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Ochajon 03 - Du sollst nicht begehren

Ochajon 03 - Du sollst nicht begehren

Titel: Ochajon 03 - Du sollst nicht begehren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Batya Gur
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Simcha stützte mit festem Griff ihren Kopf, hörte den rasselnden Atem und spürte die Krämpfe des Erbrechens an ihrem Körper. Nach einer Weile hörte Osnat auf, sich zu übergeben. Simcha streichelte über ihren Kopf, schob die Haare zurück, die an der Stirn klebten, und wollte schon gehen, um ein Handtuch und Wasser zu holen. Doch da stieß Osnat einen heiseren Ton aus, und ihr Kopf fiel zurück.
    Simcha hatte schon genug Tote gesehen, und obwohl sie sich weigerte, es zu glauben, wußte sie doch, daß diese Frau tot war. Einen Moment lang stand sie wie erstarrt da und betrachtete die Frau, ob sie wohl noch atmete, doch die schmerzverzerrten Lippen bewegten sich nicht, und als Simcha ihr Ohr an das entstellte Gesicht hielt, nahm sie keine Bewegung wahr.
    Sie wußte, was sie zu tun hatte. Sie rannte zum Telefon und wählte die Nummer der Ambulanz. Dort war Riki damit beschäftigt, Medikamente auszuteilen, Verbände zu erneuern und all die anderen Tätigkeiten auszuführen, die ihr an den Tagen oblagen, an denen der Arzt nicht im Kibbuz war. Keuchend und nach Luft schnappend kam Riki angerannt. Nach ihr betrat ein Mann das Isolierzim mer, und Riki schrie ihm zu: »Mojsch, Mojsch, komm schnell her.«
    Simcha stand in der Tür und sah zu, wie die Krankenschwester Mund-zu-Mund-Beatmung und Herzmassage an der Kranken vornahm, die sie selbst im stillen bereits »die Verstorbene« oder »die Ärmste« nannte, denn ihr war klar, daß nichts sie ins Leben zurückrufen würde, obwohl man die Frau des Metzgers Ben Ja'akow tatsächlich wieder zum Leben gebracht hatte, nachdem man ihr so auf die Brust geschlagen hatte, wie es Riki jetzt bei Osnat tat. Aber die Frau des Metzgers war im Meer untergegangen und hatte kein Fieber von vierzig Grad gehabt.
    Inzwischen hatte der Mann, den Riki Mojsch genannt hatte, das Zimmer verlassen und telefonierte. Simcha hörte ihn schreien: »Mordi, schnell, bring den Krankenwagen, Osnat geht es sehr schlecht.« Und dann: »Nein, nein, Eli Reimer ist auf dem Weg zur Klinik, er ist vor einer Viertelstunde weggefahren, es gibt keine Möglichkeit, ihn abzufangen.«
    Der Krankenwagen war sofort da, und sie trugen Osnat hinein. Im letzten Moment kam Riki noch einmal zurück, durchwühlte den kleinen Abfalleimer, zog eine Ampulle und eine Spritze heraus, sagte zu Simcha: »Gib mir eine Plastiktüte«, und rannte hinaus zum Krankenwagen, der mit quietschenden Rädern losfuhr. Plötzlich war es wieder vollkommen still, und erst da traf Simcha der Gedanke, daß sie von ihrer Abwesenheit von der Krankenstation berich ten mußte und daß man ihr bestimmt die Schuld an Osnats Tod geben würde. Wenn sie die ganze Zeit dagewesen wäre, hätte sie die Krankenschwester eher rufen können, und die hätte vielleicht gewußt, was sie tun mußte, um Osnat zu retten. Panik ergriff Simcha bei dem Gedanken, daß sie gestehen müßte, zum Sekretariat gegangen zu sein und ihre Patienten allein gelassen zu haben. Ihr war klar, daß dies das Ende ihrer Arbeit hier bedeutete, und zugleich auch das Ende der Möglichkeit, Motti herzubringen. Sie betrachtete Felix, der dalag, als sei nichts geschehen, und mit offenen Augen an die Wand neben seinem Bett starrte, zusammengekrümmt wie ein Säugling, so wie er den ganzen letzten Monat gelegen hatte. Bracha hingegen schlief friedlich, wie immer nach dem Mittagessen. Sie würde auch nicht aufwachen, bevor die Ablösung kam, das wußte Simcha. Sie überlegte, ob sie nicht einfach verschweigen konnte, daß sie weggewesen war, schließlich hatte sie keiner gesehen, und nur so würde sie nicht alles verlieren.
    Sie wischte sich die Stirn ab, zog den blauen Kittel aus, der von dem Erbrochenen beschmutzt war, und ging in das dritte Zimmer. Mit aller Kraft, die ihre Angst ihr eingab, zog sie das Bett ab, wusch das Erbrochene aus der Bettwäsche und ihrem Kittel und warf die Sachen in den Korb für die schmutzige Wäsche. Dann bürstete sie die Matratze aus, bezog das Bett mit frischer, duftender Wäsche und putzte zweimal den Boden. Als sie fertig war und das Zimmer wieder so sauber aussah wie vormittags, bevor die ganze Aufregung begonnen hatte, fühlte sie sich erleichtert. Ihre Panik ließ nach, sie sagte sich, daß sie ohnehin nichts hätte tun können, um Osnat zu retten, selbst wenn sie die ganze Zeit anwesend gewesen wäre. Und bestimmt hätte auch die Krankenschwester, selbst wenn man sie rechtzeitig gerufen hätte, nichts tun können. Aber eine innere Stimme sagte ihr, daß

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