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Obduktion

Obduktion

Titel: Obduktion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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genauso freundlich gewesen wäre, wenn er gewusst hätte, dass er es mit einem Gerichtsmediziner zu tun hatte.
    Dr. Ronald Newhouse & Partner stand in goldenen Buchstaben an der Tür. Als Jack eintrat, konnte er sofort sehen, dass Dr. Newhouse eine erfolgreiche Praxis führte. Er konnte sich nicht nur die Miete in der Fifth Avenue leisten, die Jack für beträchtlich hielt, sondern er hatte auch sein Wartezimmer sehr stilvoll herausgeputzt. Echte Ölbilder hingen an den Wänden, es gab vornehme Möbel und einen großen Orientteppich. Was es jedoch von jedem anderen Wartezimmer unterschied, das er zuvor gesehen hatte, waren drei Hocker mit Schalensitzen, die auf einem beweglichen Kugelgelenk befestigt waren.
Eine Frau in den Zwanzigern hielt einen der Hocker besetzt. Die Hände auf den Knien und die Beine so weit gespreizt, dass das Kleid zwischen den Knien durchhing, war sie ständig in Bewegung – sie erinnerte Jack an seine Töchter, wenn sie mit Hula-Hoop-Reifen gespielt hatten. Als er sie so beobachtete, bemerkte die Frau seinen Blick und lächelte. Sie wirkte völlig selbstvergessen, was Jack vermuten ließ, dass diese eigenwillige Betätigung in dieser Umgebung für normal gehalten wurde.
    »Kann ich Ihnen helfen?«, fragte ihn eine angenehme Frauenstimme von rechts. Er wandte sich um und stand einer makellos gekleideten Frau mit dunklem, tadellos frisiertem Haar gegenüber. Jack war beeindruckt. Sogar ihre Maniküre war perfekt.
    »Ich glaube schon«, sagte er. Er trat zu der Frau hinüber, die ihn anlächelte. »Um ganz ehrlich zu sein, ich war noch nie in der Praxis eines Chiropraktikers.«
    »Herzlich willkommen«, sagte die Dame am Empfang. Auf ihrem Namensschild stand LYDIA.
    »Das ist ein interessantes Möbelstück«, sagte er und wies mit dem Kopf zu der Frau, die auf dem Hocker hin und her rotierte.
    »Sie benutzt einen unserer Schwenkstühle. Das ist fantastisch für die Lendenwirbel im unteren Rücken«, erklärte Lydia. »Dadurch werden die Bandscheiben gleitfähig, sie schwellen sogar ein wenig an. Wir empfehlen den Leuten, das vor ihrer Adjustierungssitzung zu machen.«
    »Interessant«, entgegnete Jack. »Ist Dr. Newhouse zu sprechen?« Er knirschte mit den Zähnen, nachdem er sich gezwungen hatte, die Anrede »Doktor« zu benutzen.
    »Er ist hier«, sagte sie und wies zur Frau auf dem Schwenkstuhl. »Er hat um fünf vor halb zwei die nächste Patientin. Sind Sie angemeldet?«
    »Noch nicht«, sagte Jack.

    »Möchten Sie einen Termin vereinbaren?«
    »Ich möchte gern den Doktor sehen«, sagte Jack zweideutig. »Ich weiß nicht annähernd so viel über chiropraktische Therapien, wie ich gerne möchte.«
    »Dr. Newhouse interessiert sich immer für neue Patienten. Vielleicht hat er vor dem Termin mit Mrs Chalmers noch ein paar Minuten Zeit für Sie. Wenn Sie einen kleinen Moment warten wollen, dann frage ich ihn. Wie, sagten Sie, war Ihr Name?«
    »Jack Stapleton.«
    »In Ordnung, Mr Stapleton. Ich bin gleich wieder da.«
    »Ich weiß Ihre Hilfe zu schätzen«, sagte Jack. Als die Empfangsdame den Raum verlassen hatte, blinzelte Jack wieder zu Mrs Chalmers hinüber, die den Kopf in den Nacken geworfen, die Augen geschlossen und die Lippen leicht geöffnet hatte. Einen Moment lang war Jack völlig gebannt. Sie sah aus, als wäre sie in einer Art Trance.
    »Der Doktor hat jetzt Zeit für Sie«, unterbrach Lydia seine Konzentration. Er folgte ihr durch eine Verbindungstür und dann durch einen kurzen Flur an ein paar geschlossenen Türen vorbei. An einer geöffneten Tür blieb sie stehen und ließ Jack eintreten.
    Aus dem Bürofenster konnte man auf die Fifth Avenue und bis in den Central Park blicken. Ein Mann saß hinter einem Schreibtisch, ein zweiter auf einem Besucherstuhl. Der Mann hinter dem Schreibtisch, den Jack für Dr. Newhouse hielt, stand sofort auf, lehnte sich über den Tisch und streckte eine fleischige Hand in Jacks Richtung.
    »Herzlich willkommen, Mr Stapleton«, sagte Ronald Newhouse mit dem Enthusiasmus eines Autoverkäufers.
    Jack ließ es zu, dass seine Hand kräftig geschüttelt wurde. Newhouse war ungefähr zwei Zentimeter größer als Jack mit seinen eins dreiundachtzig, aber er wog dabei das Anderthalbfache von Jacks einundachtzig Kilo. Jack
schätzte ihn auf Mitte vierzig. Er war ein dunkler Typ mit sorgfältig gepflegten Augenbrauen auf betonten Augenbrauenwülsten. Seine Augen waren dunkel und stechend. Aber was an der Erscheinung des Mannes am meisten ins Auge stach,

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