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Ochajon 06 - Und Feuer fiel vom Himmel

Ochajon 06 - Und Feuer fiel vom Himmel

Titel: Ochajon 06 - Und Feuer fiel vom Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Batya Gur
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Zahnstocher, den er aus seiner Hemdtasche gezogen hatte.
    »In Rubins Zimmer?«, fragte Schorr.
    »Nein«, erwiderte Michael nach längerer Überlegung, »im Zwirnbau, am Schauplatz des ersten Mordes.«
    »Eine wahre Agatha Christie, ein echter Poirot«, murmelte Balilati, »dort wird die schicksalhafte Begegnung sein, und das wird ihm deiner Meinung nach den Mund öffnen?«
    »Einen Versuch ist es wert«, sagte Eli Bachar, »und das gibt uns auch die Möglichkeit …«
    Schorr blickte Michael beunruhigt an.
    »Dann brauchst du uns alle dort?«, fragte Nina, und Michael sah Schorr an, legte eine Hand auf seinen Arm und sagte: »Das werden wir nachher wissen, vorläufig seid ihr in Bereitschaft, ihr alle.«
    »Schaut euch das an, es wird schon hell draußen«, bemerkte Nina erstaunt, »und es sieht so aus, als ob der Regen aufgehört hätte, oder?«
    Statt einer Antwort klopfte es an der Tür. Auf der Schwelle stand Almaliach, der Kameramann, und fragte mit geschwollenen Augen, wann sie endlich mit ihm fertig wären, doch hinter ihm stieg eine Rauchfahne auf, und er machte Chefez Platz, der sich in die Tür stellte. »Kann ich mit Ihnen reden?«, fragte er Michael. »Ich muss mich mit Ihnen beraten wegen …« Er warf einen Blick auf die Anwesenden und verstummte.
    Michael trat auf den Gang hinaus und bedeutete Chefez, ihn zu dem kleinen Zimmer am Ende des Gangs zu begleiten. Dort entfernte er einen Stapel Akten von einem der Stühle und zeigte stumm darauf. Als er sich setzte, spürte er zum ersten Mal, wie müde er war. Er konnte sich nicht entscheiden, ob es die Hiobsbotschaft der Spurensicherung von dem verlorenen Haar war – worüber er noch kein Wort hatte verlauten lassen, nicht einmal Schorr gegenüber –, die seine Energie gebrochen hatte, ob der ununterbrochene Kontakt mit den Lebenden und den Toten und die vierundzwanzig Stunden ohne Schlaf das Erschöpfungsgefühl in seinen Gliedern verursachten, oder ob es darauf zurückzuführen war, dass er zu rauchen aufgehört hatte, auf diese merkwürdige Traurigkeit, die ihn befallen hatte – eine wirklich echte Trauer. Aber worüber? Über die Karawane treuer Zigaretten, die nach Jahren plötzlich abgerissen war, oder über das Gemisch aus Zeiten, Menschen, Lieben und Augenblicken des Lebens, die an dieser kostbaren Zigarettenkette hingen?
    Das Aufgeben des Rauchens, das eigentlich der Anfang eines gesunden Lebens hätte sein sollen, erschien ihm nur als das Ende vieler Leben und wie der Beginn eines Prozesses der Auflösung, ohne dass man wissen konnte, was es für ihn klären und was ihn weitertragen würde. Ein Fremder würde nie verstehen, dachte er, wie diese kleinen Kreaturen aus Papier, Tabak und Flamme sich zu der Feuersäule auf dieser langen Wanderschaft durch die Wüste wandelten … Michael erschrak über seinen Gedankengang. Er befürchtete, dass seine übertriebenen Relationen ebenfalls einer Krise entsprungen sein könnten, die daher rührte, dass er zu rauchen aufgehört hatte.
    »Kann ich hier rauchen?«, fragte Chefez und blickte auf den Rauch, der sich von der Zigarette in seiner Hand emporkräuselte, »ich hatte eigentlich völlig aufgehört, aber jetzt kann ich nicht mehr, das ist meine Erste nach drei Jahren«, sagte er und sog mit aller Kraft daran, »da sagen sie dir, es sei nicht gesund, aber am Ende stirbt man sowieso an irgendwas, wenn nicht an einem Herzinfarkt, bringen sie dich einfach um, ist es nicht so?«
    »Womit kann ich Ihnen helfen?«, fragte Michael und brach den Zahnstocher in seiner Hand in der Mitte entzwei.
    »Ich weiß nicht, was ich mit Mejuchas machen soll«, sagte Chefez hastig, »ich weiß nicht, was ich den Leuten sagen soll, wie ich in den Nachrichten damit umgehen soll, ob ich sagen soll oder nicht, dass er verhaftet wurde, dass er unter Mordverdacht steht, und am schlimmsten …« Er verstummte und studierte den Rest der Zigarette.
    »Am schlimmsten?«, sagte Michael nach einer langen Weile des Schweigens.
    »Am schlimmsten ist, dass man mir sagt, man hat mir gesagt … vorher, Balilati sagte zu mir, dass ich in der Früh mitteilen müsse, dass Benni Mejuchas … dass seine Produktion von ›Ido und Einam‹ weiterlaufe, als ob nichts sei? Wie kann ich so was sagen nach … immerhin ist der Mensch des Mordes verdächtig, in zwei, nein, drei Fällen, drei Menschen, und ich …«
    »Es gibt hier eine Angelegenheit, die Diskretion erfordert«, sagte Michael in warnendem Ton, »nur wenn Sie sich verpflichten, das

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