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Ochajon 05 - Denn die Seele ist in deiner Hand

Ochajon 05 - Denn die Seele ist in deiner Hand

Titel: Ochajon 05 - Denn die Seele ist in deiner Hand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Batya Gur
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winkte mit seinem Arm in ihre Richtung.
    »Na bitte«, sagte Balilati mit unverhohlenem Groll zu Michael, »gleich kommen auch noch Bachar und dein kleiner Bauer, und dann gibt es ein wahres Freudenfest. Statt mit einem konstruktiven Verhör dürfen wir die Zeit damit verbringen, alle zu beschwichtigen.
    »Kommen Sie, gehen Sie mit uns dorthin«, sagte Michael und deutete die Straße hinauf, »wir setzen uns mal kurz in meinen Wagen«, erklärte er an Balilati gewandt.
    »Zu spät«, entgegnete der Nachrichtenoffizier zornig, jedoch auch mit der ersichtlichen Genugtuung eines »ich hab’s dir ja gesagt«, als Jigal Chajun und Peter O’Brian schon gestikulierend auf sie zukamen.
    »Dschalal«, rief Jigal und legte seinen Arm um die Schultern des Jungen, der die Augen niederschlug, »seit gestern suche ich dich, wo hast du denn gesteckt?«
    Dschalal zuckte mit hilfloser Geste die Achseln.
    »Das ist Dschalal Ibn Mansur«, erklärte Jigal Chajun, »er ...«, setzte er an und sah zur Seite, »er arbeitet bei mir, er ist mein Arbeiter, geprüfter Elektrikergeselle, seit zwei Jahren bringe ich ihm die Arbeit bei, er ist in Ordnung.«
    »Wir haben ihn in dem verlassenen Haus in der Mordechai Hajehudi gefunden, es gibt dort so einen Lagerschuppen, wo er wohnt. Wenn er in Ordnung ist und bei Ihnen arbeitet, warum versteckt er sich dann?«, verlangte Balilati zu wissen, und sein Blick wanderte von dem gequälten, erschreckten Gesicht des Jun gen zu Jigals rundem, das sich gerötet hatte. Die kleinen hellen Augen des Nachrichtenoffiziers verengten sich in misstrauischer Verwunderung.
    Jigal Chajun öffnete den Mund, um etwas zu sagen, doch Balilati ließ ihn nicht zu Wort kommen. »Seid ihr zusammen?«, fragte er und setzte sofort nach, ohne die Antwort abzuwarten: »Wie kommt es dann, dass Sie nicht gewusst haben, wo er ist? Und warum treibt er sich hier ohne Genehmigung herum? Wenn er mit Ihnen zusammen ist, dann kriegen Sie jetzt auch Ärger, wegen Deckung, Beihilfe und Beschäftigung eines Menschen, der keine Aufenthaltserlaubnis innerhalb der grünen Linie hat.«
    »Was reden Sie da«, regte sich Jigal Chajun auf, »er hat einen Personalausweis, er ist israelischer Bürger, er wohnt in Ostjerusalem!«
    »Sie reden von dem da?«, fragte Balilati und deutete auf das blaue Plastikmäppchen, das er in der Hand hielt, »das ist eine viertklassige Fälschung. Schauen Sie, wie sie das Bild reingeklebt haben, hier, und sehen Sie den Stempel? Berührt er das Foto?«
    »Hab ich’s dir nicht gesagt, dass es einen Zusammenhang zwischen dem Verschwinden dieses Mädchens und den Arabern gibt? Hab ich’s dir gesagt oder nicht?«, flüsterte Balilati dicht an Michaels Ohr.
    »Ich kenne ihn auch«, griff Peter nun ein. »Dschalal ist einfach wunderbar ... und er hat nichts Böses getan ... das hat nichts zu tun mit ...« und er wedelte mit der Hand in Richtung der Schar von Polizisten, Nachbarn, Freiwilligen der Bürgerwehr und einer Gruppe junger Pfadfinder, die sich bereits vor dem Wohnblock zusammenscharten.
    »Könnten wir einen Moment zu meiner Mutter in die Wohnung gehen, um diese Angelegenheit zu regeln?«, fragte Jigal Chajun und deutete mit dem Kopf auf den Eingang des Wohnblocks.
    Balilati blickte Michael mit skeptischem Blick an. »Wir gehen hinein«, bestimmte Michael, »wir bringen das dort hinter uns.«
    Im Vorderhof des großen Wohnblocks stand die Nachbarin aus dem zweiten Stock mit einem kleinen Strohschemel in der Hand, den sie ins Gras stellte. »Setzen Sie sich, setzen Sie sich doch, Esther, wenn Sie nicht hineingehen wollen, dann setzen Sie sich ein bisschen hierher«, krähte sie mit ihrem lauten, schrillen Sopran, während sie Nesjas Mutter an der Schulter auf den Schemel drückte und einen inquisitorischen Blick auf die Gruppe der Männer warf. Als wollte sie deren Aufmerksamkeit auf ihre Gutherzigkeit lenken, kreischte sie dann noch lauter: »Setzen Sie sich, setzen Sie sich ein wenig, gönnen Sie Ihren Füßen etwas Ruhe.« Esther Chajun blieb gehorsam auf dem Schemel sitzen, während ihre halb geschlossenen Augen weiter die Polizisten ver folgten, die in den Höfen und Hauseingängen ausgeschwärmt waren. Ihre dunklen Finger, verunstaltet von jahrelangem Umgang mit Reinigungsmitteln und Lumpenauswringen, zerpflückten nun zarte, taufeuchte Kleestängel, die sie aus der Erde ausgerupft hatte. Sie schaute vor sich hin, vollkommen gleichgültig gegenüber den Personen, die sich ihr näherten, bis Jigal Chajun

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