Ob das wohl gutgeht...
ordentlichen Arbeit für unfähig zu erklären und festzustellen, daß heutzutage nichts so war wie in der guten alten Zeit. Während das letztere stimmte, war die erste Behauptung ganz gewiß nicht richtig. Ohne Zweifel hatte sich vieles verändert, die jungen Leute waren aber gewiß nicht schlechter als wir, und in manchen Dingen sogar besser. Wir waren zu einer jungen, modernen Praxis geworden, und diese Tatsache übte auch auf mich ihre Wirkung aus.
»Vati«, sagte Penny eines Tages vorwurfsvoll zu mir, »du läßt dir doch Koteletten wachsen.«
»Was um Himmels willen meinst du damit?«
»Du läßt dir das Haar wie Fred wachsen.«
»Rede doch keinen Unsinn!« Ich fuhr mir übers Haar. »Ich habe nur keine Zeit gehabt, es schneiden zu lassen. Es ist mein normaler Schnitt.«
Aber das stimmte nicht. Ich war von Fred und Lulu beeinflußt, wenn auch nur indirekt, und gab meinem Friseur geflüsterte Instruktionen, die Koteletten stehenzulassen, um den Anschluß an die moderne, jugendliche Mode zu finden.
Plötzlich, an einem strahlenden Julimorgen, war für alle von uns der Tag des Umzugs gekommen. Ich hatte schon manchen hektischen Tag durchgemacht, aber dieser Tag übertraf alles bisher Dagewesene.
Schon am frühen Morgen ging es los, bald nachdem Hank mit seinem Violinspiel, an das wir uns recht und schlecht gewöhnt hatten, begonnen hatte: das Gesicht eines Mannes, der mir völlig fremd war, erschien am Schlafzimmerfenster. Sein Haar fiel auf die Schultern, er trug einen Bergmannshut und eine Nickelbrille mit runden Gläsern.
Ich weckte Sylvia. »Sylvia! Sylvia! Aufwachen! Hast du den Fensterputzer bestellt?«
»Wie spät ist es?«
»Sechs Uhr dreißig.«
»Früh?«
»Früh.«
»Ich hätte es wissen müssen.« Sie hielt sich die Ohren zu, um nicht mitanhören zu müssen, wie Max Bruchs Violinkonzert, das wir einst so geliebt hatten, hingemordet wurde.
»Eines Tages werde ich dieses Kind noch kaltlächelnd umbringen.«
»Nichts gegen Hank«, sagte ich. »Hast du den Fensterputzer bestellt oder nicht?«
»Wieso um sechs Uhr dreißig in der Frühe?«
»Sechsdreißig früh«, wiederholte ich geduldig und beobachtete das bärtige Gesicht.
»Nein. Außerdem ist er von der Leiter gefallen und muß mindestens sechs Wochen im Krankenhaus bleiben, und dann will er zurück in die Gärtnerei...«
»Sylvia, ich wollte nur wissen, ob er zum Fensterputzen kommen sollte, seine Krankengeschichte interessiert mich nicht.«
»Es hat doch keinen Sinn, die Fenster putzen zu lassen, wenn wir ausziehen.«
»Genau. Aber irgend jemand putzt sie.«
Sie setzte sich auf. »Das kann doch nicht sein.«
»Doch. Es ist so.«
Sie sah nach dem Fenster, stieß einen schrillen Schrei aus und verschwand unter der Bettdecke.
Penny kam im Schlafanzug herein. »Du hast das Baby aufgeweckt.«
»Hör mal«, sagte ich, »wenn Hank sie nicht aufgeweckt hat, kann sie unmöglich durch den kleinen hysterischen Anfall deiner Mutter gestört worden sein.«
Penny zog die Bettdecke zurück und starrte Sylvia an. »Stimmt mit ihr etwas nicht?«
»Doch, sie ist ganz in Ordnung. Geh, sei ein liebes Kind und frage diesen Mann dort drüben, warum er die Fenster putzt.«
»Der putzt doch gar nicht Fenster.«
»Was macht er dann?«
»Er streicht das Haus an. Purpurrot.«
»Purpurrot?«
»Und da ist noch jemand.«
»Noch jemand?«
»Ja, ein Mädchen. Nein, kein Mädchen. Es muß ein Junge sein. Wenigstens glaube ich, daß es ein Junge ist. Er malt die Garage an.«
»Auch purpurrot?«
»Nein, orange.«
»Sonst noch was?«
»Ja. Auf dem Rasen liegen eine Menge Bilder mit nackten Frauen. Und Bücher. Und eine riesige Figur von einem Mann, der nichts anhat. Man kann sein...«
»Sonst noch was?«
»Ja.«
»Nun?«
»Auf dem Rasen sind viele Leute, die frühstücken dort...«
Ich schloß die Augen. »Ist Fred zu sehen?«
»Ja. Er schreibt etwas, auf meine Tafel...!« Sie war wie der Blitz aus dem Zimmer.
»Sylvia«, sagte ich, »Sylvia. Es hat keinen Sinn, den Kopf in den Sand beziehungsweise unter die Bettdecke zu stecken. Fang an, wir ziehen um.«
»...das mußt du mir doch nicht sagen...«
»Und zweitens müssen wir etwas wegen Fred unternehmen.«
»Das ist zu spät.«
»Wie meinst du das?«
Sie wurde munter. »Zu spät. Du hast ihn als Partner angenommen, ihm das Haus verkauft. Was willst du noch gegen Fred tun?«
»Er verwandelt unser Haus in einen Zirkus.«
»Nun, wir müssen ja nicht zusehen. Wir ziehen in die
Weitere Kostenlose Bücher