Ocean Rose Trilogie Bd. 3 - Erfüllung
Dadurch sparte ich Energie und konnte außerdem an meinem Platz bleiben, so dass ich keine Person verpasste, die durch die Tür kam.
Ich verließ meinen Posten nur einmal, als Natalie auf dem Weg zur Toilette vorbeikam. Mit einer hastigen Entschuldigung in Richtung der beiden Gäste, die gerade am Empfang warteten, lief ich ihr hinterher.
»Hallo«, sagte ich, als sie aus einer der Kabinen kam.
Sie blieb überrascht stehen, dann ging sie zum Waschbecken. »Hi.«
»Ich wollte mich nur bedanken«, fuhr ich mit klopfendem Herzen fort. »Weil du niemandem von der Sache gestern erzählt hast. Das war wirklich nett.«
»Na ja, schließlich warst du auch nett zu mir, als ich damals am Strand meinen kleinen Nervenzusammenbruch hatte.« Sie schüttelte sich das Wasser von den Händen und trocknete sie an ihrer Kellnerschürze ab. »Außerdem geht es mich nichts an.«
»Trotzdem. Vielen Dank. Tut mir leid, dass ich dich in so eine peinliche Situation gebracht habe. Wenn du eine Minute Zeit hast, würde ich dir gerne –«
»Ehrlich, Vanessa, du brauchst mir nichts zu erklären. Beziehungen sind immer kompliziert.« An der Tür drehte sie sich noch einmal um und lächelte mir zu. »Das weiß ich schließlich am besten.«
Sie verließ den Raum. Ich fühlte mich wegen der ganzen Geschichte immer noch unwohl, aber sagte mir, dass die Sache mein Problem war und nicht ihres. Mit einem Schulterzucken versuchte ich, meine gemischten Gefühle abzuschütteln, und kehrte an den Empfang zurück.
Zehn Minuten später gesellte sich Paige zu mir.
»Ich habe ihn gefunden«, flüsterte sie verschwörerisch.
Sofort klopfte mir das Herz bis zum Hals. »Colin?«, flüsterte ich zurück.
»Nein, würde ich dann so happy klingen? Danke für diesen Stimmungsdämpfer.« Unsere Blicke trafen sich. »Ich spreche von dem Gefallen, den ich dir tun sollte. Ich habe genau den richtigen Typen dafür gefunden. Jung und ziemlich süß.« Sie hob anzüglich die Augenbrauen. »Ich bringe ihn jetzt hinten auf die Veranda, falls du zuschauen möchtest.«
Als sie sich umdrehte, war ich kurz davor, ihr nachzulaufen. Ich wollte ihr sagen, dass sie die Idee vergessen sollte, weil ich mich anders entschieden hatte. Aber meine Beine fühlten sich so bleischwer an, dass sie zu schnell außer Hörweite war. Ich schlenderte zum Tisch mit den ausgestellten Fischen und tat so, als würde ich sie bewundern, um ihr genug Zeit für die Vorbereitungen zu lassen. Dann schlängelte ich mich durch die Gästemenge auf die Flügeltüren ganz hinten zu.
Paige hatte ganze Arbeit geleistet. Sie lehnte an der Steinmauer, von der die Veranda umgeben war, und hatte mir den Rücken zugewandt. Ihr gegenüber stand ein attraktiver junger Mann, der vielleicht knapp über zwanzig war. Er hatte hellbraunes Haar und trug eine Outdoor-Hose zu einem rotkarierten Hemd, das weit genug aufgeknöpft war, um das weiße T-Shirt darunter zu sehen. Die beiden redeten, lachten und kamen sich immer näher. Obwohl ich fünf Meter entfernt stand, konnte ich das Aufglitzern in Paiges Augen sehen, als ihre Sirenenkräfte zu wirken begannen und die Welt um sie herum zu verschwinden schien. Er beugte seinen Kopf zu ihr herunter, und ich ging wieder zurück in den Raum, weil ich ihnen nicht beim Küssen zuschauen wollte. Es war peinlich, und außerdem hatte ich ein schlechtes Gewissen. Zwar hatte Paige meiner Bitte ohne Zögern zugestimmt, aber trotzdem konnte ich mich nicht von dem Gedanken lösen, in was für eine ungemütliche Situation ich sie gebracht hatte.
Auch wenn sie ganz und gar nicht so ausgesehen hatte, als ob sie es ungemütlich fand. Als sie ein paar Minuten später zu mir kam, strahlte sie übers ganze Gesicht, ihre blauen Augen wirkten silbern, und ihre Haut schimmerte rosig.
»Er heißt Jaime, ist vierundzwanzig, kommt aus Bar Harbor – und gehört ganz dir.« Sie reichte mir ein Glas Eistee. »Ich habe gesagt, dass ich schnell was zu trinken hole und gleich zurück bin.«
»Danke.« Ich umarmte sie.
»Kein Problem. Lass mich wissen, wenn du mal wieder Hilfe brauchst, und ich bin jederzeit begeistert dabei.«
Sie verschwand in Richtung des Bühnenmikrofons auf der anderen Seite des Raums. Ich machte einen kleinen Umweg zur Bar, um mich mit Salzwasser aufzufrischen, dann ging ich nach draußen. Während Paige den Wettbewerb startete, sammelten sich die Seeleute, die nur noch einen Stehplatz draußen bekommen hatten, an der Flügeltür, um zuzusehen. Ich war froh, dass alle
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