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Ochajon 06 - Und Feuer fiel vom Himmel

Ochajon 06 - Und Feuer fiel vom Himmel

Titel: Ochajon 06 - Und Feuer fiel vom Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Batya Gur
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Hinterkopf, voller Weisheit und heimlicher Echos, »nur eine, eine letzte.« Doch diese verführerische Stimme übersah dabei die nächste Zigarette. »Nicht einmal einen einzigen Zug«, hatte ihn Balilati gewarnt, »ich sag’s dir aus Erfahrung. Wie oft hab ich aufgehört, bis ich endlich aufgehört habe? Das ist nicht die eine Zigarette, die danach ist es; denn was hast du von einer Zigarette, wenn es nicht noch eine gibt? Eine lohnt sich nicht. Eine Zigarette ist der Zug in Hinblick auf den folgenden Zug. Eine Zigarette ist die kommende Zigarette. Und dann findest du dich sofort wieder dort, wo du warst.« Er legte den Kopf schräg, bedachte Michael mit einem speziell aufmerksamen Blick, lächelte plötzlich und sagte: »Du musst nur aufpassen, dass du nicht dick wirst, denn man findet Ersatzbefriedigung im Essen, und dann könnte dein Look beim Teufel sein. Denn wenn du dick wirst – dann rennen dir die Mädels nicht mehr so hinterher«, warnte er. »Aber eigentlich«, überlegte er dann laut, »bist du schließlich wie man so sagt, kein Typ für Surrogate – kein Süßstoff statt Zucker, kein Nescafé statt richtigem –, vielleicht kannst du ja in ein, zwei Jahren eine Zigarre rauchen, nach dem Essen, eine Zigarre ist ungefährlich, denn man zieht sie nicht in die Lunge …«
    Er aß nicht mehr als sonst und wurde auch nicht dicker, vielleicht weil es ihm nicht gelang einzuschlafen und er daher begonnen hatte, in der Nacht spazieren zu gehen – anfangs nur um den Block, danach weitere Strecken, und einmal gelangte er sogar bis zum Moschav Amindav, und eine Rotte Schäferhunde bedrohte ihn, bis ihn der Nachtwächter rettete.
    Der Ermittlungsbeamte, der in Nataschas Wohnung eintraf, nachdem Schraiber die Polizei alarmiert hatte, war es, der um zwei Uhr nachts anrief und zu Michael sagte: »Ich dachte, es würde Sie interessieren, denn wie ich von Zmira erfahren habe, beschäftigen Sie sich gerade mit den beiden Fällen vom Fernsehen.« (Zmira, die Koordinatorin der Abteilung, durch deren Hände sämtliches schriftliche Material ging und die für das Ganze verantwortlich war – von der Aktionssteuerung durch Arbeitsregelungen bis zu Materialtransfer und Akten –, wusste alles. Eine große Frau um die vierzig, die besonders stämmige Beine hatte und sich dennoch darauf versteifte, enge, kurze Röcke mit großen Hemden darüber anzuziehen, und einen kleinen, wippenden blonden Pferdeschwanz trug. Sie hatte von jeher eine spezielle Beziehung zu Michael gehabt und pflegte ihm von den Problemen zu erzählen, die sie mit den Männern hatte, und vor allem von den Schwierigkeiten, die ihr ihr halbwüchsiger Sohn bereitete.)
    »Kein Reifenaufschlitzen, wie sie es bei dem Sendewagen neben dem Haus von Rabbiner Obadiah gemacht haben, es ist nicht … soll ich ehrlich sein?«, resümierte der Polizist mit einer rhetorischen Frage. »Es stinkt zum Himmel – so etwas habe ich noch nie gesehen, wenn Sie verstehen, was ich meine … ich glaube nicht, dass es einen Zusammenhang gibt, aber nach zwei Todesfällen … zur Sicherheit.«
    Der Regen hatte momentan zwar aufgehört, doch es blies ein heftiger Wind. Pfützen glänzten auf der leeren Bazakstraße, und in der Dunkelheit zeichneten sich die monströsen Bulldozer wie stumme Tiere vor dem neuen Luxusviertel ab, das vor dem Scha’arei-Zedek-Krankenhaus hochgezogen wurde. Michael öffnete die Wagenfenster und sog die saubere Luft, den Geruch nach Regen und nasser Erde in seine Lungen ein. Für einen Augenblick hatte Jerusalem den Geruch des Hofes seiner Kindheit, den Geruch der Dämpfe, die aus der nassen Erde aufsteigen, und der Dunkelheit, in der keine Bedrohung liegt, sondern nur friedliche Sicherheit. Fast hätte man denken können, es sei eine gewöhnliche Stadt, deren Bewohner sich ruhig in ihre Zimmer zurückgezogen hatten und schliefen, als seien sie vor allem Bösen sicher. Da die Straßen leer waren – zwei Polizeistreifen waren unterwegs, und einige wenige Taxis strichen auf der Suche nach später Kundschaft langsam umher –, erreichte er innerhalb von sieben Minuten sein Ziel und parkte den Wagen, wie ihm der Ermittlungsbeamte erklärt hatte, in der Nissim-Bachar-Straße nahe dem Machane-Jehuda-Markt, vor den schmalen, steilen Stufen der Be’er-Scheva-Straße, die für Autos nicht zugänglich war. (»Es gibt schon einen Weg hineinzufahren«, hatte der Polizist zu ihm gesagt, »Jerusalemer kennen ihn, aber bis ich Ihnen den erklärt habe, sind Sie schon

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