Ochajon 02 - Am Anfang war das Wort
dachte, daß sie in ein paar Jahren bestimmt einen Tröster gefunden hätte, daß sie nicht lange allein bleiben würde. Er schaffte es nicht, auch nur ein bißchen Mitleid für sie zu empfinden.
»Und die Sache mit den Preßluftflaschen«, sagte er langsam, »er war nicht noch einmal im Keller, Tirosch, meine ich?«
»Ich habe es doch schon gesagt, wie oft fragen Sie mich das noch? Woher soll ich das wissen, der Keller ist unten. Mir hat er nichts gesagt. Und überhaupt, was wollen Sie damit sagen? Daß er sie mit Gas gefüllt hat? Glauben Sie etwa, er hat mich so geliebt, daß er bereit war, meinen Mann umzubringen? Das ist doch absurd!« Sie wischte sich die Augen. »Und außerdem«, sagte sie, »ist er doch vor Ido gestorben, wie hätte er dann überhaupt ...« Und plötzlich war sie still. Dann sagte sie zögernd: »Was wollen Sie damit sagen? Daß er vorher in den Keller gegangen ist und die Preßluftflaschen mit Gas gefüllt hat? Warum hätte er das tun sollen? Der Keller war offen, das stimmt, aber ich weiß nicht, die Nachbarn ... Und wirklich, warum? Erklären Sie mir das.«
Michael wollte ihr antworten, daß die Nachbarn befragt worden seien und niemand etwas gesehen habe, doch dann hörte er das Klingeln des schwarzen Haustelefons, des internen.
»Wir haben die Liste. Bevor du Schaj zu dir reinholst, möchte ich dir etwas zeigen«, sagte Rafi Elfandari. »Es gibt hier etwas sehr Seltsames.«
»Ich bin schon fertig«, sagte Michael, »du kannst kommen.« Ohne ihn anzuschauen, nahm Ruth Duda'i die nassen Papiertaschentücher und warf sie in den Papierkorb unter seinem Schreibtisch, dann stand sie schwerfällig und zögernd auf.
Michael begleitete sie zur Tür und warf einen Blick in den Korridor. Tuwja Schaj saß wie die vorigen Male da, unbeteiligt, blicklos. Rafi Elfandari bog um die Ecke, zwei Tassen Kaffee in den Händen und eine Mappe unter den Arm geklemmt. Vorsichtig betrat er das Zimmer. Michael schloß hinter ihm die Tür und betrachtete die dünne Mappe.
»Wie ich heute morgen auf der Sitzung gesagt habe, wir waren nahe dran. Das ist ein Typ, dieser Mu'alem, das kann ich dir sagen.«
»Was habt ihr Seltsames gefunden?« fragte Michael und betrachtete die lange Liste, die in der braunen Mappe lag. »Schau mal, ob du es findest oder ob ich spinne«, antwortete Elfandari und nahm einen Schluck Kaffee.
Gehorsam fuhr Michael mit dem Finger die Spalte entlang, die alle Besteller von Kohlenmonoxydflaschen des letzten Monats enthielt. Elfandari hatte die Liste alphabetisch sortiert und mit einem roten Stift alle Bestellungen markiert, die aus Jerusalem gekommen waren. Einige Händler waren darunter, die meisten aus dem Bezirk Tel Aviv, aber auch welche aus Haifa und kleineren Städten. In Jerusalem, stellte Michael fest, hatte irgendein privates medizinisches Labor große Behälter bestellt, außerdem ein Krankenhauslabor. Und Professor Arie Klein, Hebräische Universität Jerusalem.
Daneben stand der Name des Händlers, der Klein zwei kleine Behälter Kohlenmonoxyd geschickt hatte. Die Bestellung war zwei Wochen vor dem Tod Ido Duda'is aufgegeben worden, Klein war damals in New York.
»Wie wurde die Lieferung bezahlt?« fragte Michael und umklammerte seine Kaffeetasse.
»Ich bin hingefahren, um mir den Händler mal persönlich anzusehen. Heute morgen war ich in Tel Aviv, ohne Mu'alem«, sagte Elfandari und ordnete sein helles Hemd, das ihm wie immer aus der Hose rutschte. »Der Händler hat gesagt, der Auftrag wäre im voraus bezahlt worden, bar, das Geld ist in einem Briefumschlag an den Händler geschickt worden. Die Sekretärin hat sich genau daran erinnert, weil sie sonst immer eine Rechnung schreiben muß, höchstens wird mal mit Scheck bezahlt. Aber damals war es ein weißer Umschlag, und die Geldscheine waren zusammengelegt und in weißes Papier gewickelt.«
»Und wohin haben sie die Flaschen geschickt?« fragte Michael. Rafi Elfandari antwortete: »An die Hebräische Universität in Jerusalem, Abteilung für Literatur, zu Händen Professor Klein. Ich habe es schon geklärt, es war ein ziemlich kleines Paket, aber nicht klein genug, daß es in sein Fach gepaßt hat, also, was machen sie in einem solchen Fall dort an der Universität, sie legen einen Zettel in das Fach, daß er ein Paket bei der Poststelle der Universität abholen soll, und er geht hin und holt es sich ab. Aber er war im Ausland, deshalb bin ich zu der Poststelle gegangen und habe unter dem Datum nachgeschaut, und
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