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Obduktion

Obduktion

Titel: Obduktion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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Plötzlich wurde ihm bewusst, dass er angesichts der Prominenz vielleicht etwas überreagierte, aber er war ein politisch denkender Mensch und überlegte bereits, welche Vorteile er aus Jacks Freundschaft mit dem Erzbischof ziehen könnte. »Sehen Sie und Seine Eminenz sich oft?«
    Jack grinste. »Wenn Sie alle dreißig Jahre oft nennen wollen, dann ja.«
    »Ach, so ist das«, sagte Bingham leicht enttäuscht. »Trotzdem ist die Vorstellung überraschend, dass Sie beide früher mal etwas miteinander zu tun hatten. War das übrigens Ihr Ernst, dass er mich um einen Gefallen bittet? Nichts für ungut, aber was zum Teufel könnte das sein?«
    »Er bittet höflichst um einen Laborarbeitsplatz im DNA-Labor des OCME.«
    »Also, das ist wirklich eine ungewöhnliche Bitte für einen der höchsten geistlichen Würdenträger des Landes.«
    »Um genau zu sein, ist es nicht für ihn, sondern für unseren gemeinsamen Freund. Obwohl er es als einen persönlichen Gefallen ansehen würde, wenn Sie seiner Bitte nachkommen würden.«
    »Nun ja, wir haben tatsächlich überschüssige Laborplätze und ich kann nichts Verwerfliches daran finden, dem Erzbischof entgegenzukommen. Aber wer ist dieser Freund? Und ist er ein kompetenter Laborwissenschaftler? Wir können da nicht Hinz und Kunz arbeiten lassen, ob er nun den Erzbischof kennt oder nicht.«
    »Ich bin mir nicht sicher, ob er Laborkenntnisse besitzt, aber seine Frau ist eine DNA-Expertin an der medizinisch-chirurgischen
Fakultät der Columbia University. «
    »Das lässt auf Fachkenntnis schließen«, sagte Bingham. »Außerdem möchte ich ungefähr wissen, was die dort vorhaben und wie lange es dauern wird.«
    »Der Erzbischof meint, es könnte etwa zwei Monate dauern.«
    »Und was genau planen sie?«
    »Der Ehemann, der übrigens Shawn Daughtry heißt, ist promovierter Archäologe, seine Fachgebiete sind der Nahe Osten und die Bibelforschung. Er hat etwas gefunden, was man Ossuarium nennt. Wissen Sie, was das ist?«
    »Natürlich weiß ich, was ein Ossuarium ist«, bellte Bingham in seiner typisch ungeduldigen Art.
    »Ich wusste es nicht«, gab Jack zu. »Einzigartig daran ist, dass es versiegelt ist. Darum hoffen sie, antike DNA isolieren zu können. Sie möchten unser Labor benutzen, damit sie das Projekt geheim halten können, bis sie den gesamten Inhalt des Ossuariums analysiert haben, wozu wahrscheinlich außer den Knochen auch noch ein oder zwei Dokumente zählen werden.«
    »Ich habe noch nie von einem Ossuarium mit einem Dokument darin gehört.«
    »Na ja«, erwiderte Jack, »das ist jedenfalls die Erklärung, die ich bekommen habe.«
    »In Ordnung«, sagte Bingham. »In Anbetracht der Tatsache, dass wir dem Erzbischof damit einen Gefallen tun, erlaube ich es. Vorausgesetzt, Naomi Grossman, die Chefin der DNA-Abteilung, hat keine Einwände dagegen.«
    »Das sollte reichen«, antwortete Jack. »Ich danke Ihnen im Namen meiner Freunde.« Jack wandte sich zur Tür, aber noch bevor er hinaustreten konnte, rief ihm Bingham hinterher.

    »Ach übrigens, wie ist der Fall ausgegangen, bei dem der Assistenzarzt vergessen hatte, die Hände einzutüten?«
    »Sehr gut!«, antwortete Jack. »Das Opfer kann die Kugel unmöglich selbst abgefeuert haben. Es war definitiv Mord. Die Hände konnten gar keine Schmauchspuren haben.«
    »Gut!«, sagte Bingham. »Reichen Sie mir die Akte so bald wie möglich rüber. Die Familie wird zufrieden sein.«
    Jack schickte sich zum zweiten Mal an, den Raum zu verlassen, aber diesmal stoppte er von sich aus und wandte sich zurück zu Bingham. »Chef!«, sagte er. »Darf ich Ihnen noch eine persönliche Frage stellen?«
    »Ja, aber beeilen Sie sich«, antwortete Bingham, ohne aufzuschauen.
    »Gehen Sie zum Chiropraktiker?«
    »Ja. Und ich will von Ihnen kein Sterbenswörtchen darüber hören. Ihre Meinung dazu ist mir hinlänglich bekannt.«
    »Alles klar«, antwortete Jack, wandte sich um und verließ das Büro.
    Obwohl Bingham Jacks Kreuzzug gegen die Alternativmedizin gerade einen kräftigen Dämpfer verpasst hatte — denn es lief wohl darauf hinaus, dass Jack aus dem Chefbüro in dieser Sache keinerlei Unterstützung erwarten durfte –, war Jack von Zuversicht erfüllt, als er in sein Büro zurückging, um seine Jacke zu holen. Er hatte jetzt ein anderes Projekt, das ihn ablenkte. Mit Binghams Rückendeckung für die Daughtrys konnte er sich nicht vorstellen, dass Naomi Grossman die Anfrage ablehnen würde, zumal sie bereits drei anderen

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