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Ob das wohl gutgeht...

Ob das wohl gutgeht...

Titel: Ob das wohl gutgeht... Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Tibber
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so viele neue Bücher heraus, daß es immer schwieriger wird, sie auseinanderzuhalten.«
    Schließlich verlangte ich, daß wir aufhörten und bestand darauf, jetzt zu Mittag zu essen, da ich sonst zu spät ins Krankenhaus kommen würde.
    »Nur noch einmal«, bettelte Sylvia, »unter den Arkaden. Ich bin ganz sicher, daß sie es haben werden.«
    »Und was macht dich so sicher?«
    »Ich habe so ein Gefühl.«
    »Du hast immer irgendwelche Gefühle.«
    »Bitte, Liebling.«
    Diesmal versuchte sie gar nicht, sich zu verstecken, sondern stand neben mir, als ich, nun wohl zum neunzigsten Male, nach ihrem Buch fragte.
    Ein cleverer junger Mann zog es sofort aus dem Regal. Wir standen wie vom Donner gerührt.
    »Heute hereingekommen, Sir«, sagte er freundlich.
    »Stimmt etwas nicht?« fragte er schon weniger freundlich, als er unsere verblüfften Mienen sah.
    »Aber nein. Nein. Keineswegs.«
    »Dann öffne es«, zischte Sylvia. »Tu so, als ob du es ansähest.«
    »Aber ich habe schon hineingeschaut, monatelang.«
    »Ich weiß, aber du sollst wenigstens so tun.«
    Ich blätterte die Seiten durch.
    »Zahlen Sie in bar oder mit Scheck, Sir?« forschte der clevere junge Mann.
    Ich sah Sylvia erschreckt an. »Er erwartet von mir, daß ich es kaufe. Wir haben aber doch Dutzende von Freiexemplaren zu Hause!«
    »Sag ihm doch, daß du es nicht kaufen willst.«
    »Aber aus welchem Grund denn nicht? Ich habe doch eben nach. dem Buch gefragt.«
    Sylvia dachte nach. »Es ist zu dick...«
    »Zu dick«, sagte ich.
    »Oder zu dünn...«
    »Zu dünn...«
    »Zu leicht...«
    »Zu leicht...«
    »Etwa für die Reise?« fragte der junge Mann.
    »Nein, nicht für die Reise.«
    »Für jemand im Krankenhaus?«
    »Nein, niemand im Krankenhaus. Haben Sie es in Französisch?« fragte ich, einem plötzlichen Einfall folgend.
    »Das tut mir leid, Sir.«
    Ich reichte ihm das Buch zurück. »Nun, herzlichen Dank. leb bin sicher, daß es höchst interessant ist, aber ich lese eigentlich nur Französisch.«
    Seine freundliche Miene verdüsterte sich allmählich, und er blickte mich aus den Augenwinkeln prüfend an, während er das Buch in das Regal zurückstellte.
    Ich zog es wieder heraus und stellte es mitten auf den Tisch für Neuerscheinungen.
    »Vielleicht möchte es jemand kaufen.«
    Es war leider schon ziemlich spät geworden für das Krankenhaus.
    Zu meiner Überraschung hielten Jean und Daphne, wie ein Paar Katzen auf glühenden Kohlen, bereits Ausschau nach mir.
    »Sie kommen aber spät!«
    »Wir dachten schon, Sie kämen überhaupt nicht mehr.«
    »Ich komme öfters einmal zu spät, manchmal komme ich auch gar nicht. Wo brennt’s denn?« Ich grinste.
    »Toby ist nicht hier. Er hat eine Prostata-Operation gehabt. Sie werden allein zurechtkommen müssen.«
    Mein Lächeln verflog.
    »Machen Sie keine Witze! Sagen Sie die Sprechstunde ab.«
    »Das können wir nicht.«
    »Warum denn nicht?«
    »Tommy sagt, daß Sie die Sprechstunde halten sollen.«
    »Tommy? Sie wissen doch ganz genau, daß der Professor keine Ahnung von meiner Existenz hat.«
    Jean gab mir einen kleinen Stoß. »Los, machen Sie schon, Bester, ich möchte um sechs Uhr nach Hause gehen.«
    Nachdem mich beide in Tobys Zelle hineingetrieben hatten, saß ich dort wie versteinert. Einen Dienstag um den anderen neben ihm zu sitzen und vorzugeben, ich wüßte etwas von der Psychiatrie, war eben etwas anderes, als jetzt die Patienten allein behandeln zu müssen. Ich betrachtete das Fenster und überlegte, ob ich hinaussteigen sollte, als Daphne bereits sagte:
    »Ihr Patient, Doktor«, und einen riesigen Araber in wehendem Gewand hereinbat.
    Ich öffnete den Aktenumschlag, welchen Daphne auf meinen Schreibtisch gelegt hatte, und hoffte, in Tobys tadelloser Handschrift alle nötigen Einzelheiten über diesen Herrn aus dem Orient vorzufinden. Zu meinem Schrecken fand ich darin jedoch nur ein leeres Blatt Notizpapier, auf dem einsam die Worte >neuer Patient< standen. Ich blickte auf und stellte fest, daß auch er mich anblickte, und dachte, daß es vielleicht ganz gut war, daß dies ein neuer Patient sein sollte. Ich konnte die Sitzung dann damit verbringen, seine Krankengeschichte aufzunehmen, eine Aufgabe, der selbst ich mich gewachsen fühlte. Vielleicht war Toby bis zu seinem nächsten Besuch wieder zurück. Ich räusperte mich und schraubte den Füllfederhalter auf, um den Patienten sowohl nach Geburtsdatum und Geburtsort, seiner Kindheit, Entwicklung, Schulzeit wie über die Jahre danach

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