Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ob das wohl gutgeht...

Ob das wohl gutgeht...

Titel: Ob das wohl gutgeht... Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Tibber
Vom Netzwerk:
verhieß nichts Gutes. Ich fragte sie, was denn sei, und sie deutete mit dem Kopf nach der Anrichte, auf der ein Riesenkarton Champagner und die größte Bonbonniere standen, die ich jemals gesehen hatte.
    »Wer hat uns denn diese Kleinigkeit geschickt?«
    »Olivia Duke.«
    »Ist das nicht süß von ihr?«
    »Sie sagte, du seist heute nacht absolut einmalig gewesen.«
    Ich begann Bänder und Papier von der Bonbonniere zu entfernen.
    »Hast du gehört, was ich gesagt habe?« fragte Sylvia.
    »Aber ja.«
    »Was hast du eigentlich heute nacht gemacht?«
    »Du hast doch gehört, was die Dame gesagt hat.«
    »Wo war ich?«
    »Du -? Du hast geschlafen.«
    Sie nickte in Richtung Champagner. »Und was hast du dafür getan?«
    »Na, so verschiedenes, weißt du... ich...«
    Zu meiner Verblüffung brach Sylvia in Tränen aus. Lautes Schluchzen durchdrang die Küche, so daß ich eiligst das Fenster schloß, bevor alle Nachbarn es hören konnten.
    »Aber Sylvia«, sagte ich, »ich habe dich doch nur ein bißchen aufgezogen. Die Dukes hatten einen Freund bei sich, und er war krank. Ich habe in der Diele das Wasser aufgewischt, wie du dich erinnerst...«
    »Das ist es nicht«, jammerte Sylvia, »du verstehst mich nicht.«
    »Was ist es denn?«
    Sie schluchzte verzweifelt in ihr Taschentuch.
    »Sag mir’s bitte«, sagte ich. »Es hängt offensichtlich mit Olivia Duke zusammen.«
    »Sie sah absolut fabelhaft aus«, jammerte Sylvia, »ich habe gerade die Lampe in der Diele geputzt... die Haustür stand offen... und sie dachte, ich wäre die Zugehfrau...«
    Ich legte meine Arme um sie. Ihr ganzer Körper bebte vor Schluchzen.
    »...sie hatte ein kleines dunkelblaues Kleid an, dazu einen herrlichen Seidenschal, der von Dior gewesen sein...«
    »Ich werde dir auch einen Schal von Dior kaufen.«
    »...und war mit einem Traumwagen vorgefahren, und da stand ich...«
    »Sylvia«, sagte ich, »wo sind die Kinder?«
    »Ich habe sie in den Park geschickt.«
    »Und Eugenie?«
    »Sie schläft.«
    Ich ergriff ihre Hand. »Du und ich«, sagte ich, »wir wollen jetzt auch ein wenig schlafen. Wir sind beide völlig fertig.«
    Zu unserer Überraschung kamen wir schließlich zur Ruhe, was uns jeder, der schon einmal umgezogen ist, hätte Voraussagen können. Wie durch einen Zauber, wenn auch einen von der langsam wirkenden Sorte, entwickelte sich das Lorbeerbaumhaus zu einem -wie auch ich zugeben mußte - wirklich eleganten Heim, und wir gewöhnten uns sogar an die Treppen. Wir hatten dafür ein System erfunden, das zwar nicht sehr ordentlich war, das aber unsere Beine schonte. Die Idee stammte von Peter, der sich gebührend als Erfinder feiern ließ. Oben an jedem Treppenabsatz stellten wir Papierkörbe auf. In diese warfen wir alles hinein, was hinauf- oder heruntergebracht werden sollte. Wer nun zufällig als nächster hinauf- oder herunterging, nahm den vollen Korb mit und brachte beim nächsten Mal den leeren Korb wieder zurück. Das einzige Familienmitglied, das von dieser Tätigkeit befreit war, war Eugenie, die von Zeit zu Zeit gerade noch dem Transport im Papierkorb entging.
    Doch eine Erinnerung blieb an jene zwei ersten alptraumhaften Tage, welche die Düsternis etwas aufheiterte.
    Auf meinem Weg zur Praxis am späten Nachmittag nach jenem erholsamen Schläfchen, das Sylvia und ich genossen hatten, traf ich Olivia Duke, die noch immer das kleine dunkelblaue Kleid mit dem Diorschal trug, das Sylvia fast um den Verstand gebracht hatte. Ich bedankte mich bei ihr für den Champagner und die viel zu üppige Schokolade und bat sie, mir zu verzeihen, wenn ich sie nach der Herkunft des Schals fragte, den sie trug, da ich meiner Frau einen ähnlichen kaufen wollte. Zu meiner Überraschung brach sie in helles Lachen aus. Als sie sich einigermaßen erholt hatte, wickelte sie den bunten Schal vom Hals und hielt ihn auf der Straße hoch.
    »Hosen«, sagte sie, »von Marks & Sparks. Ich konnte nicht widerstehen, weil die Farben mir so sehr gefielen.«
    So viel über den »Diorschal«. Die Geschichte stellte auch Sylvias gute Laune wieder her.
    Wie von Sylvia vorausgesagt, hatten unser Umzug, Freds Eintritt in die Praxis sowie die neue Dekoration unseres alten Hauses keinen hemmenden Einfluß auf die Praxis gehabt. Dies galt auch für Ereignisse, welche die ganze Nation betrafen. Obgleich sich während der letzten zwanzig Jahre das Gesundheitswesen des Landes enorm verändert hatte, blieben die Patienten und ihre Beschwerden. Wir waren jetzt, wie man

Weitere Kostenlose Bücher