Obsidian (German Edition)
Wie kommst Du zu einem Bild von mir von meiner Matura? Das ist über zehn Jahre her.“, brüllte sie ihn an.
Joaquim schwieg.
Monja warf ihm das Bild an die Brust und wandte sich wieder dem Tisch zu.
„ Nicht, Monja. Bitte.“ Plötzlich klang Joaquims Stimme fast flehend.
Monja zog ein ledergebundenes Buch hervor, schlug es auf und erstarrte.
Eric konnte nicht sehen, was sie so erschreckte, aber er hatte eine Vermutung.
„ Joaquim, wer bist Du wirklich?“, fragte er ihn leise und ruhig.
Monja drehte sich um, sie war kreidebleich im Gesicht. Joaquim senkte seinen Blick.
„ Das sieht aus wie … wie ein Tagebuch über mich. Fotos, Texte, Informationen über Freunde …“, stammelte sie entgeistert.
„ Ich habe es Walter versprochen“, flüsterte er auf Spanisch.
„ Ich habe ihm geschworen, auf sie zu schauen, als wäre sie bei mir aufgewachsen. Ich habe ihm gesagt, dass unsere ... Ich wollte nie, dass mein Kind in meinen Job hineingezogen wird.“
Eric traute seinen Augen und Ohren nicht. Joaquim weinte.
„ Du meinst ... Monja ...?“
Joaquim nickte stumm.
„ Caramba“, stöhnte Eric auf.
Monja starrte immer noch zu ihnen.
„ Was?“, fragte sie verwirrt und zitternd.
Eric holte tief Luft, blickte noch einmal zu Joaquim und sah dann Monja an.
„ Princesa, darf ich vorstellen, Joaquim de Almeida. Dein leiblicher Vater.“
Monja, Eric und Joaquim saßen in einem der Saloons an einem runden Tisch. In der Mitte standen eine Rotweinflasche und zwei Glaskrüge mit Mineralwasser.
Seit der Offenbarung vor wenigen Minuten hatte Monja kein Wort gesagt. Joaquim war mit ihnen in diesen Raum gewechselt und hatte sie gebeten, Platz zu nehmen.
„ Wie ist das möglich?“, fragte Eric in Joaquims Richtung.
„ Das ist eine längere Geschichte. Willst Du sie wirklich hören, Monja?“
Monja sah ihn an und gab kein Wort von sich.
„ Hör zu, mein Kind. Ich wollte nie, dass Du das erfährst. Walter war einer meine besten und ältesten Freunde. Er war und wird immer Dein Vater bleiben. Ich werde niemals etwas verlangen, Du musst mich nicht einmal wiedersehen, wenn das hier vorbei ist, wenn Du nicht willst. Dieses Geheimnis hätte niemals …“
„ Woher kanntest Du meinen … Vater?“, fragte sie leise.
„ Wir haben uns bei einer seiner ersten Reisen nach Mexiko getroffen. Wir waren beide jung, an denselben Themen interessiert und verstanden uns auf Anhieb blendend. Als ich zum Geheimdienst kam, blieb der Kontakt weiterhin bestehen. Deshalb habe ich auch umgehend Miguel zu ihm geschickt, als ich erfahren habe, was in Paris passiert war.“
„ Meine Mutter?“
„ Deine Mutter, Elena, war ein Traum von einer Frau. Ich war mehrere Jahre mit ihr zusammen. Aber ich war dumm, habe einen Fehltritt gemacht und damals alles zerstört. Als wir uns getrennt haben, war sie schon schwanger. Walter hat sich um sie gekümmert, dabei haben die beiden zueinander gefunden. Ich konnte es ihm nicht verübeln, vorallem nachdem ich selber schuld war, dass die Beziehung in die Brüche ging.
Walter bot sich als Vater für mein Kind an, auch weil er wusste, wie schwer es in meinem Beruf war, ein normales Privatleben zu führen. Das Thema hatten wir ja gestern schon. Finanziell war es kein Thema, Dein Vater hatte in seiner Position ein so gutes Gehalt, dass er nichts von mir nehmen wollte.
Wir drei haben uns geschworen, es für uns zu behalten. Ich hatte das Glück, Deinen Vater weiterhin als Freund zu haben. So war ich auch immer auf dem Laufenden, wie es Dir geht, mein Kind. Natürlich, in meiner Position hatte ich es auch leicht, selbst nachzuforschen. Das Bild von Deiner Matura, ich war vor Ort, als Du Dein Zeugnis bekommen hast.“
Monja blickte ihn fragend an.
„ Du kannst Dich vielleicht nicht erinnern, aber an dem Abend, als Du feiern gegangen bist mit Deinen Freunden, hatte Dein Vater Besuch. Das war ich. Auch bei dem Begräbnis Deiner Mutter war ich dabei, wenn auch gut versteckt.“
Eric hielt die ganze Zeit über Monjas Hand. Für ihn war es unglaublich, was er hier gerade erfuhr. Er konnte sich gar nicht vorstellen, was es für Monja bedeutete, nach all den Jahren, die Wahrheit über ihren Vater zu erfahren.
„ Egal, was Du über mich oder die ganze Situation denkst, Monja, eines muss Dir immer klar sein: Dein Vater hat Dich immer über alles geliebt. Wir haben niemals wieder über dieses Thema gesprochen. Du warst sein Kind, er war bei Deiner Geburt dabei, hat Dich großgezogen und war
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