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Oberwasser

Oberwasser

Titel: Oberwasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Maurer
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Polyphem! Woher wussten die eingeschlossenen Frauen das aber? Logisch: Wer auf dem Wasser verunglückte, der kannte sich mit den Gesetzen des Wassers aus, der kannte das Reynolds-Gesetz vielleicht nicht dem Namen, aber doch dem Prinzip nach.
     
    >Klar könnte das gehen<, schrieb ihm der Hydrologe aus Freiburg, >die reißen ihren Schmuck runter (brauchen sie ja momentan nicht mehr) und werfen ihn ins Wasser. Die Münze wird hinausgespült, bis sie im ruhigeren, seichteren Wasser liegen bleibt.<
    >Sie hoffen also, dass die Münze bald gefunden wird?<
    >Das müsste aber dann schon Sherlock Holmes persönlich sein, der von der Münze auf die Höhle kommt!<
    >Idee! Idee! Eine besonders gewitzte Trachtenträgerin ritzt einen Hinweis auf den Standort rein. Auf der Münze ist allerdings nicht viel Platz, es ist auch mühsam, da was reinzuritzen. Also muss eine Chiffre genügen. Eine Stelle aus einem bekannten Gebetbuch zum Beispiel!<
    >Möglich. Ich muss jetzt wieder.<
    >Machs gut! Und danke für alles!<
     
    Krapf, oh Krapf! Das ist in sich stimmig, gewiss, das ist logische Denke vom Feinsten, so kann man sich entlang hangeln von Argument zu Argument, ein vorsokratischer Geistesriese hätte seine Freude daran gehabt. Aber Krapf, Mann: Sind dir die vielen Unstimmigkeiten nicht aufgefallen, die dich auf deinem Irrweg begleitet haben!? Eine einsame deutsche Münze, mitten in Marokko, in einem Sack, in dem tausend marokkanische Münzen vor sich hingammeln? Hast
du
sie gefunden, Krapf? Du selbst? Oder hat sie dir Tina in die Hand gegeben, die sommersprossige Circe? Schon wieder vergessen, Krapf? Nein, das hast du nicht vergessen, das ist ja der eigentliche, dir gar nicht bewusste Grund, warum du wie ein Verrückter durch halb Europa jagst! Gib es zu, Krapf, gesteh es endlich, du rödelst ihretwegen, du willst als Jäger dastehen vor der ephelidischen Abiturientin! Stimmts, Krapf?
     
    >Wie jetzt<, mailte SternGucker 123 , >Münze – Tracht – Höhle – da klingelt es doch bei mir!<
    >Wie jetzt: klingeln<, mailte Krapf zurück.
    >Da gibts doch so ein altes Flößerlied! Hab ich mal im Urlaub gehört. Nein: Gesehen. Auf nem Grabstein.<
    >Wie heißt das?<
    >Keine Ahnung.<
    >Aus welchem Raum?<
    >Loisachtal, da war ich im Urlaub. Schifahren<
    >Wo ist denn das?<
    >Wo halt die Loisach durchfließt, mein Gott. Wo die olympischen Spiele hätten hinkommen sollen!<
    Es gab nicht viele Orte, wo olympische Spiele hätten hinkommen sollen. Aber es gab viele Orte, wo die olympischen Spiele
nicht
hinkamen. Krapf fand es trotzdem heraus. Er telefonierte. Er mailte. Er war überzeugt davon, dass er kurz vor dem Ziel war.
     
    Dreitausend Kilometer südlicher regnete es in Strömen, und die verbliebenen vier Freunde saßen im Zelt.
    »Ich rufe ihn jetzt an«, sagte Tina. »Oder ich rufe seine Eltern an. Die sollen rübergehen zu Oliver und das Ganze aufklären.«
    »Mein Gott, die paar Tage wird er das noch aushalten!«
    »So wie du das draufgekritzelt hast, kann man das Zeichen nicht erkennen. Das ist viel zu schwer für ihn. Wie wenn du bei einer Textaufgabe falsche Angaben machst.«
    »Mein Gott, ich bin halt abgerutscht«, sagte Flo. »Ich bin ja nicht Dürer. Gut, dann rufen wir halt an.«
    Flo machte eine automatische Handbewegung in die Hosentasche hinein, und er zog sein Mobiltelefon heraus. Alle mussten furchtbar lachen. Alle hatten sie ihre Mobiltelefone und Smartphones dabei. Alle zogen sie jetzt heraus.
    »Nur zur Sicherheit.«
    »Klar, falls mal was ist.«
    Sie prusteten und glucksten, aber es war ihnen auch ends peinlich. Sie beschlossen, doch noch bis morgen zu warten.
     
    »Ich werd verrückt!«, schrie Nadja. »Komm mal schnell her, Arri. Da gibt es einen, der in allen Foren rumschnüffelt und nach unserem Versteck sucht.«
    Arri blickte Nadja über die Schulter. Sein Gesicht verfinsterte sich.
    »Versuch herauszubekommen, wo er wohnt.«
    »Bin schon dabei.«

51 .
    »Das wundert mich jetzt aber schon«, sagte die Hartmannsdorfer Traudi an der Wursttheke der Metzgerei Kallinger, »dass ihr in eurem Laden noch keinen frisch gewilderten 1  a Gamsbraten anbietet! Das wäre doch was. Der Metzger Moll macht es.«
    »Ja, der Metzger Moll!«, sagte die rosige Metzgerin etwas angesäuert. »Der Metzger Moll lässt ja den Leberkäse auch in Taiwan machen.«
    »Mit echten historischen Bleikugeln drin!«, ergänzte die Hartmannsdorfer Traudi. »Also, natürlich nicht in dem Leberkäse aus Taiwan, sondern in dem Gamsbraten. Da kannst

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