Obsidian (German Edition)
spürte, versuchte er hinabzublicken. Er war an einer Querverstrebung, seine Beine waren an der Kante.
„ Setz Dich und mach das Seil an der übergroßen Schraube fest“, ordnete Jose an.
Eric konnte nicht antworten, zu sehr schmerzte ihm noch sein ganzer Körper.
Er griff nach dem Metallträger und zog sich auf den Balken. An sitzen war nicht zu denken, den die Träger verliefen hier in einem spitzen Winkel zusammen, der ihm nicht viel Platz ließ. Eric bemühte sich, auf den Balken Platz zu finden. Zum Glück war er breit genug, Eric legte sich hin und holte tief Luft.
„ Eric?“, fragte Jose fast besorgt nach.
„ Ja, ja. Ich habe Dich verstanden, großer, starker Mann. Bitte, gib mir nur eine Sekunde um Luft zu holen. Dieser kleine Abflug … Ich habe das Gefühl, das Seil hat mir die Eier abgerissen.“
„ Dann würdest Du jetzt nicht mehr so leicht reden können, glaub mir.“
Eric schüttelte leicht den Kopf. Und wie er Jose das glaubte. Er war sich sicher, dass Jose und Miguel schon einiges erlebt hatten, so professionell, wie sie hier agierten.
Halb liegend suchte Eric nach dem Knoten um das Seil von seinem Körper zu lösen.
„ Lass Dir ruhig Zeit, noch sucht keiner nach uns“, kam von Jose.
„ Diese zwei Männer, sie sind nun auch auf der ersten Etage“, meldete sich Monja wieder.
Eric hatte das Seil von seinem Körper befreit und machte sich daran, es nun an der Schraube festzumachen. Da das große Teil vor ihm am Kopf etwas breiter war, war es für ihn leicht, das Seil fest zu verknoten.
„ Es ist fest. Was hast Du nun …“, weiter kam er nicht.
„ Jose, Du wirst doch nicht …“, begann Monja und verstummte ebenfalls.
Eric spürte, wie das Seil sich bewegte und nur einige Augenblicke später flog Jose an ihm vorbei.
Er blickte ihm nach und sah, wie er einige Meter unter ihm in der Luft hing.
„ Was … was war das?“, stotterte Eric.
„ Ein kleiner Flug von einigen Metern und ein großes Vertrauen in Dich und Deine Knotenkünste.“
Da erst realisierte Eric, dass sich Jose gerade blind auf ihn verlassen hatte. Er musste schlucken und blickte zu dem Knoten. Wenn er ihn nicht fest genug gezogen hätte, wäre Jose nun am Boden aufgeschlagen. Jose ließ ihm aber keine Zeit, um weiter darüber nachzudenken.
„ Du bist dran, kletter herunter zu mir.“
Eric dachte nicht weiter darüber nach und drehte sich zum Seil. Er packte es und wollte sich gerade aufsetzen, als er nach unten blickte. Einige Meter unter ihm war Jose und sah zu ihm herauf, aber dahinter war eine gähnende Leere. Sie hatten noch nicht viele Meter bis zum Boden geschafft. Außerdem hatte er wieder keine Sicherung beim Klettern.
Aber er hatte auch nicht wirklich eine Wahl, musste er sich eingestehen.
Er packte fest das Seil an und kletterte hinab. Es dauerte nicht lange und er landete neben Jose. Sie hatten einen Stahlpfeiler zwischen sich.
„ Jetzt beginnt der anstrengende Teil“, meinte Jose und zeigte nach unten. Eric folgte seinem Blick und erkannte, was er meinte.
Unter ihnen war eine kleine Reihe mit dicken Stahlträgern, die gekreuzt verliefen, danach kamen sie zu einem viel filigraneren Gerüstteil, der bis knapp vor den Boden verlief.
„ Wir werden zur Mitte vorklettern und dann über den mittleren Balken geradewegs nach unten“, erklärte Jose ihm. Dass sie auf dem gesamten Weg nun ohne Seil unterwegs sein würden, musste er nicht dazusagen.
„ Wir können wohl kaum auf den Aufzug warten und werden auf die Schnelle auch nicht fliegen lernen“, stellte Eric fest, dem beim Blick nach unten langsam schwindlig wurde.
„ Die zwei Männer sind auf die Polizisten getroffen und reden gerade“, meldete Monja, was über ihnen passierte.
„ Na dann, los geht´s!“, meinte Eric und legte sich auf den Balken, um nach unten klettern zu können.
Die Reihe mit den gekreuzten Balken erwies sich als einfacher als erwartet. Eric konnte sich an den übergroßen Schrauben anhalten und fand immer einen festen Halt.
Da beim letzten Abschnitt die Abstände zwischen den Stahlträgern kleiner waren, war Eric zum ersten Mal an diesem Abend guter Hoffnung, dass sie heil am Erdboden ankommen würden.
Er trat gerade auf den mittleren Träger, der unzählige kleinere Verstrebungen hatte, als Monja aufschrie.
„ Die haben die Polizisten erschossen. Verdammt, was sind das für Leute?“, schrie sie auf.
„ Das ist die rote Bruderschaft, sie haben uns gefunden!“, meldete sich Miguel plötzlich wieder
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