Obsession
Ben es betrachtete, fragte er sich, was er eigentlich dort
tat. Sein Herz pochte. Er wusste, dass es am vernünftigsten wäre, wenn er wegfahren würde, ehe ihn jemand bemerkte. Doch nun,
wo er einmal dort war, hätte es einen feigen Eindruck gemacht. Schnell, bevor er weiter darüber nachdenken konnte, stieg er
aus, verschloss den Wagen und ging hinein.
Der Teppich im Eingang war abgewetzt und klebrig, zwei Türen lagen sich gegenüber, eine führte in den Schankraum, eine ins
Restaurant. Ben ging zuerst ins Restaurant. Es war ein langgezogener Saal mit braunen Teppichen, Polstern und Vorhängen, in
dem es nach schalem Bier roch. Niemand war dort, und über der Theke waren stählerne Rollläden heruntergezogen. Er ließ die
Tür zupendeln und ging in den Schankraum.
Ein blauer Nebel aus Zigarettenqualm hing in der Luft. An den Resopaltischen saßen ein paar Männer vor ihrem Bier. Vom Billardtisch,
an dem zwei Skinheads mittleren Alters mit kurzen Queues spielten, ertönte das Klackern der Kugeln. Die Theke war beleuchtet,
aber er konnte niemanden sehen, der bediente.
|239| Ein paar Männer schauten gleichgültig herüber, während er unschlüssig in der Tür stand. Sie schienen ihn nicht zu erkennen.
Als er weiterging, versuchte er locker zu wirken. In diesem Teil des Pubs war der Boden nicht mit Teppich, sondern mit abgenutzten,
farblosen Linoleumfliesen ausgelegt. Aus der Jukebox an der Wand ertönte ein flotter Elvis-Song und hauchte etwas Leben in
den Raum.
«Kundschaft, Sandra!», rief ein Mann, der an einem Tisch Domino spielte, als Ben den polierten Holztresen erreichte. Plötzlich
hatte er das Gefühl, einen schlimmen Fehler gemacht zu haben. Er konnte sich nicht mehr daran erinnern, wie er auf diese Idee
gekommen war. Während er noch überlegte, sofort wieder zu verschwinden, ging hinter der Theke eine Tür auf, und Sandra Cole
kam herein.
Als sie ihn sah, blieb sie stehen. Ihr Mund wurde zu einer schmalen Linie, die ihren gezupften Augenbrauen entsprach.
«Was wollen Sie?»
Da ihm keine vernünftige Antwort einfiel, blieb nur das Naheliegende. «Ein Bier, bitte.»
Erst starrte sie ihn an, als wollte sie ihn nicht bedienen, dann holte sie unter dem Tresen ein Glas hervor, stellte es unter
den Zapfautomaten und drückte einen Knopf. Während sich das Glas füllte, sagte sie kein Wort, und Ben vermutete, dass sie
genauso versuchte, mit der Situation zurechtzukommen, wie er.
Vielleicht hatte sie aber auch einfach nichts zu sagen.
Sie stellte das volle Glas auf den Tresen. «Eins achtzig.»
Ben griff in sein Portemonnaie und reichte ihr einen Schein. Aus einem Impuls heraus sagte er: «Wollen Sie auch eins?»
Ihr Blick huschte in den Raum hinter ihm. «Nein.» Sie gab ihm sein Wechselgeld und verschränkte dann die Arme |240| unter ihren Brüsten wie eine Barriere. Sie war ungeschminkt, ihre Lippen waren rosarot und rissig. Plötzlich schoss ihm durch
den Kopf, dass er ihr an diesem Morgen gerne beim Anziehen zugesehen hätte. Er wischte den Gedanken sofort beiseite.
Sie musterte ihn kühl. «Warum sind Sie hergekommen?»
Nach den stummen Vorführungen, die er gewohnt war, war es seltsam, sie sprechen zu hören. Er trank einen Schluck Bier, um
seine Verwirrung zu verbergen. Es war so kalt, dass es fast geschmacksneutral war. Er stellte das Glas wieder ab. «Ich kam
gerade hier vorbei, da dachte ich, ich schaue mal, wie es Jacob geht.»
«Steven geht es gut.»
«Was ist mit seiner Erkältung?»
«Die kommt und geht.»
«Ich vermute mal, dass sie gerade dann kommt, wenn ich ihn abholen will, und kurz danach wieder geht, oder?»
Ihre Mundwinkel bebten ein wenig, was beinahe wie ein Lächeln aussah. Sie zuckte mit den Achseln. Ihre Brüste hoben sich kurz
und senkten sich dann wieder auf ihre verschränkten Arme. Ben trank noch einen Schluck Bier und fragte sich, wie sie reagieren
würde, wenn er ihr sagte, dass er Bescheid wusste. Dass sie für Geld Sex mit anderen Männern hatte. Der Gedanke machte ihn
stark. Als er merkte, wie sich in seiner Hose etwas zu regen begann, verspürte er eine solche Lust, dass ihm schwindelig wurde.
Mein Gott, dachte er leicht geschockt, was tun die denn hier ins Bier?
Als hätte sie seine Gedanken gelesen, spürte er eine kaum wahrnehmbare Veränderung ihrer Haltung zu ihm. Die ungenierte Feindseligkeit,
die von ihr ausgegangen war, wich einer gewissen Wachsamkeit. Sie neigte ihren Kopf leicht |241| zur Seite und
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