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Ochajon 03 - Du sollst nicht begehren

Ochajon 03 - Du sollst nicht begehren

Titel: Ochajon 03 - Du sollst nicht begehren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Batya Gur
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dann, das Wort ›Idee‹ betonend. »Dieser Glaube an die Menschheit. Die Vorstellung, Menschen könnten wirklich gleichberechtigt miteinander leben, noch dazu Juden! Kein Wunder, daß Osnat wie eine Löwin gekämpft hat. Wäre sie noch stärker gewesen, wäre sie von dort weggegangen.« Er bedeckte das Gesicht mit den Händen, genau auf die Art, wie Mojsch es getan hatte. »Osnats Geschichte bricht mir das Herz. Eine Tragödie, wie man es auch betrachtet. Sogar die vier Kinder, ihre Ehe mit Juwik, Dworkas stolzestem Produkt, der nichts anderes war als ein Bulldozer auf dem Feld, aber daheim ein Holzklotz. Mit all seinen Kursen bei der Marine. Nie im Leben war er mit sich selbst konfrontiert. Nicht daß ich in dieser Hinsicht weit gekommen wäre, aber der Tod von Srulke, Mojschs Vater, und der Tod Osnats haben bei mir etwas bewirkt, ich weiß nicht, was. Vielleicht habe ich begriffen, daß wir nicht viel Zeit haben.«
    An dieser Stelle, genau in dem Moment, als Michael das Gespräch über weitere Personen und Verdachtsmomente noch vertiefen wollte, über Mojsch, über Dworka – genau in diesem Moment stöhnte Meros auf und sagte: »Ich fühle mich nicht wohl.«
    Er legte den Kopf zurück, an die Sessellehne, und verlor das Bewußtsein. Michael rannte zum Telefon und bat um einen Arzt. Dann beatmete er Meros durch Mund-zu-Mund-Beatmung, bis der Notfallwagen ankam und der Arzt einen Herzanfall feststellte. »Wie schlimm es ist, können wir erst nach einer genaueren Untersuchung wissen«, sagte er, als seine Wiederbelebungsversuche dazu geführt hatten, daß Meros stabil atmete und sein Gesicht wieder Farbe annahm. Als sie im Krankenhaus ankamen – Michael war mitgefahren, nachdem er sich ausgewiesen hatte – war Meros wieder bei Besinnung, aber an eine Fortsetzung ihres Gesprächs war vorläufig nicht zu denken.
     
    »Weißt du, um was du bittest?« fragte Schorer rein rhetorisch. »Wenn es jetzt nicht mitten in der Nacht wäre und wenn ich nicht wüßte, was für einen Tag du hinter dir hast, würde ich dich zusammenschnauzen. Bist du denn kom plett verrückt geworden? Ich kann so etwas nicht machen, noch dazu jetzt, bei all den Problemen, die die Kibbuzim heute haben. Weißt du, was das für ein Skandal wird? Stell dir doch nur die Schlagzeilen in den Zeitungen vor! Das ist mein Ende, wenn sie das herausbekommen.«
    Michael nahm einen Schluck Kaffee, verzog das Gesicht und blickte sich um. »Und du – sitz du nicht so ruhig da, als wäre das alles nichts«, zischte Schorer. »Du nützt die Situation aus. Und was ist mit dem Mädchen? Glaubst du, das ist ein Witz? Dort läuft ein Psychopath frei herum. Willst du sie in Gefahr bringen? Und wenn sie es herausfinden ...« Plötzlich schüttelte er sich. »Und überhaupt ist das keine Entscheidung des Polizeipräsidenten, eine solche Entscheidung muß auf Ministerebene getroffen werden.« Er trank seinen letzten Schluck Bier und wischte sich über die Stelle, an der einmal sein berühmter Schnurrbart geprangt hatte.
    Michael schwieg.
    »Warte wenigstens noch ein bißchen damit«, sagte Schorer schließlich flehend.
    Michael schaute ihn an, dann sagte er wie jemand, der zu allem entschlossen ist: »Es hat keinen Sinn, die Sache noch länger hinauszuschieben. Niemand wird es herausbekommen, das verspreche ich dir.«
    Schorer stieß ein glucksendes Geräusch aus. »Was denn, du bist jetzt sogar zum Propheten geworden? Du weißt doch genau, daß man so etwas nicht voraussagen kann. Man muß sich auf einen Skandal einstellen, als reale Möglichkeit. Das ist keine rein theoretische Gefahr.«
    »Gib mir die Genehmigung, und ich verspreche dir, die Verantwortung auf meine Schultern zu nehmen. Wenn sie es herausbekommen, werde ich sagen, daß ...«
    »Rede keinen Unsinn«, fauchte Schorer. »Entweder ich lasse mich darauf ein oder nicht, und man müßte verrückt sein, sich darauf einzulassen. Weißt du, was eine Krankenschwester im Kibbuz für eine Rolle spielt? Die Klagemauer ist ein Dreck dagegen. Sie weiß alles, buchstäblich alles!«
    »Das ist mir heute klargeworden«, sagte Michael. »Ich habe einiges von dieser Schwester erfahren.«
    »Etwas Wichtiges?« fragte Schorer.
    »Was weiß ich? Woher soll ich das jetzt schon wissen? Vielleicht. Es gibt dort einen ... Wieviel möchtest du denn erfahren?«
    »Natürlich alles. Wozu sitzen wir denn hier, oder?«
    »Das ist richtig«, sagte Michael. Er schaute sich um. Sie waren die beiden einzigen in der Eingangshalle des

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