Obduktion
Jack.«
Jack hatte plötzlich eine Idee, die den weiten Flug nach Europa über die Rückgabe des Ossuariums hinaus interessant machte. Dabei spielten die drei Computerausdrucke eine Rolle, die er in die Innentasche seiner Jacke gesteckt hatte, anstatt sie wie alles andere aus dem Labor in das Ossuarium zu legen. Auf einer der Seiten standen Name und Adresse einer Patientin, die in der Jerusalemer Universitätsklinik Hadassah in En Kerem behandelt worden war.
»Hör zu«, sagte Jack, »ich werde heute Abend mitkommen und dir mit dem Ossuarium helfen, wenn du dich auf zwei Bedingungen einlässt. Erstens, meine Frau Laurie und unser vier Monate altes Baby kommen mit, sofern sie einverstanden sind. Und zweitens, ich darf meiner Frau die ganze Geschichte von dem Ossuarium erzählen.«
»Oh Jack«, jammerte James. »Ich bat dich um Hilfe, damit ich es niemand anderem erzählen muss.«
»Tut mir leid, James. Das ist Bedingung. Aber ich kann dir versichern, dass Laurie ebenso verschwiegen ist wie ich oder sogar noch verschwiegener, wenn es um Geheimnisse geht. Es war eine Belastung für mich, dass ich ihr nichts erzählen durfte. Und ich möchte nicht nach Rom fliegen, ohne ihr den Grund dafür zu sagen. Wie auch immer, das sind meine beiden Bedingungen.«
James dachte einen Moment lang nach und entschied sich rasch. Wenn er schon riskieren musste, jemanden einzuweihen, dann war Jacks Frau wahrscheinlich die beste Wahl.
»In Ordnung«, sagte James widerstrebend. »Wie schnell kannst du zurück sein?«
»Wenn alles glattgeht, in einer Stunde. Sollen wir uns hier treffen oder am Flughafen?«
»Wir treffen uns hier. Pater Maloney kann uns mit meinem Wagen zum Flughafen bringen.«
Jack kam aus der Residenz, raste mit dem Taxi zum OCME zurück und rannte direkt zu Bingham. Unglücklicherweise hatte der gerade eine Besprechung mit dem Bürgermeister im Rathaus. Also sprintete Jack in den dritten Stock und steckte seinen Kopf in Calvin Washingtons Büro. Calvin saß glücklicherweise hinter seinem Schreibtisch, und Jack informierte ihn, dass er für ein verlängertes Wochenende außer Landes sein würde. Da Jack in dieser Woche von der Autopsieroutine befreit war, machte es keinen großen Unterschied. Trotzdem fühlte er sich wohler, wenn er seine Vorgesetzten davon in Kenntnis setzte, dass er definitiv nicht verfügbar sein würde. Jack ging wieder hinunter, öffnete die vielen Schlösser an seinem Fahrrad und fuhr nach Hause. Er wusste, dass er noch einiges vor sich hatte, wenn er Laurie überreden wollte, mit ihm zu kommen.
Als er sein Rad auf den Schultern die Eingangstreppe hinauftrug, fing er an, sich auf die Reise zu freuen. Vier oder fünf Mal war er schon in Rom gewesen, und er hatte es geliebt, aber in Jerusalem war er noch nie. Er verstaute das Fahrrad in der Kammer und lief die Treppen hoch. Es war bereits nach Mittag, sie hatten also nur noch wenige Stunden für die Vorbereitungen. James wollte, dass sie alle um drei Uhr in der Residenz sein sollten.
»Laurie!«, rief er, als er in die Küche kam, aber Laurie war nirgends zu sehen.
Jack ging durch die Küche und lief den Flur hinunter Richtung Wohnzimmer. Als er gerade ein zweites Mal rufen wollte, kam sie mit einem Buch in der Hand aus dem Wohnzimmer und sie wären beinahe zusammengestoßen. Laurie presste den Zeigefinger an den Mund. »Er
schläft«, flüsterte sie eindringlich. Jack zog den Kopf ein. Eigentlich wusste er, dass er nicht laut rufen sollte, wenn er nach Hause kam, falls der Junge schlief.
»Was um Himmels willen machst du so früh zu Hause?«, fragte sie. »Ist alles in Ordnung?«
»Alles okay!«, sagte Jack und betone das Wort okay ganz besonders. »Eigentlich habe ich dir einen Vorschlag zu machen.«
»Mir?«, fragte Laurie lächelnd. Sie ging rückwärts ins Wohnzimmer zurück, setzte sich wieder auf die Couch und legte ihre Füße auf den Tisch. Neben ihr stand eine Tasse Honigtee. »Nicht schlecht, was? Ich lasse es mir richtig gut gehen. JJ hatte wieder einen guten Tag, und es scheint der längste Mittagsschlaf seines Lebens zu sein.«
»Sehr gut«, sagte Jack. Er setzte sich auf den Couchtisch, um ganz dicht bei ihr zu sein, wenn er mit ihr sprach. »Zuerst muss ich dir eine Kleinigkeit beichten. Ich hab dir nicht die ganze Wahrheit über das Ossuarium erzählt, an dem Shawn und seine Frau gearbeitet haben. Es ist eine wirklich faszinierende Geschichte. Ich konnte sie dir nicht erzählen, weil der Erzbischof mich geradezu
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