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Ocean Rose. Verwandlung (German Edition)

Ocean Rose. Verwandlung (German Edition)

Titel: Ocean Rose. Verwandlung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tricia Rayburn
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bin?«
    Ich hatte mir Justines Stimme keineswegs eingebildet, war aber froh, dass Paige nichts davon wusste. Sonst hätte sie sich noch mehr aufgeregt. Vielleicht würde ich es ihr irgendwann erzählen.
    »Du darfst sie ruhig vermissen«, sagte ich. »Schließlich hast du sie jahrelang als deine Mutter und Schwester gekannt, bevor sie … anders wurden. Du kannst den Menschen nachtrauern, für die du sie gehalten hast.«
    Ihre blauen Augen wurden kalt. »Sie haben ein Dutzend Leute ermordet und hätten damit weitergemacht, wenn wir sie nicht aufgehalten hätten. Sie haben Jonathan getötet. Sie haben Oma Betty zwei Jahre lang in ihrem Zimmer gefangen gehalten und wollten sie sterben lassen.« Paige schüttelte den Kopf. »Ich vermisse sie nicht. Und das werde ich auch nie. Nie im Leben.«
    So ein hartes Urteil hatte ich von Paige nicht erwartet. Ich war in Versuchung, das Thema zu wechseln, aber vorher musste ich noch eine Sache wissen.
    »Was haben sie getan, als du sie im Park gesehen hast?« Mein Herz klopfte so laut, dass ich meine eigene Stimme kaum hörte.
    Sie zuckte mit den Schultern, und ihre Züge wurden etwas weicher. »Ich habe geblinzelt, und da waren sie verschwunden. Weil sie nämlich von Anfang an nur Einbildung waren.«
    Ich nickte. Immerhin waren die Sirenen trotz ihrer übernatürlichen Kräfte menschlich, brauchten Sauerstoff, hatten einen Herzschlag. Simon hatte völlig recht: Es war unmöglich, dass sie zwei Monate im Eis eingefroren überleben konnten.
    »Na ja, jedenfalls war es nett von Riley, die Bücher für mich auszuleihen, auch wenn sie ziemlich nutzlos waren.« Sie griff nach der Odyssee , die auf dem Bett lag. »Er scheint überhaupt ein netter Typ zu sein.«
    »Klar, sonst wäre Simon nicht mit ihm befreundet.« Ich tippte neckend mit meinem Stift gegen die Hausschuhe an ihren Füßen. »Und er fand dich wohl auch ganz okay.«
    Diese Bemerkung entlockte ihr wie erhofft ein kleines Lächeln. »Ja, stimmt, bloß …«
    Sie brach ab, aber ich wusste natürlich, was sie hatte sagen wollen. Riley mochte nett sein, doch er war nicht Jonathan.
    Ich nahm an, dass sie eine Weile allein sein wollte, klappte das Schulbuch zu und stand auf. »Mom will heute Brownies backen. Interessiert?«
    »Absolut«, antwortete sie und rieb sich den Magen mit beiden Händen.
    Draußen im Flur lehnte ich mich gegen die Wand und presste ebenfalls die Hände auf den Bauch, wobei ich fast erwartete, dass sich darin etwas regte wie ein zappelnder Fisch im Aquarium. So ähnlich hatte sich Paiges Baby damals angefühlt, als ich zum ersten und einzigen Mal ihren schwangeren Bauch berührt hatte. Der Fötus war krank gewesen, hatte sich ständig bewegt und seiner Mutter die Lebenskraft ausgesogen, weil ihr Körper für diese Schwangerschaft nicht bereit gewesen war.
    Doch dank meiner unabsichtlichen Verwandlung bei dem Tauchgang diesen Sommer, als die Flüssigkeit in meinen Zellen gegen Meerwasser ausgetauscht worden war, konnte mein Körper nun ein Sirenenbaby bekommen. Ich dachte an das letzte Mal, als Simon und ich zusammen gewesen waren. Wir hatten uns vorgesehen. Das taten wir immer. Aber trotzdem nahm ich mir jedes Mal vor, dass es auf keinen Fall wieder passieren durfte. Und ich war sicher, mich an diesen Vorsatz halten zu können – bis er mich berührte und ich alles andere vergaß.
    In meinem Bauch blieb alles still. Vorläufig beruhigt, setzte ich meinen Weg durch den Flur fort.
    »Du kommst gerade rechtzeitig«, begrüßte mich Mom, als ich die Küche betrat. Sie stand am Tresen und goss Teig in eine Form. »Die erste Ladung ist schon im Ofen. Hier, probier mal.« Sie nahm den Mixer, zog die Quirle heraus und reichte mir einen, von dem der Teig nur so tropfte. »Ein kleines Häppchen vorweg.«
    Ich leckte den Teig ab und wusch anschließend den Quirl sauber. »Bombastisch. Nur ein paar Wochen Backerfahrung, und schon bist du die perfekte Küchenfee.«
    Sie lachte. »Als meine Tochter musst du mir natürlich Komplimente machen.«
    Ich schaute auf. Im Fenster über dem Küchentresen spiegelte sich die Gestalt meiner »Mutter«, die sich gerade die Hände an ihrer grünen Rüschenschürze abtrocknete. »Heute nach der Schule habe ich versucht, mir einen Käsetoast zu überbacken. Ich habe ihn so total verbrannt, dass der Cheddar zwischen den Brotscheiben verschmort ist.«
    »Warum hast du nichts gesagt? Ich hätte dir gerne einen neuen gemacht.«
    »Das war nicht mein erster Versuch. Das Ergebnis davor war

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