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Oberwasser

Oberwasser

Titel: Oberwasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Maurer
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haben gute Nachrichten für mich.«
    »Wir haben Ihren Freund gefunden. Er lebt.«
    »Gottseidank. Wie geht es ihm?«
    Jennerwein blickte beiläufig auf die gegenüberliegende Wand. Dort kletterte ein Journalist herunter, der die Abmachung vorhin anscheinend nicht gehört hatte. Irgendetwas störte ihn aber an dem Journalisten. Kletterte ein Journalist einfach eine Felswand herunter? Ohne Seil und andere Ausrüstungsgegenstände? So geschickt und schnell? Gab es solche Journalisten?
    »Er ist total erschöpft. Wir bringen ihn mit dem Hubschrauber hier raus. Dr. Rosenberger, Sie können sich darauf verlassen, dass er heil im Krankenhaus ankommt.«
    Auf der anderen Seite des Weges war es jetzt an Maria, Fragen zu beantworten.
    »Es gibt Gerüchte im Ort, dass Sie Höhlenmenschen gefunden hätten?«
    »Wie kommen Sie denn auf diese Idee?«
    »Es gibt also keine Höhlenmenschen?«
    »Jedenfalls nicht hier bei uns.«
     
    Becker eilte auf Jennerwein zu.
    »Das Fingerknöchelchen, das Sie mir gegeben haben, hat eine eigenartige Struktur. Es kommt mir vor, als wäre es über hundert Jahre alt. Das müsste ich aber genauer untersuchen.«
    »Darum kümmern wir uns später. Zuallererst müssen wir Weißenborn hier rausschaffen. Ich frage mich nur, wie!«

64 .
    Arri kam der plötzliche Presserummel ganz recht. Die Polizisten waren nicht nur abgelenkt, sie waren darüber hinaus richtiggehend eingekesselt. So konnte er unauffällig operieren. Er wusste nicht, weswegen sich plötzlich solche Menschenmengen dort unten eingefunden hatten, aber eines war ganz hundertprozentig sicher: Er musste Weißenborn erledigen, sonst flog alles auf: Seine Tarnung, die Bank, sein Job, alles eben. Das durfte nicht passieren. Die wilde Meute war wie aus dem Nichts aufgetaucht und hatte begonnen, auf Teufel komm raus zu blitzen, zu fotografieren und zu filmen. Da war ihm die Idee gekommen, sich als Reporter zu tarnen. Die herabbaumelnden Kameras mit dem Aufkleber
Loisachtaler Allgemeine
störten zwar ziemlich beim Klettern, aber schließlich kam er doch zügig voran. Er stieg die glatte und rutschige Felswand schnell hinunter. Er war schon ein paarmal nachts hier herumgekraxelt, als er Wache geschoben hatte. Dieser Idiot von Boris hätte fast alles versaut. Man würde ihn auswechseln müssen.
     
    Jennerwein setzte sich kurz und schnaufte durch. Jetzt erst spürte er die Erschöpfung. Der Tauchgang in der engen Kugel hatte ihn viel Kraft gekostet. Bisher hatte er noch keine Gelegenheit gefunden, seinem Team von den Skeletten am Fundort zu erzählen. Es gab jetzt weitaus wichtigere Dinge zu tun. Nicole Schwattke und Maria Schmalfuß beantworteten momentan die Fragen der Presseleute, deren Zahl immer noch anzuschwellen schien. Das Gedrängel auf den schmalen Wegen der Klamm nahm kein Ende. Um Fred Weißenborns Gesundheitszustand kümmerten sich notdürftig Stengele und Ostler. Becker hing immer noch an den Bildschirmen und versuchte, Kontakt mit dem Rettungshubschrauber aufzunehmen. Der verletzte BKA -Beamte hatte bisher noch kein einziges Wort über die Lippen gebracht, er schien unter schwerem Schock zu stehen.
    »Völlig ausgehungert, ausgetrocknet und durchgefroren«, sagte Stengele. »Er murmelt ab und zu etwas Unverständliches. Ich bin kein Arzt – aber ich denke, das ist normal bei seinem Zustand. Es sind Fieberphantasien.«
    Jennerwein beugte sich zu Weißenborn.
    »Dr. Rosenberger lässt Sie herzlich grüßen. Er ist auf dem Weg hierher.«
    Keine Reaktion.
     
    Arri zog die Schimütze mit den Sehschlitzen übers Gesicht. Er würde damit nicht auffallen, viele dort unten hatten sich, als Schutz gegen die allgegenwärtige Gischt, eine solche Bankräubermaske aufgesetzt oder wenigstens einen Schal auf diese Weise umgeworfen. Zwei Fotokameras baumelten an seiner Brust, und da baumelte noch etwas, man hätte es für Kameraausrüstung halten können, in der Hülle steckte jedoch die kleine Mauser-Pistole, der er bloß noch einen Schalldämpfer aufsetzen musste. Er hatte nur noch ein paar Meter zu klettern, dann würde er auf den Weg springen und sich unter die Fotografen mischen. Nach dem Schuss würde die Panik unter den Zivilisten so groß sein, dass er leicht fliehen konnte, er wollte den Weg zum unteren Ende der Klamm nehmen. Er zückte das Mobiltelefon.
    »Wanda? Ich brauche dich hier. Ich bin noch in der Höllentalklamm und mache mich jetzt auf den Weg nach unten. Nimm den Jeep und fahr mir so weit wie möglich entgegen.«
    »Alles

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