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Obsession

Titel: Obsession Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Beckett
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weggefahren war, war er schweißgebadet.
     Er kam an dem Haus der Coles vorbei und bemerkte, dass der Schrott im Vorgarten ebenfalls vermehrt und umgeschichtet worden
     war, seit er ihn das letzte Mal gesehen hatte. Dann folgte er der Straße hinauf in den Wald, von dem man die Stadt überblickte.
     Er fuhr vor das Gatter, wo er immer parkte, und schaltete den Motor aus.
    |244| «Du Vollidiot.»
    Er schloss die Augen und legte den Kopf auf das Lenkrad. Mein Gott, was hatte er sich nur dabei gedacht? Bei dem Gedanken,
     dass er kurz davor gewesen war, von zwei Paar Stiefeln und zwei Queues in die Mangel genommen zu werden, wurde ihm übel. Eine
     Kneipenprügelei war etwas anderes, als beim Fußball hart einzusteigen. Trotzdem war er nicht nur bereit dazu gewesen, er hatte
     es sogar darauf angelegt. Das hatte nichts mit Mut zu tun, das war Wahnsinn. Aber es war ihm egal gewesen. Noch unglaublicher
     schien ihm, dass er unbeschadet davongekommen war.
    Vielleicht war das der Trick, dachte er. Es musste einem einfach egal sein.
    Als es plötzlich gegen die Windschutzscheibe prasselte, hob er den Kopf. Pfenniggroße Tropfen pressten sich an das Glas. Die
     dunklen Wolken am Himmel waren aufgebläht wie eine mit Wasser gefüllte Plane. Der Regenguss wurde noch heftiger und verwischte
     seinen Blick auf die Außenwelt. Er schaute auf die reißenden Ströme, die sich auf den Fenstern und der Motorhaube bildeten,
     und sagte sich, wie dumm er gewesen war. Doch dieses Mal mangelte es der Selbstgeißelung an Überzeugung. Er war eher erleichtert
     als verwundert, als ihm klar wurde, dass er nicht bedauerte, was er getan hatte. Nicht einmal die Konfrontation mit den Billardspielern.
    Du wirst schon wie Cole, verspottete er sich. Trotzdem konnte er nicht verleugnen, dass er froh war, sein Gesicht vor Coles
     Frau nicht verloren zu haben. Sie ist eine Schlampe, dachte er wütend. Aber das änderte nichts. Und als er sich das klarmachte,
     wurde ihm noch etwas anderes schmerzlich bewusst.
    Zum ersten Mal seit Sarahs Tod hatte er eine Erektion gehabt.
    |245| Seine erste Reaktion war Überraschung. Er konnte nicht einmal Abscheu empfinden. Obwohl ihm die Ursache nicht behagte, war
     er vor allem erleichtert.
Du bist noch nicht tot.
Dafür sollte er wohl dankbar sein.
    Dann startete er den Wagen wieder und fuhr zurück nach London.

[ Navigation ]
    |246| Kapitel 15
    Nur aufgrund einer schlaflosen Nacht fand Ben heraus, dass Cole Jacob nicht in die Schule brachte.
    Vor Sandras Tod hatte er nie unter Schlaflosigkeit gelitten. Doch seitdem und besonders in den letzten Wochen war es der Normalzustand
     geworden. Nachdem er sich hingelegt hatte, war er zwar gleich eingeschlafen, dann aber gegen drei Uhr plötzlich hellwach,
     ein Kunststück, das ihm gern genauso leicht zu einer christlicheren Stunde gelungen wäre. Es gab keine äußeren Gründe, keine
     Geräusche oder anderen Störungen, denen er die Schuld geben konnte, aber an Schlaf war plötzlich nicht mehr zu denken. Er
     lag da und schaute zu, wie die hellen Ziffern der Radiouhr neben dem Bett den Rest der Nacht in stummen, unendlich langsamen
     Intervallen abzählten. Er wartete ungeduldig, dass eine Minute in die nächste überging. Die Ziffern waren ein elektronischer
     Käfig, in dem die Zeit sich nach eigenem Ermessen abzuspulen schien, bis sie sich in den Sekunden und Minuten derart breitmachte,
     dass Ben zu der Überzeugung kam, die Uhr sei stehengeblieben. Dann wechselten die Ziffern, und er schaute wieder zu und wartete.
    In seinem Kopf lief unterdessen ein automatischer Filmprojektor und spielte Bilder ab, die von der Dunkelheit vergiftet wurden.
     Er blickte zurück auf seine Heldentat im Pub |247| und erkannte sie als pubertär. Es war eine lächerliche Vorstellung gewesen, die nur die Tatsache verschleiern sollte, dass
     er nicht wagte, sich dem eigentlichen Problem zu stellen, nämlich Cole. Er spulte erneut ihre Begegnungen ab und war beschämt.
     Jedes Mal hatte er einen Rückzieher gemacht. Im Lichte des Tages konnte er sich sagen, dass Cole ein ausgebildeter Soldat
     war, an Gewalt gewöhnt und zudem unberechenbar und dass es lebensmüde wäre, ihn zu provozieren. Der Dunkelheit aber hielten
     diese Erklärungsversuche nicht stand.
    Die unbequeme Wahrheit war, dass er Angst vor ihm hatte.
    Er erinnerte sich an eine Schlägerei, deren Zeuge er als Student geworden war. Vor einem Pub hatten sich ein paar Männer gestritten,
     und als Ben auf die andere

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