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Ochajon 06 - Und Feuer fiel vom Himmel

Ochajon 06 - Und Feuer fiel vom Himmel

Titel: Ochajon 06 - Und Feuer fiel vom Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Batya Gur
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Schwester, die immer gut zu ihr gewesen war, nicht verletzen wollen. »Die Hand beißen, die dich füttert«, hätte ihre selige Mutter gesagt. Da brachte ihr Rachel einen großen Topf voll gefüllten Gemüses, ließ Dudi allein zu Hause, kam, um mit ihr die erste Chanukkakerze anzuzünden, brachte Krapfen, machte alles, als hätte sie selber nicht schon genug Ärger am Hals, als hätten sie Schimschi nicht verhaftet und alle … alles nur, damit Esti nicht allein war, und sie …
    Rachel Schimschi hatte keine andere Wahl, als die Frau ihres kleinen Bruders zu behüten. Sie hatte Maxim am überdachten Parkplatz der Fabrik abgepasst und ihm zugesehen, wie er den Lastwagen manövrierte, bis er in einer Reihe mit den anderen stand, den Motor abstellte und schwerfällig aus dem Wagen ausstieg, und danach hatte sie sich in ihren Formulierungen verstrickt (ihre Mutter hätte ihr geraten zu warten; zu warten, bis er daheim wäre – »mit einem hungrigen Mann kann man nicht reden«, hätte sie gesagt –, aber Rachel konnte nicht länger warten).
    Sie stand dicht neben ihm – sie ging ihm mit Mühe bis zur Brust, wer hätte je gedacht, dass sich dieser Junge zu einem solchen Riesen auswachsen würde – und blickte in seine kalten Augen. Sein breites, unrasiertes Gesicht hatte sich verschlossen gegenüber allem, was »nicht rundherum Tatsache ist«, wie er gerne sagte, und sie packte die totale Verzweiflung. Sein gleichgültiger Blick ließ sie plötzlich das Gefühl haben, als hätte man ihr auch ihre Kindheit geraubt. Schon etliche Male hatte sie ihm sagen wollen, er solle nicht vergessen; dass er nicht vergäße, wie sie ihn auf ihren Armen überallhin getragen hatte, wie sie ihn versorgt und vom Hort abgeholt, sich nie verspätet hatte. Und sie, was war sie schon gewesen? Ein zwölfjähriges Mädchen, das das Baby nicht weinen hören konnte. Ihre Mutter hatte alle Hände voll zu tun gehabt mit den ganzen Kindern, dem Haushalt und der Putzarbeit, die sie als Haushaltshilfe machte. Seine großen Augen, die sie permanent mit solcher Erwartung und solchem Vertrauen anblickten, machten sie wahnsinnig, und die Löckchen – im Säuglingsalter hätte man denken können, er würde blond –, und wie sie ihn liebte! Auch als er größer wurde, lief er ihr ständig überallhin nach, mit seinem kleinen Hasen, den sie ihm mitgebracht hatte und von dem er sich nie trennte – wo war dieser Hase überhaupt abgeblieben? –, und jetzt blickte er sie an wie irgendeine Fremde, als sei sie ein Störenfried, hörte sich an, was sie zu sagen hatte, mit ungläubigem Blick, als sie ihn um den Lastwagen und seine Hilfe dabei bat, drei weitere zu beschaffen, hörte, wie sie sagte, »wir stellen nichts mit ihnen an, mit den Lastwagen, nur für eine Nacht, nur für heute Nacht, wir beladen sie mit den Flaschen, laden sie ab und ihr bekommt die Laster zurück, als wär nichts. Und sagt nicht, dass ihr sie uns gegeben habt, sagt, wir hätten sie ohne Erlaubnis genommen, ihr werdet nicht mal mit reingezogen, ich schwör’s«, und fast hätte er sie angeschrien. Schließlich sagte er: »Vergiss es, da gibt’s nichts zu reden, du bist wohl völlig ausgerastet oder was, so eine blöde Idee hab ich im Leben noch nicht gehört.«
    Am Ausgang des Parkplatzes drehte sie sich um und sagte zu ihm: »Sag Esti, ich habe ihr gefülltes Gemüse gemacht, wie sie’s so gern mag.«
    »Du verwöhnst sie zu sehr«, rief er ihr hinterher, »willst du das dein Leben lang mit ihr machen? Nachher kriegt sie dann das Kind, und du? Bringst du ihr dann weiter jede Woche, jeden Tag, was sie so gern mag?«
    »Sag ihr, ich komm in einer Stunde«, rief sie zurück, »wir essen auch Krapfen und zünden die Kerze an, heute ist die erste für Chanukka fällig.«
    Nun stand sie in der Küche Esti gegenüber, die sich nach hinten auf die Anrichte stützte, und hörte sie wie aus weiter Ferne sagen: »Ich lass dich nicht allein, du brauchst so viele wie möglich und nicht so wenige wie möglich, also lass uns alle zusammenrufen, alle kommen mit dir.«
    »Ich hab keinen Führerschein«, murmelte Rachel Schimschi.
    »Aber ich hab einen und auch Sarit und Simi«, erinnerte sie Esti, »und es gibt noch … lass einmal auch die anderen … du musst nicht alles allein machen … ich geh und ruf Tiki an, du wirst schon sehen, was wird.«
    »Aber wie willst du mit dem Bauch tragen? Wie willst du Flaschenkästen schleppen? Das Zeug ist schwer, sogar wenn sie leer sind.«
    »Okay«,

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