OCCUPY - Verschwörung aus dem Dunkeln (Gesamtausgabe)
Tasten auf dem Schaltpult das grelle weiße Licht auf eine schwache rote Notbeleuchtung umgeschaltet. Der vom Mond erleuchtete Himmel warf ein fahles Licht auf die seltsame Szenerie. Der Countdown-Timer in der Halle näherte sich der Null. An den beiden Horten-Bombern begann es markerschütternd zu pfeifen und blaue Flammen schlugen aus den Düsentriebwerken beider Maschinen hervor. Die Glasscheibe der Kommandozentrale zitterte. Das Zischen wurde lauter als auch noch die Boosterraketen des ersten Bombers zündeten. Oberst Strassner erteilte dem Ingenieur am Pult den Startbefehl: „Schulz, starten Sie den ersten Falken! Los!“
„Zu Befehl, Herr Oberst.“ Mit einem Tastendruck löste er das Dampfkatapult aus und der Bomber schoss mit ohrenbetäubendem Getöse wie eine Rakete in den fast wolkenlosen Nachthimmel. Der Führer freute sich wie ein kleines Kind, das bei Menschärgerdichnicht einen Mitspieler herausgekegelt hat. Er wippte hektisch auf dem Lederdrehstuhl und fuchtelte mit geballten Fäusten in der Luft herum. „Wunderbar, wunderbar! Schulz, sie und ihre Kollegen haben wirklich nicht zu viel versprochen. Gegen eine solche Streitmacht aus den Tiefen des Urwalds sind auch die Amerikaner machtlos. Wir werden sie zerquetschten und sie für alles zur Verantwortung ziehen, was sie uns angetan haben. Sie haben unsere Städte bombardiert und unsere Frauen und Kinder getötet. Sie haben uns um unsere rechtmäßig eroberten Besitztümer in Afrika und Europa gebracht. Sie haben einen Feuersturm in Hamburg entfacht. Und nicht zu vergessen, in Dresden.“
„Herr Hitler, das waren die Briten. Das ist historisch belegt! Genauso wie die Tatsache, dass ihre werte Frau Mutter ein Verhältnis mit mehreren Geschlechtsgenossinnen unterhielt.“ Schreiner hatte diesen Ball sofort aufgegriffen.
Hitler schäumte vor Wut: „Schweig! Du elender Verräter. Schweig! Vater, tu doch was. Stopf ihm auf der Stelle sein Schandmaul. Wirf ihn zu Boden! Das Schwein soll auf den Knien vor mir herumkriechen und um Gnade winseln, wenn ich ihn eigenhändig erschieße.“
Der Oberst folgte diesem Befehl mit sichtlichem Vergnügen. Er packte Schreiner am Kragen seines karierten Hemdes und schleuderte ihn auf den metallbeplankten Boden der Kommandozentrale. Der Professor fiel direkt vor die Füße des Ingenieurs, der gerade im Begriff war, die letzten Einstellungen für den Start des zweiten Bombers vorzunehmen. Den hatten die Beteiligten wegen der familiären Turbulenzen für einen Moment fast aus den Augen verloren.
Strassner wandte sich hektisch an den Ingenieur: „Schulz, wie sieht’s aus? Hat sich wieder genug Dampfdruck für das zweite Katapult aufgebaut? Der Bomber kann seine Triebwerke nicht ewig im Stand laufen lassen, sonst überhitzten sie. Leiten Sie die Zündsequenz der Startraketen ein, aber hurtig!“
Wie aus der Pistole geschossen entgegnete Schulz: „Jawoll, Herr Oberst.“
Derweil hatte sich Schreiner wieder aufgerappelt, was dem Oberst sichtlich missfiel. Er schubste ihn mit beiden Händen gegen die Brust. Eine Steilvorlage für Schreiner. Der Professor ließ sich theatralisch auf die Schalttafel neben Ingenieur Schulz fallen und stützte sich dabei mit den Händen so ab, dass er unbemerkt den Hebel zur Schließung des Hallendaches umlegte. Sein Herz pochte in seiner Brust, als ob es jeden Moment herausspringen wollte. Zur Ablenkung hielt er noch einmal den Finger in Hitlers offene Wunde. Das wirkte: „Sie können mich umbringen, aber das ändert nichts daran, dass die Mutter des neuen großdeutschen Führers eine Lesbierin war. Mit Sicherheit hat Adolf Hitler sie vergewaltigt, um einen Sohn in die Welt zu setzen, den sie niemals gewollt hat.“
Anton Hitler geriet völlig außer Fassung: Er tobte und stieß wilde Verwünschungen aus. Alle Augen im Raum waren auf ihn gerichtet, während der Oberst versuchte, ihn zu beruhigen: „Anton, ich beschwöre dich, du fällst doch nicht etwa auf dieses durchschaubare Manöver herein. Ich kannte deine Mutter besser als jeder andere hier im Raum und ich kann dir beim Leben meiner Eltern versichern, dass du ein Wunschkind warst! Sie war beseelt von dem Gedanken, dem geliebten Führer einen Erben zu schenken. Sie war eingeweiht in unsere Pläne und glaubte an die Vorsehung von Hanussens Prophezeiung.“
Professor Schreiner schielte unauffällig nach oben und vernahm mit Befriedigung, dass sich die Krateröffnung langsam schloss. Die Vibrationen und das Getöse des Elektromotors
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