Oblomow
Schwanz auf einmal an und begannen, mit dem Kopfe nickend, zu laufen. Mit ihnen fuhr Wanja ins Gymnasium auf das gegenüberliegende Ufer der Newa und besorgte die Hausfrau ihre Einkäufe. Am Karneval und zu Ostern fuhr die ganze Familie mit Ilja Iljitsch spazieren und zu den Marktbuden hin, ab und zu wurde eine Loge genommen, und das ganze Haus ging ins Theater. Im Sommer begab man sich in die Umgegend der Stadt, am Eliasfreitag zu den Pulvermühlen; das Leben wechselte in seinen gewohnten Erscheinungen ab, und man möchte sagen, daß darin keine verhängnisvollen Veränderungen hätten eintreten können, wenn die Schicksalsschläge die kleinen, friedlichen Winkel nicht erreichen würden. Aber unglücklicherweise tönt der Donnerschlag, der die Berge und die ungeheuren Luftschichten erschüttert, auch in einem Mauseloch wider, zwar geschieht es schwächer und dumpfer, aber doch empfindlich für das Loch.
Ilja Iljitsch aß viel und mit Appetit, wie in Oblomowka, und arbeitete wenig und träge, auch wie in Oblomowka. Er trank, trotzdem die Jahre vorübereilten, sorglos Johannisbeerschnaps und schlief lange und noch sorgloser nach Tisch. Plötzlich veränderte sich das alles. Als er eines Tages nach dem Nachmittagsschlafe vom Sofa aufstehen wollte, gelang es ihm nicht, und als er ein Wort sagen wollte, gehorchte ihm die Zunge nicht. Er winkte nur erschrocken mit der Hand, man möchte ihm zu Hilfe kommen. Wenn er allein mit Sachar gewohnt hätte, hätte er bis zum Morgen mit der Hand telegraphieren und endlich sterben können, was man dann am nächsten Tage erfahren hätte; doch das Auge der Hausfrau wachte gleich der Vorsehung über ihm; sie brauchte keinen Verstand, ihr genügte die bloße Ahnung des Herzens, daß Ilja Iljitsch nicht ganz wohl sei. Und sowie diese Ahnung über sie gekommen war, flog Anissja in einer Droschke zum Arzt hin, und sie selbst belegte ihm den Kopf mit Eis und schleppte aus dem geheimnisvollen Schrank alle Mittel herbei, die die Gewohnheit und die Überlieferung ihr anzuwenden vorschrieben. Sogar Sachar hatte Zeit gehabt, einen Stiefel anzuziehen, und pflegte mit dem Arzte, mit der Hausfrau und Anissja zusammen seinen Herrn. Man brachte Ilja Iljitsch zum Bewußtsein, ließ ihn zur Ader, und der Arzt erklärte, das sei ein Schlaganfall gewesen und er müsse eine andere Lebensweise beginnen. Ihm wurden Schnaps, Bier, Wein und Kaffee, mit wenigen und seltenen Ausnahmen, dann jede Fleischkost, alles Fette und Gewürze verboten und dann tägliche Bewegung und mäßiger Schlaf, nur des Nachts, vorgeschrieben.
Ohne Agafja Matwejewnas Fürsorge würde das alles nicht eingehalten worden sein, doch sie verstand es, dieses System dadurch einzuhalten, daß sie demselben das ganze Haus unterordnete und Oblomow bald durch List und bald durch Güte vom verführerischen Wein, von dem Nachmittagsschlaf und den fetten Pasteten ablenkte. Sowie er einnickte, fiel wie von selbst ein Stuhl zur Erde, oder es wurde im Nebenzimmer mit großem Lärm altes Geschirr zerbrochen, oder die Kinder tollten so herum, daß es zum Davonlaufen war.
Wenn das nicht half, ertönte ihre sanfte Stimme; sie rief ihn und fragte nach irgend etwas. Der Gartenweg wurde in dem Gemüsegarten fortgesetzt, und Ilja Iljitsch spazierte darauf morgens und abends zwei Stunden lang herum. Sie begleitete ihn, und wenn sie nicht konnte, schickte sie Mascha oder Wanja mit ihm oder alte Bekannte, der ruhige, gehorsame, mit allem einverstandene Alexejew ersetzte sie.
Ilja Iljitsch schreitet langsam über den Weg hin und stützt sich auf Wanjas Schulter; Wanja ist schon fast ein Jüngling in der Gymnasialuniform und gebietet seinem schnellen Gang mit Mühe Einhalt, indem er sich Ilja Iljitschs Schritten anzupassen bestrebt. Oblomow kann den einen Fuß nicht ganz frei bewegen; das sind die Spuren des Schlaganfalles.
»Nun gehen wir ins Zimmer, Wanjuscha!« sagte er. Sie wollten sich der Tür zuwenden. Ihnen kam Agafja Matwejewna entgegen.
»Wohin gehen Sie so früh?« fragte sie, ihnen den Weg versperrend.
»Es ist ja gar nicht früh! Wir sind etwa zwanzigmal hin und her gegangen, und von hier bis zum Zaun sind es fünfzig Klafter, es sind also im ganzen zwei Werst.«
»Wievielmal habt ihr den Weg gemacht?« fragte sie Wanjuscha.
Dieser wurde verlegen.
»Du, lüg mir nichts vor!« drohte sie, ihm in die Augen blickend, »ich werde es gleich merken. Denke an Sonntag, ich lasse dich nicht auf Besuch fort.«
»Nein, Mamachen, wir sind wirklich
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