöffnet, und zu meiner größten Erleichterung stürmte Toby Malleson herein.
»Tut mir schrecklich leid, alter Junge, es wurde gerade jemand mit einer Überdosis eingeliefert. Station für Psychosen.« Er blickte meinen Patienten an. »Was willst du hier, Cuthbert?«
Cuthbert erhob sich und sah mich vorwurfsvoll an. »Ich wollte nur für die Silberhochzeit des Professors sammeln.«
Verstohlen ergriff ich das Blatt, auf dem ich versucht hatte, seine Geschichte niederzuschreiben, und stopfte es in meine Hosentasche.
»Kannst du mir ein Pfund leihen?« fragte mich Toby. »Meine Frau hat mich heute früh völlig ausgeplündert. Hatte irgendwas mit dem Kirchenbasar zu tun.«
Cuthbert trug Tobys Namen in eine Liste ein und verließ uns, während ich angestrengt zum Fenster hinausschaute, von wo man einen mit Sauerstoff-Flaschen vollgepackten Hinterhof sah.
Die Oberschwester kam als nächste herein. »Ach, da sind Sie ja,
Toby. Jean fragt, ob sie früher gehen darf? Sie hat Karten für den >Ring<.«
»Wer ist Jean?« fragte ich, als er seine Erlaubnis gegeben hatte.
»Die Schwester. Sie hat hier alles unter sich.«
»Dieses schlechtgelaunte Wesen, das ich sah, als ich ankam?«
»Sie ist nicht schlecht gelaunt. Du mußt nur lernen, wie du sie behandeln mußt. Bei ihr muß man gut angeschrieben sein, das ist ratsam.«
Ich schien bis jetzt hier überall nur schlecht angeschrieben zu sein.
»Es scheint, als ob hier in der Abteilung ein ziemlich respektloser Ton herrschte«, sagte ich. »Ich meine, sie rufen dich alle mit Vornamen.«
Toby fand diese Bemerkung keiner Erklärung wert. Vielleicht war ich auch zu lange vom Krankenhaus fort gewesen.
»Nun«, sagte er, während ich seinen Stuhl räumte, »laß uns zur Sache kommen.«
Die Tür wurde geöffnet. Diesmal war es Jean. »Danke, Toby«, sagte sie, mich völlig übersehend. »Ich werde alle Notizen bei Daphne lassen, und Tommy will jetzt den Tee haben, da er irgendwelche Rosen aus der Baumschule erwartet und bald nach Hause möchte, um sie selbst in Empfang zu nehmen.«
»Tommy?« sagte ich. Mein Kopf begann zu summen.
»Der Professor! Er hat einen Narren an Rosen gefressen.«
Der halbe Nachmittag war vergangen, und wir hatten noch keinen einzigen Patienten gesehen.
Tee wurde in einem nur wenig größeren Raum serviert, in dem lediglich ein Tisch stand. Toby stellte mich dem Professor vor, den drei Aufnahme-Ärzten, dem Kinderpsychiater, einem Verhaltens-Therapeuten, verschiedenen Psychotherapeuten, den Schwestern und Helfern, die zur Abteilung gehörten. Keiner von ihnen richtete das Wort an mich, aber auch nicht an die anderen. Außer einigen kurzen Bitten um die einzige Zuckerdose, wozu sie sich auch schienen überwinden zu müssen, kam kein Wort über die Lippen der Anwesenden. Ein tieferes Interesse schien an der Zimmerdecke zu bestehen, aber bei Nachprüfung entdeckte ich, daß sie nichts Anregendes enthielt, außer einem oder zwei nicht sehr tiefen Rissen.
Wenn das Psychiatrie war, dann lobte ich mir die allgemeine Praxis. Kein Wunder, wenn Robin Selbstmord verübt hatte. Die Atmosphäre genügte, um bei der gefestigtesten Persönlichkeit Selbstmordtendenzen zu züchten. Einer nach dem anderen trank seinen Tee und schlich hinaus. Der Professor, den man genausogut für einen Fensterputzer hätte halten können, sagte: »Auf zur Jagd!« zu Toby, als er ging.
»Brillanter Mann«, sagte Toby, »brillant!«
Er schien dies ganz ernst zu meinen.
In der Herrentoilette, welche der nächste Punkt in unserem Programm war, sagte Toby: »Jeder, der einen Arzt braucht, ist bis zu einem gewissen Grad gestört und unglücklich. Und solange der Patient nicht als eine Person begriffen wird, ist seine Chance, Hilfe zu erhalten, wirklich sehr gering.«
Es war meine erste und wichtigste Unterweisung in Psychiatrie, sie wurde von Toby erteilt, während er seine Hose zuknöpfte.
Wir schlenderten zu Tobys Zimmer zurück, hielten auf dem Gang an, um mit einigen Schwestern, Sekretärinnen, Helfern und
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