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Ob das wohl gutgeht...

Ob das wohl gutgeht...

Titel: Ob das wohl gutgeht... Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Tibber
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wie immer. Ich konnte ihr nicht widersprechen.
    »Wird er sehr unter Schmerzen leiden müssen?« fragte Sylvia.
    »Es wird erträglich bleiben; richtige Schmerzen dürfte er kaum bekommen. Es gibt ja außerdem Mittel.«
    »Der gute Kerl, unser lieber Faraday...«
    »Hör zu weinen auf«, sagte ich, »wir müssen den Dingen ins Auge schauen und versuchen, uns damit abzufinden.«
    Wir schliefen ein, und am nächsten Morgen blieb uns keine Zeit zum Traurigsein. Wir wurden um fünf Uhr dreißig von Eugenies Geschrei geweckt, die Zwillinge spielten in ihren Schlafsäcken Indianer, und Hank übte auf der Violine. Faraday und Caroline, die zweifellos von der Reise erschöpft waren, schliefen trotz des Lärms weiter. Wir fütterten Eugenie, verdroschen die Zwillinge, aber trotz aller unserer Bemühungen vermochten wir Hank nicht Einhalt zu gebieten. Wir zogen die Bettdecken über den Kopf in einem vergeblichen Versuch, die entsetzlichen Laute der Bachschen Todesqualen nicht anhören zu müssen. Aber zehn Minuten später riß uns das Telefon wieder hoch.
    »Wetten, daß es Barbara Basildon ist?« sagte Sylvia.
    Sie sprach unfreundlich ins Telefon. »Es ist Barbara Basildon«, sagte sie, die Hand über die Muschel gelegt, und blickte mich starr an, »das Baby hat eine verstopfte Nase, und ob du ein Rezept für Nasentropfen schreiben würdest, das ihr Mann auf dem Weg zur Arbeit abholen kann.«
    »Frag sie, ob er wohl Nachtschicht hat.«
    »Mrs. Basildon«, hörte ich sie sagen, ehe ich wieder einschlief, »wissen Sie eigentlich, wieviel Uhr es ist?«
    Sylvia fühlte sich von Barbara Basildon verfolgt. Diese war eigentlich ganz harmlos, wenn auch aufreizend dumm, und sie ging Sylvia jedenfalls arg auf die Nerven. Sie gehörte zu jenen Patienten, die völlig unfähig waren, den gesunden Menschenverstand walten zu lassen, und augenblicklich ans Telefon eilten, wenn ein Mitglied ihrer Familie nur nieste, ganz gleich, zu welcher Tages- oder Nachtzeit. Ich dachte unwillig an die zahllosen Gelegenheiten, bei denen sie Sylvia aus dem Schlaf gerissen hatte.
    »Barbara Basildon!« rief sie dann nur, unsanft aus Venedig oder von griechischen Inseln zurückgeholt oder wo immer sie gerade im
    Traum gewesen war. Meistens war es Barbara Basildon. Ich hatte ihr strenge Vorhaltungen gemacht, hatte mir auch ihren gleichermaßen unfähigen Mann vorgeknöpft und versucht, die Familie aus meiner Patientenliste zu streichen. Barbara Basildon hatte geweint. Sie sei nicht in der Lage, ihre Sprößlinge ohne meine Hilfe aufzuziehen, habe kein Vertrauen in einen anderen Arzt als mich, versprach treuherzig, zu den offiziellen Zeiten bei uns anzurufen. Vielleicht versuchte sie es wirklich. Ich weiß nur, daß kein anderer Patient so oft meine Mahlzeiten, Ruhepausen, kostbaren Schlafstunden unterbrach wie sie. In unserem Haus war »Barbara Basildon« schon zu einem Schimpfwort geworden. Gemessen an ihr, schien sogar Hanks penetrantes Geigenspiel noch erholsam.
    Herbert Basildon kam, als wir beim Frühstück saßen, falls man das überhaupt so bezeichnen konnte. Denn unsere glücklicherweise sehr geräumige Küche glich einem Narrenhaus. Sylvia versuchte mit einer Hand Eier auf Speck für mich und die Zwillinge zuzubereiten und mit der anderen Hand »Farex« in die protestierende Eugenie hineinzulöffeln; Caroline war damit beschäftigt, die letzte eines halben Dutzends Orangen auszupressen, wobei sie uns einen Vortrag über die Vorzüge des ungesüßten, natürlichen Fruchtsaftes hielt und verächtliche Blicke auf unsere Eierpfanne warf; Faraday und Hank absolvierten noch ihren vorgeschriebenen Morgenspaziergang von zweihundert Schritten neben dem Herd, da es draußen in Strömen regnete; Fred war mit einer großen Knoblauchwurst erschienen, und Lulu, begleitet von ihrem Transistorradio, machte für uns alle Kaffee, da ihr Mann verreist war und sie nur ungern allein und in aller Stille zu frühstücken liebte.
    »Frühstück bei Tiffany!« sagte Fred und zog die Haut von der Wurst. »Was will man mehr?«
    »Sie werden doch diese Wurst nicht roh essen wollen? Hundertundfünf, hundertundsechs...«
    »Die räumt das Wartezimmer im Handumdrehen aus.«
    »Es hat keinen Sinn zu schreien und alles wieder auszuspucken«, sagte Sylvia zu Eugenie, als ob diese fähig wäre, es zu begreifen. »Mach du mal weiter, Penny. Nein, binde ihr erst die Serviette um, sie hat ein frisches Nachthemd an. Leg Napoleon hier vor sie auf den Tisch, Peter, wo sie ihn sehen kann.

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