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Ob das wohl gutgeht...

Ob das wohl gutgeht...

Titel: Ob das wohl gutgeht... Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Tibber
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seine Fieberschauer und Schmerzanfälle ständig zugenommen, und es war bedrückend gewesen, ihn, der fast nur noch aus Haut und Knochen bestand, wie besessen mehr im Bett als draußen mit Sylvias Schreibmaschine auf der Brust arbeiten zu sehen.
    Das kleine schicke Haus schien zu bersten von den vielen schicken Gästen, die mir alle unbekannt waren. Caroline, die in einem scharlachroten Chiffonkleid mit Riemchenträgern und dazu passenden scharlachroten Satinschuhen fabelhaft aussah, bahnte uns mit den Ellenbogen einen Weg ins Haus.
    »Das sind Katya und Martha und Ilona und Petruschka und Hasan und Chan - Chan arbeitet mit Bläschen - und Fleure und Bettie und Donald dort drüben, mit dem Bier, und hört mal alle her...«, sie klatschte in die Hände, »...und dies ist Sylvia (sieht sie nicht toll aus?), sie hat gerade einen tollen Bestseller...«
    Wir wechselten Blicke, denn noch waren die Wunden offen, die man uns in den Buchhandlungen zugefügt hatte.
    »...geschrieben, und ihr alle müßt mir hoch und heilig versprechen, ein Exemplar zu kaufen, sonst werdet ihr keinen Tropfen mehr zu trinken bekommen, und Sylvia wird euch allen ein Autogramm geben, und sie wird entsetzlich berühmt und im Rundfunk und Fernsehen erscheinen und absolut...«
    »Caroline!« sagte ich mit warnender Stimme, da ich befürchtete, sie würde gleich überschnappen.
    »...nun, das stimmt doch, nicht wahr, Liebling?« sagte sie zu Sylvia, die bescheiden dreinzublicken versuchte, aber doch jedes Wort genoß. »Na schön, komm und begrüße alle meine lieben Freunde!«
    Mich völlig ignorierend, führte sie Sylvia mitten hinein in die bunte Menge. Ich sah nur noch, wie sie sich fasziniert mit einem gutaussehenden spitzbärtigen Mann unterhielt, auf dessen weißem Rollkragenpullover ein juwelenbesetztes Schmuckstück hing und der aussah wie Heinrich der Achte in jungen Jahren. Vermutlich fragte er sie, wie viele Worte pro Tag sie schreibe, ob handschriftlich oder auf der Schreibmaschine, wie lange sie brauche und ob sie zuerst den Handlungsablauf ausarbeite oder gleich drauflosschreibe...
    »Wo ist Faraday?« fragte ich Caroline, aber sie überhörte meine Frage und verschwand, ein leuchtend weißer Ausschnitt über rotem Chiffon.
    »Im Keller«, sagte eine Stimme an meinen Knien, es war Hank, dem das blonde Haar in die Stirn fiel. Er trug eine Flasche
    Champagner unter jedem Arm. »Papi hat sein Buch fertig«, sagte er voller Stolz.
    »Ich weiß.«
    »Er wird sehr berühmt werden.«
    »Ich weiß.«
    »Komm mit ’runter. Ich zeig’ ihn dir. Ich muß mich um die Getränke kümmern.«
    Ich folgte ihm die enge Wendeltreppe hinunter und stieß auf halbem Weg mit einer riesigen, sonnengebräunten Dame zusammen, die bis zu den Knöcheln in ein prachtvolles, violett, orange und purpurn bedrucktes Gewand aus Tahiti gehüllt war.
    »Felicity!« rief sie mir zu und versuchte ihren üppigen Körper an die Wand zu pressen, damit ich Vorbeigehen konnte. »Jamaica. Bin gerade zurückgekommen. Sie werden hier unten ersticken. Ich muß hinauf, um frische Luft zu schnappen.«
    Sie hatte nicht unrecht. Hier unten war die Hitze unerträglich, und vor lauter Rauch konnte man kaum etwas sehen.
    Auf einem langen Tisch gab es verschiedene Käsesorten, Schinken, eine riesige Schüssel voller Muscheln, große Gläser mit Sellerie, Pumpernickel und Crackers, Radieschen und Zwiebelsoße und Papierservietten. Alles sah ein bißchen unordentlich aus, da die Leute sich bereits kräftig bedient hatten.
    Am äußersten Ende eines Tisches, unter dem mit Flaschen gefüllte Pappkartons standen, schenkte Faraday die Gläser voll. Ich schob mich zu ihm hinüber. Obwohl ich ihn häufig besucht hatte, war ich entsetzt, wie ausgemergelt er heute aussah. Sein Hemdkragen stand einen guten Zentimeter vom Hals ab, und er schwitzte schrecklich.
    »Ah, Professor«, sagte er, als er mich sah, und nahm ein Glas zur Hand. »Wie wär’s mit einem Tropfen?«
    »Du solltest im Bett bleiben«, zischte ich, das Glas ergreifend.
    »Ich weiß.«
    »Du bist wahnsinnig, dich in dieser Hitze hierher zu stellen.«
    Eine Blondine in einem Silberkleid kroch hinter ihn und legte ihre Arme um ihn. »Er hat sein Buch beendet. Zwar kann kein
    Mensch nur ein Wort darin verstehen, aber ist er nicht trotzdem einfach magnifique?«
    Da weitere durstige Horden hereinströmten, wurde ich von meinem Platz vertrieben. Ich ließ mich hinüber zu den Eßtischen schieben und begann wie die übrigen Gäste

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