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Oberwasser

Oberwasser

Titel: Oberwasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Maurer
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einmal da hinunter in die Klamm! Da rührt sich was.«
    »Jetzt gib doch einmal das Nachtsichtgerät her.«
    Den Graseggers hatte der Nervenkitzel während der zwei Jahre in Toreggio so gefehlt. Jetzt hatten sie ihn.

61 .
    »Chef! Hier ist Nicole. Wie geht es Ihnen?«
    »Ich bin unverletzt.«
    »Können wir Sie noch ein paar Minuten unten lassen?«
    »Natürlich! Kümmern Sie sich um Weißenborn – das ist jetzt das Wichtigste! Ich bin hier absolut sicher, glauben Sie mir.«
    »Wird gemacht, Chef! Wir schicken die Kugel so bald wie möglich wieder runter.«
     
    Jennerwein befand sich wieder in der glitzernden, squashcourtgroßen Höhle. Er suchte sich eine trockene Stelle, setzte sich dort auf den Boden und atmete tief durch. Fred Weißenborn war mehr tot als lebendig, aber er war gerettet. Oben hatten sie die Taucherglocke eben herausgezogen, Stengele und Ostler, die beiden Alpinisten, würden Erste Hilfe leisten. Ein Hubschrauber konnte in der Klamm nicht landen, es würde nichts anderes übrig bleiben, als den Verletzten mit einer Trage hinunter zur Eingangspforte zu bringen, von dort aus würde ihn Hölleisen mit dem Jeep ins Krankenhaus fahren. So war es jedenfalls geplant.
     
    Er hatte keine weiteren Abzweigungen und Durchgänge zu anderen Räumen gefunden. Wo war Dombrowski? Dombrowski musste dem Verräter im BKA -Team auf der Spur gewesen sein – und der Verräter war immer noch auf freiem Fuß. Weißenborn und Dombrowski kannten den Verräter. Jennerwein hatte dem unverständlich vor sich hin stammelnden Weißenborn gleich als Erstes die Frage gestellt: Wo ist Dombrowski? Aber Weißenborn war nicht fähig gewesen, zu antworten. Jennerwein hatte nachgefragt: Ist Dombrowski hier in der Höhle? Fred Weißenborn hatte den Kopf geschüttelt.
     
    Jennerwein hatte keinerlei Anhaltspunkte dafür gefunden, dass sich hier unten weitere lebende Personen aufhielten. Und auch das war sicher: Es lebten keine blinden und zivilisationsfernen Urflößer hier unten in der Höhle. Die Graseggers hatten recht gehabt, der erste Teil der Floezzer-Legende stimmte, der zweite gottlob nicht. Er holte die Plastiktüte mit dem Tagebuch heraus. Vielleicht ergaben sich aus den Aufzeichnungen Weißenborns weitere Hinweise.
    Erster Tag. Eine Art Kellerverließ mit feuchtkalter Atmosphäre. Bin unverletzt, zumindest nicht schwer verletzt, kann mich bewegen. Unerträglicher Durst. Die Wände: grobe, unregelmäßig große Bruchsteine. Habe dafür ein Streichholz verbraucht.
    Jennerwein nahm das Buch aus der Hülle und las weiter. Er las fieberhaft weiter, er las sich fest, und als er mehrere Seiten überflogen hatte, fuhr ihm ein kalter Schauer über den Rücken. Fred Weißenborn hatte hier unten Menschen gesehen! Es mussten viele Menschen gewesen sein, und sie schienen ihn bedroht zu haben.
    Meinem Zeitgefühl nach bin ich seit vier Tagen in Gefangenschaft. Dann wäre heute also der 2 . März 2006 .
    Das waren nicht die Aufzeichnungen von Fred Weißenborn! Dieses Tagebuch war sechs Jahre alt! Er funkte nochmals nach oben.
    »Wie geht es ihm?«
    »Schlecht, aber er könnte es schaffen. Die Taucherglocke ist unterwegs nach unten.«
    »Geben Sie mir noch fünf oder sechs Minuten! Ich gehe nochmals zurück in die große Höhle!«
    Irgendjemand da oben riet davon dringend ab, Jennerwein hörte nicht darauf. Er wollte nichts unversucht lassen.
     
    Abermals schob er sich unter der Ausbuchtung hindurch und kletterte in den Durchlass, der die Squash- mit der U-Bahn-Höhle verband. Er wollte ganz sicher gehen, dass er nichts übersehen hatte. Insbesondere wollte er ganz sicher sein, dass Dombrowski nicht hier unten war. Wieder ging er die Wand entlang, dank der Markierungen kam er diesmal schneller voran. Nochmal ganz logisch Schritt für Schritt, dachte er. Zuerst ist Adrian Dombrowski von dem Verräter verschleppt worden. Fred Weißenborn hat die Spur aufgenommen und ist in diese Höhle geraten. Als gut trainierter Sportler hatte sich der Freund von Dr. Rosenberger eine Woche am Leben halten können. Er hat wahrscheinlich vergeblich versucht, Verbindung nach draußen aufzunehmen. Aber wie passte dieses Tagebuch ins Bild? Und was hatte es mit den Skeletten auf sich? Und wo war Dombrowski? Er tastete sich weiter an den feuchten Wänden entlang. Plötzlich hielt er inne. Er hatte mit der Taschenlampe einen farbig leuchtenden Gegenstand gestreift. Er lehnte sich an die feuchte Wand und atmete tief durch. Die Aufregung hatte einen

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