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Ochajon 02 - Am Anfang war das Wort

Ochajon 02 - Am Anfang war das Wort

Titel: Ochajon 02 - Am Anfang war das Wort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Batya Gur
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durchstehen.« Er schaute Michael an, aber der sagte kein Wort.
    Klein räusperte sich wieder und sagte mit deutlicher Verlegenheit: »Vielleicht habe ich mir das sogar gewünscht, was weiß ich. Der Mensch ist so kompliziert ...«
    »Und Sie bleiben dabei, daß Sie ihn nicht umgebracht haben?« fragte Michael plötzlich hart. Klein blickte ihn an und verschränkte die Arme. Er schüttelte ein paarmal den Kopf und sagte ernst, als wäge er jedes Wort sorgfältig ab: »Nein, natürlich nicht. Ich habe ihn nur am Donnerstag gesehen, und am Freitag lebte er noch. Und außerdem glaube ich nicht, daß Sie ernsthaft annehmen, ich hätte einen Grund dafür gehabt.«
    »Haben Sie nicht vorhin selbst gesagt, daß er alles zerstört hat?« fragte Michael mit unterdrücktem Zorn. »Und wenn Sie behaupten, Sie hätten ihn danach nicht mehr gesehen, so müssen wir nachprüfen, um wieviel Uhr Sie am Freitag nachmittag in Rosch-Pina angekommen sind.«
    »Aber ich habe Ihnen doch gesagt ...« protestierte Klein, dann schwieg er. »Gut, ich kann wirklich nicht erwarten, daß Sie mir glauben. Aber Sie können sich darauf verlassen, daß ich es nicht geschafft hätte, mich auf dem Har ha-Zofim zu verstecken, und es gibt keine Möglichkeit, ungesehen auf den Campus zu kommen. Ich habe die Universität vor Sonntag nicht betreten.«
    »Sind Sie sicher, daß Ido Ihnen keine Kassette übergeben hat?« fragte Michael plötzlich, nach einem kurzen Schweigen.
    Klein schüttelte den Kopf. »Natürlich bin ich sicher. Außerdem hätte ich das nicht verheimlichen müssen. Ich versichere Ihnen, daß ich keine Ahnung habe, welche Drohung Ido gegen Tirosch in der Hand hatte, ich habe keine Ahnung.«
    »Ich möchte noch einen Punkt klären«, sagte Michael, als handle es sich um ein wissenschaftliches Problem. »Sie hat-ten Angst, daß Tirosch Sie erpressen würde? Daß er diese Information über Ihr Doppelleben verwenden würde?«
    Klein schüttelte nachdrücklich den Kopf. »Nein, ich hatte keine Angst. Wenn Sie Tirosch gekannt hätten, würden Sie das verstehen.«
    Michael wartete auf eine Erklärung. Klein sah aus, als suche er nach den richtigen Formulierungen.
    »Sie müssen verstehen«, sagte er langsam, »Scha'ul, wie soll ich es sagen, hat sich unterlegen gefühlt. Und jetzt gab es etwas, was ihn ernsthaft irritierte. Vielleicht wollte er sogar meine Hilfe, auch wenn er das natürlich nie in Worte gefaßt hätte. Er hat sich immer unterlegen gefühlt, trotz seines sicheren Auftretens, seines Hochmuts, und die ... die Information, die er über mich herausgefunden hatte, war vermutlich nicht zum Gebrauch nach außen hin bestimmt, und von Erpressen oder sonst etwas Dramatischem dieser Art kann nicht die Rede sein. Sie diente einem anderen Zweck. Sie sollte mir zeigen, daß er über mich gesiegt hatte, daß auch ich nicht vollkommen war, daß ich einen Flecken auf meiner weißen Weste hatte, eine Schwäche. So fühlte er sich weniger gedemütigt. Ich weiß nicht, ob Sie das verstehen, ob Sie solche Menschen kennengelernt haben.«
    Der Himmel wurde schon hell, als Michael Klein in den Sitzungsraum führte, nachdem er ihn für das Detektorverhör vorbereitet hatte. Dann saß er in seinem Zimmer und hörte sich die Aufnahme des Gesprächs an. Die Sitzung der Sonderkommission sollte um acht Uhr stattfinden, und Zila tippte das Material ab. Michael hatte seinen toten Punkt überwunden. Er fürchtete sich ein wenig vor der Sitzung und vor den Ratschlägen des Polizeichefs, die zu erwarten waren. Noch immer hatte er keine Ahnung, wer die Wahrheit sagte und wer log, und in dem ganzen Wirrwarr von Nichtwissen wuchs neuer Zorn in ihm. Idiot, der du bist, sagte er zu sich selbst, du mit deinen Phantasievorstellungen über Vollkommenheit und Integrität, plötzlich bist du so moralisch.
    Er vergrub das Gesicht in den Händen. Was soll das? fuhr die Stimme in seinem Inneren fort und protestierte: Weil ein Mann zwei Leben führt, soll er plötzlich keine Integrität haben? Was ist aus dir geworden, der König der Bürgerlichen? Und was ist mit Maja? Irgend etwas war mit ihm und Klein, er wußte nur nicht genau, was es war. Doch er hatte das starke Gefühl, daß es nichts mit dem Mord zu tun hatte, und nichts mit der Lüge. Ein ganz privater Zorn auf Klein, daß sogar er kein vollkommenes Leben führte, daß sogar er in etwas steckte, was man nicht ganz sauber nennen mußte. Warum kann niemand ein einfaches, richtiges Leben führen, wie es sein sollte? fragte

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