Ocean Rose Trilogie Bd. 3 - Erfüllung
ab. »Ja, alles klar.«
Während der Kellner dem Mann den Weg versperrte, schlüpfte ich in die Damentoilette, die nur eine einzige Kabine hatte. Ich verschloss die Tür, lehnte mich japsend dagegen und versuchte, mich zu beruhigen.
Colin wusste Bescheid. Ihm war klar, dass ich ihn durchschaut hatte. Deshalb spielte er mit mir. Ich musste mich zusammenreißen, wenn ich meinen Plan durchziehen wollte. Wir brauchten ein Geständnis auf Band, das ausreichte, um ihn der Polizei auszuliefern.
Aber konnte ich das schaffen? Seit er das Wort »Sirenen« benutzt hatte, war mein Energielevel gesunken und ins Bodenlose gefallen, als er mir Lügen über geheimnisvolle Mails erzählte.
Und jetzt hatte ich versucht, mir neue Kraft von dem Seemann zu stehlen – obwohl ich mir vorgenommen hatte, nur im absoluten Notfall zu dieser Methode zu greifen, weil ich hoffte, so den Moment hinauszögern zu können, in dem ich laut Charlotte und Betty gezwungen sein würde, zum Überleben etwas Unverzeihliches zu tun – und dann hatte es nicht einmal funktioniert.
Wie üblich, wenn ich an meine Zukunft dachte, fiel mir automatisch auch Simon ein, und ich begann, in meiner Handtasche nach dem Handy zu kramen. Mir war klar, dass seine Besorgnis mit jeder Sekunde größer werden würde, deshalb wollte ich ihn beruhigen. Als ich tippte, zitterten meine Finger so sehr, dass ich für einen Text von fünf Sekunden eine ganze Minute brauchte.
Bisher alles okay. Komme dem Ziel näher. Melde mich bald wieder. Hdl, V.
Auf diese Weise eine Verbindung zu Simon zu haben machte auch mich selbst ruhiger. Nachdem ich die SMS abgeschickt hatte, fühlte ich mich ausgeglichen genug, um einen Blick in den kleinen Spiegel über dem Waschbecken zu werfen. Er war verschmiert und mein Bild unscharf, aber ich konnte trotzdem sehen, dass die dicke Schicht von Make-up Risse bekam, weil die Haut darunter weiter austrocknete und faltig wurde. Nur mit Mühe unterdrückte ich einen Anfall von Panik. Ich drehte das Wasser auf, schüttete den mitgebrachten Salzvorrat hinein und wusch mir das Gesicht. Dann trug ich weitere Feuchtigkeitscreme auf und schminkte mich neu. Gerade wollte ich mir das Haar kämmen, als es an der Tür klopfte.
»Vanessa? Ist alles okay, oder brauchst du Hilfe? Kann ich dir was bringen?«
Colin. Er klang besorgt und richtig süß. Hatte er Carla und Erica auf ähnliche Weise eingewickelt und ihr Vertrauen gewonnen, bevor er sie tötete?
Der Gedanke erfüllte mich mit neuer Entschlossenheit. Ich packte meine Schminksachen ein, legte das Aufnahmegerät wieder ganz oben in meine Handtasche und öffnete die Tür.
»Kannst du mir einen kleinen Gefallen tun?«, fragte ich.
Er lächelte und war anscheinend erleichtert, dass ich nicht in der Toilette umgekippt war, bevor er mich erwürgen konnte.
»Klar, was immer du willst.«
Ich hielt die Tür einladend auf und hob die Augenbrauen. Nach kurzem Zögern trat er ein.
»Nicht gerade viel Platz hier, was?«, stellte er fest, als ich die Tür wieder geschlossen hatte.
Damit hatte er recht. Die Damentoilette war so klein, dass wir Brust an Brust standen.
»Okay«, sagte Colin und schaute sich mit rotem Kopf um. »Brauchst du Hilfe, oder …?«
Da Charlottes Trick bei dem Seemann nicht funktioniert hatte, beschloss ich, Zeit zu sparen und eine direktere Methode zu versuchen.
Ich umfasste sanft Colins Gesicht, bis er mich ansah. Der Energieschub war schwach, aber merkbar, und kribbelte meine Arme entlang. Ermutigt stellte ich mich auf die Zehenspitzen und brachte meinen Mund nah an sein Ohr.
»Ich möchte, dass du mir davon erzählst«, flüsterte ich.
Er atmete ein und wieder aus. »Wovon?«
»Was du getan hast.«
»Was ich … wann getan habe?«
»In den letzten Wochen. Mit den ganzen Frauen.«
»Was für Frauen? Hältst du mich für einen Casanova?« Er versuchte, auf Abstand zu gehen. »Okay, du musstest mich nicht gerade mit Gewalt hier reinzerren, aber glaub mir, normalerweise bin ich nicht so. Ich weiß nicht, wie ich es erklären soll … als ich dich damals am Strand gesehen habe … da waren plötzlich diese Gefühle. Als wären wir füreinander bestimmt, weißt du?«
Auf solch ein Geständnis hatte ich eigentlich nicht gehofft. Aber wie sich herausstellte, kam es meinem Körper gerade recht.
Was dann geschah, würde ich nie jemandem erzählen. Kein Mensch sollte erfahren, wie mein Mund von seinem Ohr über seine Wange zu seinen Lippen wanderte und wir uns minutenlang
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