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Obduktion

Obduktion

Titel: Obduktion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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das Gefühl, dass er etwas übersah. Vielleicht sogar etwas Wichtiges. Vielleicht machte er gerade einen Fehler.
    Als Vinnie die Schädeldecke beiseitelegte und das glänzende, gefurchte Hirn löste und heraushob, beugte Jack sich nach vorn. Ihm blieb das Herz stehen. In der hinteren Schädelgrube war dunkles Blut, und zwar so viel, dass es begann, über den stählernen Autopsietisch zu sickern.
    »Verdammt«, stieß Jack mit sichtlichem Bedauern hervor und schlug mit der behandschuhten Hand auf eine Ecke des Tisches.
    »Was ist los?«, fragte Vinnie.
    »Ich habe einen Fehler gemacht!«, antwortete Jack wütend.
    Jack trat an die Längsseite der Leiche und schaute in die Tiefe der Brusthöhle und hinauf bis zum Kopf, wobei er die Außenwände der Brust anhob. »Wir brauchen eine Angiografie der Hirngefäße«, sagte Jack laut und sprach mehr mit sich selbst als mit Vinnie. Er war sichtlich von sich selbst enttäuscht.
    »Du weißt aber schon, dass ich das Gehirn nicht einfach zurückstopfen kann«, sagte Vinnie vorsichtig, der
sich Sorgen machte, dass Jack ihn für irgendetwas verantwortlich machen wollte.
    »Natürlich weiß ich das«, entgegnete Jack. »Was wir gemacht haben, lässt sich nicht mehr rückgängig machen. Ich spreche von einer Angiografie der zum Hirn hinführenden Gefäße, nicht vom Hirn selbst. Gib mir mal das Kontrastmittel und eine große Spritze!«

Kapitel 4
14:36 Uhr, Montag, 1. Dezember 2008 Kairo (7:36 Uhr, New York City)
    I n der flimmernden Hitze konnte Sana Daughtry das Hotel Vier Jahreszeiten von ihrem Taxi aus erkennen, das sich durch den Verkehr schlängelte. Hier abzusteigen war Shawns Idee gewesen. Eigentlich hatte Sana im Semiramis Intercontinental wohnen sollen, wo auch ihre Konferenz stattfand. Sie war nicht nur eine der Hauptrednerinnen, sondern auch Mitglied mehrerer Gremien und musste daher die vollen vier Tage vor Ort sein. Für sie wäre es viel bequemer gewesen, im Semiramis abzusteigen, wo sie die Möglichkeit gehabt hätte, zwischen den Vorträgen und Sitzungen ab und zu in ihr Zimmer zu schlüpfen.
    Sobald Shawn beschlossen hatte, mit auf die Reise zu gehen, hatte er die Reiseplanung an sich gerissen. Es war seine Idee gewesen, die Hotelgutschrift nicht für das Semiramis zu verwenden, sondern für das neuere und viel schickere Vier Jahreszeiten. Als Sana sich über die unnötigen Extrakosten beschwerte, hatte Shawn ihr erklärt, dass er selbst an einem Archäologenmeeting teilnehmen würde und die Zusatzkosten von der Steuer absetzen konnte. An diesem Punkt gab Sana es auf, dagegen anzureden. Es hatte einfach keinen Zweck.
    Sana zahlte den Fahrer und stieg aus dem Wagen. Sie war froh, aus dem Taxi herauszukommen, denn der
Fahrer hatte sie mit Fragen gelöchert. Sana war eine eher zurückhaltende Person – ganz anders als ihr Ehemann, der mit fast jedem ins Gespräch kam. Nach Sanas Verständnis hatte er zu wenig Gespür dafür, was man für sich behalten sollte und was man in der Öffentlichkeit breittreten konnte.
    Manchmal kam es ihr sogar so vor, als versuchte Shawn, Eindruck auf Fremde zu machen, besonders auf fremde Frauen, indem er sie mit Informationen über ihren teuren New Yorker Lifestyle versah – zum Beispiel, dass sie in einem der letzten schindelbedeckten Holzhäuser im New Yorker West Village wohnten. Warum er mit so etwas auftrumpfen musste, entzog sich ihrem Verständnis, sie vermutete allerdings, dass es, psychologisch betrachtet, ein Zeichen von Unsicherheit war.
    Der Portier grüßte sie freundlich, als sie die Lobby des Hotels durchquerte. Eigentlich erwartete sie, Shawn am Pool zu treffen. Ganz anders als Sana kümmerte er sich kaum um seine Konferenz. Im Verlauf der letzten Tage war er dort in Gesprächen mit ein oder zwei Frauen hängen geblieben, die inzwischen bestimmt mehr über ihr Leben wussten, als es Sana lieb war. Aber sie war fest entschlossen, es diesmal nicht so sehr an sich herankommen zu lassen wie früher. Sie hatte mehr als einmal darüber nachgedacht, ob möglicherweise sie es war, die sich ungewöhnlich verhielt, und nicht Shawn. Vielleicht war sie einfach nur gehemmt oder verklemmt und sollte etwas lockerer werden.
    Ein jüngerer, elegant gekleideter Mann schaffte es gerade noch, in den Fahrstuhl zu springen, bevor sich die Türen schlossen. Er war die letzten Schritte offenbar gelaufen und atmete schwer. Er blickte Sana an und lächelte. Sie beobachtete die Etagenanzeige. Der Mann trug einen Anzug westlicher Machart, komplett

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