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Ocean Rose. Verwandlung (German Edition)

Ocean Rose. Verwandlung (German Edition)

Titel: Ocean Rose. Verwandlung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tricia Rayburn
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geduckt in die nächste Regalreihe. Erst in der Nähe des Ausleihtresens wagte ich es, mich aufzurichten und den Kopf zu heben. Ich traute mich allerdings nicht, mich umzuschauen, ob er mir folgte. Stattdessen rannte ich einfach nur auf den Ausgang zu.
    Da eigentlich Unterrichtszeit war, befand sich niemand in den Korridoren außer einige Lehrer, die sich vor dem Direktionsbüro unterhielten. Ich bemühte mich, ein normales Tempo anzuschlagen, doch dann hörte ich die Bibliothekstür aufgehen. Im Eiltempo lief ich auf das erste Zimmer zu, das kein Klassenschild trug, und stürzte hinein.
    »Vanessa!«
    Diese Stimme hätte ich jederzeit erkannt.
    Miss Mulligan. Ich hatte mir auf meiner Flucht genau den Ort ausgesucht, an dem ich am wenigsten sein wollte: das Büro der Schülerberatung. Während ich mich umdrehte, warf ich einen Blick auf die Wanduhr und stellte fest, dass es Viertel vor zwölf war.
    »Tut mir leid, dass ich zu spät komme«, entschuldigte ich mich.
    »Mach dir darüber keine Gedanken. Ich freue mich, dass du hier bist.«
    Miss Mulligan wartete, bis ich mich gesetzt hatte, dann schloss sie die Tür hinter mir, als befürchtete sie einen Fluchtversuch. Ich schaute mich um, während sie in einem Büroschrank nach meinen Unterlagen kramte. Wenn Eltern ihre Kinder in teure Schulen wie die Hawthorne steckten, dann wollten sie damit vor allem die Chancen für eine Aufnahme in ein Elite-College erhöhen. Daher hatten Miss Mulligan und ich in den letzten drei Jahren eine ganze Menge Zeit mit Beratungsgesprächen verbracht. In gewisser Weise war ihr Büro mit den gerahmten Urkunden und der College-Werbung an den Wänden für mich einer der vertrautesten Orte der Schule.
    Doch im Moment fühlte es sich an, als sei ich nie zuvor hier gewesen.
    »Also dann«, sagte sie und setzte sich mir gegenüber an ihren Schreibtisch. »Dartmouth?«
    »Ich verstehe nicht …«
    »Bei unserem letzten Treffen hast du gesagt, dass Dartmouth deine erste Wahl ist.« Sie hielt mir einen Zettel mit Gesprächsnotizen hin.
    »Oh. Ja, stimmt.« Jetzt fiel es mir wieder ein. Letztes Frühjahr hatte Miss Mulligan darauf bestanden, dass ich ihr ein Wunsch-College nannte, damit wir auf ein klar definiertes Ziel hinarbeiten konnten. Ich hatte Dartmouth gesagt, denn natürlich hatte ich geglaubt, dass Justine dort anfangen würde. Mich kümmerte nicht so sehr der akademische Ruf der Colleges oder die Ausbildungsplätze, die sie vermittelten, sondern ich wollte einfach nur meiner Schwester nahe sein.
    »Hast du deine Meinung geändert?«, fragte Miss Mulligan.
    »Ich habe mir wenig Gedanken gemacht.«
    Sie klappte meine Akte zu und stützte sich mit überkreuzten Armen auf den Tisch. »Natürlich. Das verstehe ich gut.«
    Ich bereitete mich auf die übliche Litanei vor: Beileid für den tragischen Verlust, Mitleid mit Justine, Mitleid mit mir. Brauchte ich irgendwelche Hilfe? »Mein Vater ist gestorben, als ich siebzehn war.«
    Oder noch schlimmer: eine geballte Ladung Einfühlung.
    »Er war lange krank, und wir wussten, dass das Ende näher kam. Also bereiteten wir uns innerlich so gut darauf vor, wie wir konnten, aber als er schließlich starb, war es dennoch ein Schock. Ich habe wochenlang geweint.«
    »Tut mir leid für Sie«, sagte ich.
    Sie beugte sich zu mir vor. »Weißt du, was mir damals geholfen hat?«
    »Zur Schule zu gehen?«
    »Mich aufs College vorzubereiten. Pläne zu schmieden, zu organisieren und mir auszumalen, wo ich in sechs Monaten, in einem Jahr oder in fünf Jahren sein würde.« Sie lehnte sich wieder zurück und musterte mich. »Justine war eine exzellente Schülerin. Wie sie mir mitgeteilt hat, wurde sie von allen dreizehn Colleges, an denen sie sich beworben hatte, tatsächlich angenommen.«
    Ich schluckte die Antwort hinunter, die mir auf den Lippen lag. Miss Mulligan brauchte nicht zu wissen, dass Justine gelogen hatte. In Wirklichkeit hatte sie sich an keinem der Colleges beworben. Doch diese Tatsache hatte sie geschickt für sich behalten. Ich selbst hatte die Wahrheit erst am Tag ihres Begräbnisses erfahren, als ich ein leeres Bewerbungsformular unter den Fotos an ihrer Pinnwand entdeckt hatte.
    »Deine Schwester wusste, wie wichtig eine gute Ausbildung ist. Sie würde nicht wollen, dass du ihretwegen deine Zukunft riskierst, Vanessa.«
    »Stimmt, Sie haben recht, und ich werde bestimmt darüber nachdenken«, erwiderte ich. »Bald. Ausführlich.«
    Miss Mulligan kniff die Lippen zusammen und bekam einen

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