Occupy Economics
Deutschland oder dem deutschen Denken eine spezielle Bühne zu geben, sondern es geht darum, anhand der deutschen Wirtschaftsgeschichte und weiterer theoretischer Überlegungen und Schlussfolgerungen am Ende Marktwirtschaft und Kapitalismus zu dem zu machen, was sie sein sollen: Instrumente einer dynamischen, halbwegs gerechten Versorgung aller Menschen mit Einkommen, Gütern und Geld unter Erhaltung der substanziellen Grundlagen, um damit am Ende die anonymisierende Maske von Guy Fawkes, das Gesicht der occupy-Bewegung, doch noch zum Sprechen zu bringen.
1.1 Die Vorgeschichte
Die erste Wirtschaftstheorie von Bedeutung war der sogenannte Merkantilismus, der vom 16. bis zum 18. Jahrhundert Geltung hatte. Es war der Rahmen für Kleinstaaten und Fürsten mit ihren Staatshaushalten und wirtschaftlichen Organisationen. Parallel zur Entstehung der Nationen entwickelte der Schotte Adam Smith die Theorie des Wirtschaftsliberalismus in seinem bekanntesten Werk The Wealth of Nations . Seine Ideen basierten auf der Beobachtung einer prosperierenden Wirtschaft bei Öffnung der Grenzen zu den amerikanischen Kolonien und dem sich aus der damals neuen Freiheit entwickelnden Handel. Es war der organisierte Beginn dessen, was man heute Globalisierung nennt. Die Globalisierung haben wir genau diesem Ursprung zu verdanken. Das wirtschaftliche Prinzip, das dahinter steckt, lautet Arbeitsteilung durch Handel. Die Folge der Arbeitsteilung ist effizientere Produktion, verbilligte Produkte, höhere Margen im Handel über größere Entfernungen, gar Kontinente, Verbreiterung der verfügbaren Produktpalette, wirtschaftlicher Fortschritt, Wachstum und Wohlstand. Der erste Schritt war erfolgreich.
Was Adam Smith beziehungsweise seiner Theorie in die Quere kam, war die Bevölkerungsexplosion und die technisch-industrielle Revolution, die dem wirtschaftlichen Liberalismus in Form der industriellen Fertigung übermäßige Dynamik, sozusagen explosiven Charakter verlieh. Mit ihr explodierte die Arbeitsteilung, verfielen die Preise mancher nunmehr industriell hergestellter Produkte einerseits, wodurch ganze Landstriche erwerbslos wurden, entstand der Wohlstand der Industriellen andererseits, weil sie in den übrigen Regionen mit immer noch riesigen Margen ihre billiger hergestellten Produkte absetzen konnten. Die industrielle Arbeitsteilung verbreitete sich in Wellen, die sich zu Spekulationswellen ausweiteten und dann zwischenzeitlich zu fürchterlichen Depressionen führten. Es waren Schweinezyklen im Großen, sozusagen. Geldpolitik, Konjunkturpolitik und Ähnliches zur Gegensteuerung waren damals noch unbekannt. Die wirtschaftlichen Katastrophen im 19. und auch noch im 20. Jahrhundert ereilten die Menschen wie Naturereignisse. Schöpferische Krisen wurden von manchen Theoretikern (Hayek, Schumpeter) auch fälschlicherweise als unvermeidliche Phasenbewegungen beschrieben.
Ein Gegenkonzept verfolgte zu Beginn des 19. Jahrhunderts der Unternehmer und Begründer der deutschen Nationalökonomie, Friedrich List, der einerseits als Gründungsvater des Zollvereins die nationale wirtschaftliche Einheit Deutschlands schuf, indem er den Binnenhandel liberalisierte. Derselbe Friedrich List befürwortete andererseits wirtschaftslenkende Maßnahmen in der Außenbeziehung (Zölle, Einfuhr- oder Ausfuhrkontingente), wodurch er sich als geistiger Gegenspieler von Adam Smith profilierte. List war mehrfach erfolgreicher Unternehmer, unter anderem, indem er die Eisenbahnlinie zwischen Leipzig und Dresden bauen ließ, war aber zugleich so politisch aktiv, dass er sich schon in jungen Jahren mit seinem Landesherrn anlegte und fluchtartig seine Heimat Württemberg gen Amerika verlassen musste. List ist der Begründer der deutschen Nationalökonomie, die ihren Höhepunkt in der Historischen Schule fand. Seine Ideen traten Mitte des 19. Jahrhunderts im Zuge der politischen Liberalisierung in Deutschland wieder in den Hintergrund. Der Einführung der Gewerbefreiheit 1868 folgte 1973 erneut eine schwere, sechs Jahre währende Depression als Folge einer geplatzten Spekulationsblase.
In der Zwischenzeit (1867) war der erste Band von Marx’ Das Kapital erschienen, der sich in detaillierter Form der Entwicklung der Industriegesellschaft widmete. Die Gesellschaft reagierte darauf im Gegenzug mit einer sozialen Bewegung – zum einen real in Form der Bismarck’schen Sozialgesetze und der Gründung von Gewerkschaften, zum anderen wurde die Idee der Zünfte als
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