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Ocean Rose. Verwandlung (German Edition)

Ocean Rose. Verwandlung (German Edition)

Titel: Ocean Rose. Verwandlung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tricia Rayburn
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Bildschirm erwachte aus dem Energiesparmodus und wurde hell.
    Vor mir erschien ein blaues Passwortfeld. Ich betrachtete es erst deprimiert, dann hoffnungsvoll. Zwar hatte ich keine Ahnung, wie das Passwort lautete, aber immerhin bewies es, dass Dad den Inhalt seines Computers schützen wollte.
    Das erste Wort, das mir in den Sinn kam, war Jacqueline. Ich tippte Moms Namen ein und hielt den Atem an, während sich die kleine Eieruhr auf dem Bildschirm drehte. Ein paar Sekunden später erschien wieder das blaue Feld.
    Ungültiges Passwort.
    Moms Name war es also nicht. Als Nächstes tippte ich meinen eigenen ein, dann Justines. Jedes Mal erwartete ich, dass ich die Anzahl falscher Versuche überschritt und aus dem Programm geworfen würde, aber das geschah nicht. Also versuchte ich es mit Newton – dem Namen von Dads College –, dann mit Hemingway und Fitzgerald – seinen Lieblingsschriftstellern – und schließlich mit Mad Dad und Big Papa – den beiden am häufigsten gebrauchten Spitznamen, die Justine und ich ihm ausgesucht hatten.
    Ungültig, ungültig, ungültig.
    Meine Finger schwebten unschlüssig über den Tasten, während ich auf den blinkenden Cursor starrte. Es gab noch einen weiteren Namen, den ich ausprobieren konnte. Alles in mir sträubte sich dagegen. Ich wollte den Namen nicht einmal denken, geschweige denn ihn in Dads Tasten tippen. Aber die meisten Leute benutzten als Passwörter nun einmal Personen oder Orte, die ihnen wichtig waren, auch wenn alle Sicherheitsexperten davor warnten. Und von unserer kleinen Familie abgesehen, fiel mir nur eine Person ein, die Dad wichtig genug finden konnte. Noch dazu kannte diesen Namen nur er selbst und niemand sonst.
    Zumindest glaubte er das.
    Langsam drückte ich die Tasten herunter und sah die Buchstaben auf dem Bildschirm erscheinen. Als ich fertig war, starrte ich darauf und erinnerte mich an das erste Mal, als ich den Namen in Oma Bettys Zimmer gelesen hatte. Nur ein weiterer unbekannter Name zwischen all den Sirenen und Männeropfern in Rainas Scrapbook, aber dieser hatte sich mir ins Gedächtnis gegraben. Denn über ihm hatte ein vergilbtes Foto geklebt, das eine wunderschöne Frau in den Armen eines jungen Mannes zeigte. Er hatte eine krisselige Haarmähne und warme Augen gehabt, die so selig strahlten, als könnte er auf der Stelle vor Glück sterben. Und in dem zugehörigen Text hatte gestanden, das glückliche Paar hätte zusammen ein Kind bekommen.
    Der Name der Frau war Charlotte Bleu.
    Der Mann war Big Papa.
    Das Kind war ich.
    Irgendwo im Haus schlug eine Tür zu. Das plötzliche Geräusch ließ mich zusammenzucken, und mein Finger über der Return-Taste schnellte nach unten.
    Die Eieruhr begann zu rotieren. Jede Umdrehung schien mehrere Minuten zu dauern. Ich starrte auf den Bildschirm und wartete darauf, dass das blaue Feld wieder erschien, um mich nach einem weiteren Passwort zu fragen.
    Stattdessen öffnete sich die Desktop-Seite voller Dateien mit kryptischen Namen. Es gab so viele davon, dass sie übereinandergeschoben waren wie Spielkarten beim Solitaire.
    Meine Hand schien sich ganz von selbst zu bewegen, und der Cursor glitt zu einem Dokument genau in der Mitte des Bildschirms. Es trug den Titel W0198.
    Unter mir begann der Stuhl zu vibrieren, und ich nahm an, dass ich aus Nervosität am ganzen Körper zitterte. Aber dann stellte ich fest, dass der Bildschirm, die gerahmten Fotos und eine Kaffeetasse in dem wackeligen Bücherregal ebenfalls bebten. Nicht durchgängig, sondern in einem gleichmäßigen Rhythmus.
    Gleich darauf hörte ich Schritte. Langsame, schwere Schritte von einem müden, massigen Körper.
    Dad. Er hatte die Veranda verlassen … und kam nun immer näher.
    Ich sprang vom Stuhl hoch, stieß mir den Kopf an der niedrigen Schräge und biss mir auf die Lippe, um bloß keinen Laut von mir zu geben. Hastig schnappte ich mir den roten Wollpulli, der über der Lehne hing, und kletterte über die Klausuren. Meine Turnschuhspitze berührte den obersten Hefter und brachte den Turm ins Rutschen, so dass Blätter in alle Richtungen wehten. Während ich auf den Knien herumkrabbelte und sie einsammelte, wurden die Schritte immer lauter.
    Ich warf die Hefter oben auf den Stapel, richtete mich auf und griff nach einer Kaffeetasse, die hinter einem Bücherberg gestanden hatte.
    Die Schritte verlangsamten sich, dann stoppten sie ganz. Ein Schatten legte sich vor das Licht, das durch die Türritze drang. Gleichzeitig schien das Licht im

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