Oben ohne
nahegelegenes Restaurant.
Ganz entspannt bin ich nicht, das Sitzen ist schon eine Herausforderung. Die Stühle sind hart und unbequem. Neben uns sitzt ein älteres Paar. Die Frau hat ganz offensichtlich ein Facelifting hinter sich. Ich muss an die Situation im Sanitätshaus denken. Schon absurd, was Menschen sich freiwillig antun.
»Schmeckt es dir?«
Tino kaut etwas lustlos auf seinem Essen herum: »Nicht so toll. So langsam habe ich genug von dem Zeug.«
Klar, er geht seit über einer Woche ständig essen oder holt sich etwas an der Imbissbude. Es wird Zeit, dass wir nach Hause kommen.
Am Freitagmorgen schlafe ich noch, als Tino ins Zimmer kommt. Der gestrige Tag war doch anstrengend gewesen. Über Nacht hat es draußen geschneit, und Tino schält sich aus einer Schicht Regenbekleidung. Absurd, es ist gerade mal November. Ich werfe einen Blick in den Garten der Klinik: Das sind bestimmt zehn Zentimeter Schnee.
»Das ist ja schön, aber wie wird das mit der Heimfahrt?«, frage ich besorgt.
Tino kämpft noch mit der Regenhose.
»Kein Problem, ich habe schon im Internet geschaut. Es hat nur hier geschneit, Bodensee und Schwarzwald sind schneefrei.«
Es klopft, und eine Pflegerin bringt mein vorerst letztes Krankenhausfrühstück. Tino trägt schon mal meine Sachen ins Auto, während ich das Essen genieße. Nach dem Frühstück beginnt das Warten auf den Professor. Eigentlich war er immer sehr früh da.
»Wahrscheinlich herrscht etwas Verkehrschaos da draußen.«
Ich lege mich nochmal aufs Bett, sitzen muss ich im Auto noch lange genug. Ich weiß sowieso nicht so genau, wie die Heimfahrt werden wird. Wir müssen auf jeden Fall Pausen machen, um meinen Po zu entlasten. Nach einer Stunde sind wir etwas genervt. Die Warterei wird zum Geduldspiel. Ich will heim, alles ist verpackt, wir sitzen in den Startlöchern. Ich kann mich nicht richtig auf mein Buch konzentrieren. Frust. Eine halbe Stunde später trifft Professor Feller dann ein. Er entschuldigt sich für die Verspätung, aber wie befürchtet war der Verkehr rund um München zusammengebrochen. Es hätte also gar nichts gebracht, früher wegzukommen.
Er wirft einen letzten Blick auf die betroffenen Stellen und ist voll zufrieden. »Bis zur nächsten OP erholen Sie sich einfach und schaffen sich wieder ein paar Kilo auf die Rippen.« Der Professor hat recht: Die Tage hier haben an mir gezehrt.
»Dann wünsche ich Ihnen jetzt einen guten Nachhauseweg. Wir sehen uns in knapp drei Wochen wieder.«
Wir schütteln ihm die Hand – und dann nichts wie weg. Ich will einfach nach Hause. Knapp drei Wochen. Das ist keine lange Zeit. Darüber habe ich mir bisher gar keine Gedanken gemacht. Nun gut, es hätte auch nichts daran geändert. Da muss ich jetzt durch.
BEIM ZWEITEN MAL IST ALLES SCHWERER
»Professor Feller hat angerufen, ich kann am Mittwoch schon operiert werden«, sagt Evelyn, als ich zur Haustüre hereinkomme.
Ich stelle meine Tasche ab und lasse diese Nachricht auf mich wirken: »Dann müssen wir morgen schon los.«
Evelyn liegt auf dem Sofa im Wohnzimmer. Ich setze mich zu ihr. Die drei Wochen sind fast um, die nächste Operation steht an. Das ist keine verlockende Aussicht, aber es muss sein.
»Geht das denn, obwohl du Antibiotika bekommst?«
Evelyn hatte sich in den vergangenen Tagen erkältet, und unser Hausarzt verschrieb ihr vorsichtshalber Antibiotika.
»Der Professor sagt, das ist kein Problem. Die Antibiotika werden einfach auch während und nach den Eingriffen weiter verabreicht.«
Ich schaue Evelyn an: »Eigentlich eine gute Sache, oder? Hier sitzen wir ja sowieso nur rum und warten darauf, dass es weitergeht.«
»Das sehe ich auch so. Also rufe ich ihn an und gebe ihm Bescheid.«
Die Reha verlief bisher problemlos, auch wenn jetzt die lästige Erkältung gekommen ist. Aber es ist Dezember, Erkältungszeit, da kann man sich nicht beschweren. Trotzdem ist es keine einfache Zeit gewesen. Ich bin noch immer mehr oder weniger voll verantwortlich für den Haushalt, da Evelyn natürlich noch rekonvaleszent ist. Daneben muss mein Büro laufen, einige Projekte wollen vor Weihnachten abgeschlossen werden. Trotzdem: Es ist gut, ein paar Tage früher aufzubrechen, denn es ist ja unvermeidlich.
Wir packen, ich buche wieder ein Zimmer im Easy Palace, meiner Low-Budget-Bleibe, das Stadtrad für den innerstädtischen Verkehr habe ich der Einfachheit halber gleich an der Klinik stehen lassen. Nach einigen wärmeren Tagen ist es inzwischen wieder
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