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Ochajon 04 - Das Lied der Koenige

Ochajon 04 - Das Lied der Koenige

Titel: Ochajon 04 - Das Lied der Koenige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Batya Gur
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zuerst, wie viele Ersatzsaiten sie vor der Probe zu Hause hatte«, sagte Michael, der hastig at mete.
    »Wie viele Ersatzsaiten hatten Sie vor der Probe zu Hause?« fragte Dr. Schumer mit mechanischem Ton.
    Sie zog die Augenbrauen zusammen. »Drei«, erwiderte sie. »Die a-Saite ist gerissen. Ich habe sie gewechselt.«
    »Drei Saiten, bevor sie die Saite gewechselt hat oder danach?« flüsterte Michael.
    Dr. Schumer wiederholte die Frage. »Vorher«, sagte sie zögernd. »Drei, bevor ich die Saite gewechselt habe.«
    »Sie soll noch mal sagen, welche Saite genau sie gewechselt hat«, flüsterte Michael aufgeregt Dr. Schumer zu und horchte, wie Dr. Schumer die Frage wiederholte.
    »Die a-Saite«, antwortete sie sachlich.
    »Bewahrt sie noch mehr Saiten zu Hause auf?« flüsterte Michael, und Schumer wiederholte die Frage.
    »Es kann sein«, sagte sie nachdenklich. »In dem Einbauschrank, oben, wo mein altes Cello liegt, auf dem ich seit Jahren nicht gespielt habe. Dort liegt ein kompletter Satz.«
    Michael schluckte seinen Speichel und unterdrückte das Bedürfnis, sofort in die Wohnung zu fahren und die Sache zu überprüfen.
    »Jetzt fragen Sie sie nach der Probe«, sagte er knapp.
    Der Arzt rang mit sich, zögerte und sagte schließlich mit ruhiger Stimme: »Die Probe ist zu Ende.«
    Nita nickte.
    »Was machen Sie?« fragte er.
    Sie öffnete weit die Augen. »Ich lege das Cello hin. Ich will das Cello hinlegen. Mein Koffer ist nicht da. Ich muß ihn suchen. Ich frage Awigdor. Sie haben die Koffer nach hinten gebracht.«
    »Sie gehen hinter die Bühne?«
    Sie nickte.
    »Mit dem Cello in der Hand?«
    Sie nickte wieder.
    »Haben Sie den Koffer gefunden?«
    »Er ist hinter der Wand. Ich muß das Cello in Theos Zimmer bringen. Ich darf es nicht so liegen lassen. Es ist mein Cello. Mein Amati.«
    »Gehen Sie in Theos Büro?«
    »Ich gehe in Theos Büro«, sagte sie in einem entschlossenen Ton. »Die Tür ist offen. Sie ist nicht verschlossen.«
    »Ist Theo im Raum?«
    »Er telefoniert. Er spricht. Er sagt: ›Es kommt überhaupt nicht in Frage.‹ Er sieht mich und hört auf zu sprechen. Er wartet, daß ich aus den Raum gehe. Ich stelle das Cello in den großen Schrank. Wie früher. Wie immer.« Ihre dunklen Brauen waren erstaunt und angestrengt zusammengezogen.
    »Verlassen Sie den Raum?«
    »Theo sagt: ›Ich rufe später noch einmal an‹ und legt den Hörer auf.«
    »Verlassen Sie gemeinsam den Raum?«
    »Ich muß zur Toilette«, sagte sie plötzlich.
    »Jetzt?«
    »Jetzt. Vor der Tür merke ich, daß ich zur Toilette muß. Ich will Theos Toilette benutzen.«
    »Hat Theo in seinem Büro eine eigene Toilette?«
    »Neben dem Büro ist ein sauberes Klo«, erklärte sie.
    »Und Theo?«
    »Er sperrt das Büro ab. Ich sage ihm, er soll auf mich war ten. Aber als ich rauskomme, ist er nicht da«, sagte sie überrascht. »Ich rufe Theo, Theo, aber er hört nicht. Er gibt mir keine Antwort. Ich gehe bis zum Ende des Korridors.«
    »Zurück zur Bühne?«
    Sie schüttelte heftig den Kopf. »Zur anderen Seite.«
    »Zu welcher anderen Seite?« fragte Michael hellhörig und ignorierte den warnenden Blick des Arztes.
    »Zu der hinteren Tür. Vielleicht ist Theo in diese Richtung gegangen.« Sie zitterte plötzlich.
    »Ist er da?«
    »Nein. Niemand ist da«, sagte sie wie ein enttäuschtes Kind.
    »Siehst du Gabi?«
    »Nein. Gabi ist auch nicht da. Das Licht funktioniert nicht.«
    »Was heißt das, das Licht funktioniert nicht. Ist es dunkel?«
    »Es ist dunkel. Man sieht nichts. Die Vorhänge sind zugezogen. Ich kehre um.«
    »Gehst du zurück in Theos Zimmer?«
    »Nein, Theo hat abgeschlossen«, erklärte sie wie ein Kind, das etwas selbstverständliches erläutert. »Zum Licht.«
    »Fürchten Sie sich im Dunkeln?« fragte der Arzt behutsam.
    »Alles ist so merkwürdig«, sagte sie und begann sich zu schütteln.
    »Sie gehen auf dem normalen Weg zurück zur Bühne«, sagte der Arzt. Sie beruhigte sich schlagartig.
    »Ich kehre zurück.«
    »Siehst du Gabi?« fragte Michael.
    »Gabi lehnt sich gegen den Pfeiler, wie üblich«, sagte sie und lächelte. »Er spricht mit jemandem. Ich höre Gabis Stimme.«
    »Was sagt er?« fragte Michael und spürte, wie sich sein Körper spannte, wie er auf dem Sprung war, während sein Herz in seinen Schläfen pochte.
    »Er sagt: ›Vivaldi ist mein Bereich.‹ Er ist böse.«
    »Mit wem spricht er?« fragte der Arzt.
    Wieder verzog sich ihr Gesicht und wurde kreidebleich. Die Brauen zogen sich

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