Ob das wohl gutgeht...
Professor. »Süß, halb oder trocken?«
Ich war nicht sicher, ob er über den Mehltau oder den Sherry sprach, und überlegte, was dies alles mit Lucy Cramphorn zu tun haben könnte.
»Süß«, sagte ich aufs Geratewohl.
»Sie müssen mich mal besuchen und sich die Königin von Dänemark ansehen...«, sagte er zu Toby.
»Sehr gern Tommy, sehr gern.«
Ich war wieder völlig ratlos, was er meinen könnte.
»Es gibt nichts Schöneres als ihren Duft in einer Sommernacht...«
Vielleicht waren die Dias schuld, die wir gesehen hatten? Dann aber wurde mir klar, daß er wieder einmal über seine Rosen sprach.
»Bist du schon einmal bei ihm eingeladen gewesen?« fragte ich Toby, als der Professor weitergegangen war und mich meinem süßen Sherry überließ, den ich haßte. »Wie lange muß man ihn eigentlich kennen, ehe das passiert?«
»Zwanzig Jahre«, sagte Toby. Ich rechnete mir aus, daß er bereits tot sein würde, ehe die Reihe an mir wäre. »Ich habe bei ihm studiert.«
»Spricht er auch mal über etwas anderes als über Rosen?«
»Über Azaleen«, sagte Toby, »aber jetzt nicht mehr oft, weil sie die Sträucher herausgerissen haben.«
»Und wie ist seine Frau?«
»Alice? Eine furchtbar nette Person. Immer ein bißchen durcheinander. Neigt dazu, einen zum Essen einzuladen und es dann zu vergessen. Man sitzt dann schließlich mit einem Räucherhering in, ihrer Küche.«
Ich stellte mir eine etwas verschrobene alte Dame vor.
»Sie ist Ozeanographin«, sagte Toby. »Mitglied der Königlichen Gesellschaft. Meistens hält sie Vorträge auf der einen Seite der Welt, während Tommy auf der anderen spricht. Sie treffen sich gelegentlich beim Umsteigen auf einem Flugplatz.«
»Man sollte es nicht für möglich halten«, sagte ich und kratzte mich auf dem Kopf, »daß so geistesabwesende Leute...«
»Geistesabwesend?« sagte Toby und stutzte. »Tommy ist eine internationale Autorität in der Biochemie, und was Alice anbelangt...«
»Ich meine nur, weil er von nichts anderem als von Rosen spricht und so gar nicht auf dem laufenden zu sein scheint.«
»Er weiß genau, was vorgeht.«
Der Professor hatte inzwischen stillschweigend mein Glas nochmals mit süßem Sherry gefüllt und war weitergegangen.
»Ich sehe, was du meinst«, sagte ich und beobachtete, wie er sich unter den beinahe hundert Leuten bewegte und von jedem genau wußte, ob er seinen Sherry süß, halbtrocken oder trocken wünschte.
15
»Das ist ganz offensichtlich alles nur Theater«, sagte Sylvia, als ich ihr das seltsame Verhalten des Professors schilderte.
»Ganz bestimmt nicht. So ist er. Das verstehst du nicht.«
»Und warum lädst du ihn nicht zu uns zum Essen ein?«
»Zu uns?«
»Wir haben auch manchmal Gäste zum Essen. Erinnerst du dich nicht?«
»Ich kann doch unmöglich den Professor einladen. Er hat von meiner Existenz bisher kaum Kenntnis genommen. In dieser Abteilung bin ich ein Nichts.«
»Wenn du mich fragst«, sagte Sylvia, »so brauchst vor allem du eine Behandlung.«
Ich dachte, daß die ganze Psychiatrische Abteilung eine brauchen könnte.
»Wenn du mich fragst«, sagte ich, »denke ich allmählich, daß wir alle eine brauchen. Aber das ist vielleicht auch der Grund, warum wir alle solches Interesse an diesem Thema zeigen.«
»Unsinn. Du hast damit nur angefangen, weil Toby Malleson dich auf Mollys Hochzeit gefragt hat.«
»Aber ich hätte ja nicht dort bleiben müssen. Ich finde immer mehr Interesse an der Sache. Vielleicht gebe ich sogar eines Tages meine Praxis auf.«
»Nun, ehe du das tust«, sagte Sylvia, »solltest du vielleicht erst noch Christoph Murphys Nase ansehen. Sie blutet schon seit einer Stunde.«
»Wo ist Fred?«
»Beim Einkäufen.«
»Er ist immerzu beim Einkäufen.«
»Ja, denn er gibt heute abend eine Party.«
»Warum hat er uns nicht eingeladen?«
»Es ist eine Halbweltparty. Wir passen nicht dazu. Wahrscheinlich könnten wir auch hingehen, wenn wir wollten. Es wird nicht besonders dazu eingeladen, die Leute kommen und gehen, wie sie wollen. Du hast heute abend sowieso Dienst, und ich möchte mit meinem neuen Buch anfangen.«
Ich setzte mich nieder und schlug die Zeitschrift für Psychiatrie auf.
»Vergiß Christoph Murphys Nase nicht!« mahnte Sylvia.
»Ich wünschte, wir wären nicht umgezogen«, brummte ich, »er wohnt gleich neben unserem alten Haus.«
Ich behandelte die Nase und bekam von Mrs. Murphy aus Dankbarkeit eine Tasse Tee aufgezwungen, der so stark war, daß der
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