Obduktion
heiligen Andreas, einer der vier Säulen, die den riesigen Dom stützten, und schloss eine weitere Tür auf, die in die Gruft unter ihnen führte.
Nach weiteren zwanzig Minuten hatten sie die unterste
Ebene der Ausgrabungsstätte erreicht und die exakte Stelle in der Tunnelwand gefunden, wo sich das Ossuarium befunden hatte. Es war nicht zu übersehen, man konnte die Form eines Rechteckes in der Seitenwand deutlich erkennen. Da der umgebende Sand locker war, konnte Jack das Loch ohne Schwierigkeiten öffnen und brachte so die Eimer, die Taschenlampen und alle anderen Utensilien, die Shawn und Sana dort zurückgelassen hatten, zum Vorschein.
»Wir müssen das Zeug hier wegschaffen«, sagte Jack, »aber das wird nicht schwer sein. Wir nehmen einfach die Eimer dafür. Zuerst brauche ich allerdings noch etwas Wasser, dann kann ich einen Brei zusammenmischen und das Loch wieder richtig fest versiegeln.«
»Gute Idee«, sagte James. »Ein Stück weiter hinten habe ich eine kleine Wasserstelle gesehen.«
Während James sich auf den Weg dorthin machte, schob Jack das Ossuarium wieder in das Loch in der Wand und fing an, die Seiten mit Sand, Kieseln und Lehm zu verstopfen. Als James wiederkam, war Jack so weit, dass er sich nur noch um die äußeren Kanten kümmern musste, und er füllte die verbliebenen Löcher an den Seiten mit dem angefeuchteten Sand. Als er fertig war, war von einer Öffnung nichts mehr zu erkennen, und während er die letzten Spuren beseitigte, dachte er daran, was für ein bedauernswertes Vermächtnis er zusammen mit dem Ossuarium begraben hatte. Die Menschheit würde nun ohne das Simon-Evangelium auskommen müssen. Jack fühlte sich nicht gut bei dieser Vorstellung. Bislang hatte ihn die Geschichte des Christentums nicht sonderlich interessiert, aber nun tat sie es. Er würde sich immer fragen, wer Simon Magus eigentlich gewesen war. Der Bösewicht, für den ihn jeder hielt, oder etwas ganz anderes?
Rom war grau, regnerisch und trostlos gewesen, Israel hingegen leuchtete kristallklar, fast grell unter einem blauen Wüstenhimmel. Jack presste seine Nase gegen das Flugzeugfenster, als die drei mit dem Mittagsflug aus Rom Tel Aviv erreichten. Wieder einmal hatte JJ Lauries Erwartungen weit übertroffen. Direkt nachdem die Maschine an Höhe gewonnen hatte, war er eingeschlafen, und er schlief immer noch fest, als die Räder rumpelnd und quietschend wieder den Boden berührten.
Am Gate wartete ein Mitarbeiter des Reisebüros Mabat auf sie und half ihnen an der Passkontrolle und bei den Zollformalitäten. Dann ging es nahtlos zu einem Wagen mit Chauffeur, der sie nach Jerusalem bringen sollte. Jack hatte sich die Adresse des Reiseunternehmens von einem erfahrenen Reisenden besorgt, denn er wollte ihre knapp bemessene Zeit in Israel optimal nutzen. Der Fahrer brachte sie direkt zum King David Hotel und übergab sie an Hillel Kestler, einen Touristenführer aus dem Mittleren Westen, der sich hier niedergelassen hatte.
»Man sagte mir, dass Sie zuerst zu dem palästinensischen Dorf Tsur Baher wollen«, sagte Hillel mit einem Lächeln. »Ich habe ja schon viele besondere Wünsche erfüllt, aber nach Tsur Baher wollte bisher noch keiner. Darf ich fragen, was Sie dort wollen? Ich muss Sie warnen, da gibt es wirklich nicht viel zu sehen.«
»Ich will dort diese Frau treffen«, sagte Jack und übergab Hillel den Namen und die Adresse, die das Computerprogramm CODIS 6.0 ausgespuckt hatte.
»Jamilla Mohammod«, las Hillel. »Kennen Sie sie?«
»Noch nicht«, sagte Jack. »Aber ich möchte sie um einen Gefallen bitten, und ich bin auch bereit, dafür zu bezahlen. Glauben Sie, dass Sie mir dabei helfen können? Sprechen Sie arabisch?«
»Nicht sehr gut«, gab Hillel zu, »aber ich denke, es wird reichen. Wann wollen Sie denn los?«
»Wir haben nur heute und morgen, wenn wir unseren Aufenthalt nicht verlängern«, sagte Jack. »Wenn es Ihnen nichts ausmacht, möchten wir sofort los. Ich nehme an, Sie haben einen Wagen für uns?«
»Aber sicher, ich habe einen VW-Bus.«
»Willst du das wirklich tun?«, fragte Laurie, die nicht sehr überzeugt war. Sie hatte die Geschichte von dem Ossuarium und den Resultaten der mitochondrialen DNA zwar gehört, aber sie hatte trotzdem Bedenken.
»Jetzt sind wir schon so weit gekommen. Wie weit ist es bis zu dem Dorf, Hillel?«
»Ich denke, wir könnten es in zwanzig Minuten schaffen«, sagte ihr Führer.
»Zwanzig Minuten, mehr nicht?«, sagte Jack. Er griff nach JJ
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