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Ochajon 05 - Denn die Seele ist in deiner Hand

Ochajon 05 - Denn die Seele ist in deiner Hand

Titel: Ochajon 05 - Denn die Seele ist in deiner Hand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Batya Gur
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lässt ... jetzt will sie einen Bericht über diesen Fall und speziell über dich machen«, sagte sie zu Michael.
    »Da hat sie vorher aber noch ein paar andere Dinge zu tun,« gab Michael zurück, »bring sie in mein Büro. Ich will dort mit ihr sprechen, und sag ihr, dass wir sie zuallererst einiges fragen müssen, und danach sehen wir weiter.«
    »Du erlaubst ihr, dich zu interviewen?«, erschrak Eli Bachar, »du hast doch sonst nie ...«
    »Ich erlaube ihr gar nichts«, unterbrach ihn Michael und deckte mit seiner Hand das schwankende Flämmchen des Feuer zeugs ab. Er nahm einen Zug von der Zigarette, bevor er fort fuhr: »Vorläufig wird sie uns mal etwas erzählen, aber das muss man nicht herausstreichen.« Er wandte sich wieder an Zila: »Nimm du sie mit, ich möchte mit ihr auch in deiner Anwesenheit sprechen, und warte mit ihr in meinem Büro. Und du, Eli, lade sämtliche Angestellten von Rosenstein vor, zwei Sekretärinnen, zwei Anwärter, und den Kanzleipartner auch. Bestell sie zu uns herein. Vielleicht wissen sie etwas.«
    »Meinst du damit, ich soll inzwischen mit ihr reden?«, fragte Zila und blickte zu Orli Schoschan hinüber, die sich nicht von der Stelle gerührt hatte.
    »Ich verlass mich auf dich«, lächelte Michael, »dass du das Terrain sondierst. Sie ist vielleicht der letzte Mensch, der Zohra Baschari lebend gesehen hat.« Noch während des Redens verfolgte er den Blick der Journalistin, der offenbar auf dem Wohnblock auf der anderen Straßenseite ruhte.
    Auch er sah das übergewichtige Mädchen im blauen Trainings anzug, das sich bemühte, den Hund an ihrer Leine von den Rändern des Gehsteigs wegzuzerren. Seit Stunden steht dieses Mädchen da herum, ging ihm durch den Kopf, schaut alle Autos an, die halten, kommt nicht näher, fragt nichts. Steht dort und beob achtet alles. Der Hund kläffte schrill, als der Wagen der Spurensi cherung vor dem Haus bremste, und das Mädchen versuchte, ihn wieder zum Eingang des Wohnblocks zu ziehen, als habe das fla ckernde Blaulicht eine gefährliche Ausstrahlung. Der Journalistin, deren stummer Blick den beiden folgte, war anzusehen, dass sie etwas ausbrütete. Vielleicht wusste auch sie, dass Kinder erstaun liche Beobachter sein konnten, überlegte Michael, während er auf sie zuging, und dass man sich am besten mit den Nachbarn und vor allem den Kindern unterhielt, wenn man einen Mordfall untersuchte. Denn von den Klatschtanten des Viertels, die auf den ersten Blick immer so vielversprechend wirkten, war es schwierig, genaue Informationen zu erhalten. Ihre Vorurteile verformten auch Tatsachen, die sie mit eigenen Augen zu sehen vermeint hat ten, und ihre Sensationslust veranlasste sie, Einzelheiten dazuzudichten. Für Journalisten waren solche Klatschbasen allerdings eine Fundgrube, denn ihnen war die Wahrheit weniger wichtig als der Geschmack des Blutes. Michael unterzog die Journalistin einer unauffälligen Musterung: Ihre braunen, hervorquellenden Augen mit dem neutralen Blick sagten nichts über ihre Talente aus, und ihre Körperformen verloren sich in einem großen karierten Hemd.
    »Ich werde trotzdem ein paar Worte mit ihr wechseln«, sagte er schließlich.
    »Nimm dich in Acht vor ihr«, mahnte ihn Zila mit gedämpfter Stimme, »es wurde mir schon gesagt, dass sie gefährlich ist, erinnerst du dich an den Bericht über den früheren Generalinspektor, nach dem, wie ich gehört habe, seine Frau bald ein Jahr nicht mehr mit ihm geredet hatte? Wenn sie sich etwas oder jemanden vornimmt, ist das sein Ende. Sie hat eine spezielle Technik, haben sie mich gewarnt, sie fragt ganz unbedarft, tut kumpelhaft, verbringt Stunden mit ihrem Interviewpartner, sammelt sämtlichen Tratsch und Klatsch über ihn von den Leuten, schreibt Sachen, die er nicht gesagt hat, und stellt es so dar, als hätte er ihr das persönlich anvertraut. Abgesehen davon hat sie auch eine bestrickende Zunge. Denk dran, dass ich dich gewarnt habe.«
    »Wozu musst du mich da warnen«, sagte Michael mürrisch, »diesmal ist sie es, die befragt wird, nicht ich.«
    Zila neigte den Kopf mit skeptischem Blick: »Ich habe dir doch gesagt, dass sie dich ...«
    »Es ist irrelevant, was sie möchte.«
    »Manchmal frage ich mich wirklich ... egal. Jedenfalls kannst du es dir, in deiner Position, nicht erlauben, naiv zu sein.«
    »O.k. Wir schreiben ins Protokoll: Sie hat mich gewarnt«, seufzte Michael und trat zu Orli Schoschan.
    »Sie waren die Letzte, die Zohra lebend gesehen hat«, sagte er,

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