Ochajon 06 - Und Feuer fiel vom Himmel
verstaubte Glasplatte auf dem Schreibtisch und stützte seinen Ellbogen darauf. »Man brauchte den Mond! Es sind Aufnahmen mit Gemula, der Heldin der Geschichte, sie wandert in der Nacht über die Dächer, sie ist mondsüchtig. So ist das in Agnons Geschichte«, erklärte er. Eli Bachar schien es, als hörte er einen Anflug von Hochmut in dem letzten Satz, als wüsste Max Levin ganz genau, dass er, Eli Bachar, Agnons Geschichte nicht kannte. Das entsprach zwar den Tatsachen, er gedachte es jedoch nicht zuzugeben.
»Wie ich verstanden habe«, sagte Eli Bachar in sicherem Ton, »war Matti Cohen in der Nacht da, was hat er dort gemacht?«
»Ich habe erst heute früh davon gehört, dass er da war«, erwiderte Max Levin vorsichtig und bedachte Eli Bachar mit einem misstrauischen Blick, »er ist der Leiter der Produktionsabteilung, für die Etats verantwortlich, haben Sie ihn nicht gefragt? Er war doch gerade bei Ihnen, gestern Nacht kam er, um … aber was hat das damit zu tun?«
»Nichts«, erklärte Eli Bachar, »nur, soviel ich verstanden habe, kam er, um die Dreharbeiten einstellen zu lassen, hat er sie abgebrochen?«
»Niemand hat ihn dort gesehen, falls er gekommen ist, ist er unverrichteter Dinge wieder gegangen«, äußerte Max Levin geringschätzig, »diese Produktion wird niemand mittendrin abbrechen, sogar wenn es eine Ausnahme im Etat gibt … das ist nicht … das ist ein Projekt, das zu viele Leute angeht … zu ernst …«
»Wie kommt es dann«, fragte Eli Bachar, »wenn so viele Leute involviert sind und so viel Geld, und alle sogar mitten in der Nacht kommen … wie kann eine solche Fahrlässigkeit überhaupt möglich sein?«
Nun erzählte ihm Max Levin lang und breit von Tirzas Führungs- und Arbeitsstil, dass sie niemandem erlaubte, die Sachen anzurühren, die sie gemacht hatte, und wie sogar er, Max Levin, der seit über dreißig Jahren mit ihr zusammenarbeitete – »und glauben Sie mir, ich bin ein verantwortungsbewusster Mensch, sie wusste das ganz genau, und trotzdem hat sie nicht zugelassen, dass ich …«, er faltete seine schwieligen Hände und vertiefte sich in die schwarzen Ränder unter den großen Fingernägeln. »Niemand hätte etwas anrühren können«, fuhr er dann fort, »niemand war dafür verantwortlich, nur sie, und es ist … ich will nicht von Schuld sprechen, aber es ist nur ihre Schuld, und sie hätte das selbst zu Ihnen gesagt.« Dann verbreitete er sich über Tirzas Perfektionismus und über ihre Art, auf jedem Detail zu beharren, über all die Stunden der Arbeit, die sie zusammen geleistet hatten, er als Leiter der Requisite und sie als Leiterin der Kulissenabteilung, und darüber, dass trotz ihrer Pedanterie alle sie liebten und alle für sie zusammenhalfen – »alle, die Arbeiter, die Näherinnen, alle.« Besonders bei diesem Projekt von »Ido und Einam«, nicht so sehr aus Wertschätzung für Benni Mejuchas – »nicht dass sie ihn nicht geschätzt hätten, man schätzt ihn sehr, er ist ein bedeutender Regisseur, auch wenn sie ihn schon seit Jahren nicht mehr das machen lassen, was er will, aber er … er ist ein Mensch, der Distanz wahrt, nicht wirklich … er hat keine persönliche Beziehung zu anderen …« –, sondern um ihretwillen, denn Benni war ihr Mann. »So gut wie ihr Mann«, beeilte er sich zu präzisieren, »denn sie lebten schon sechs, sieben Jahre zusammen, seitdem sie sich von Rubin hatte scheiden lassen, aber Rubin ist auch Benni Mejuchas’ Freund, bis heute, auch wenn seine Frau …«, und er wischte sich die Augen und hielt eine geraume Weile inne.
»Diese ganzen Details sind unwichtig, es ist ein schreckliches Unglück«, fasste er schließlich zusammen, »aber kein anderer ist schuld daran. Es ist schrecklich, das zu sagen, aber nur Tirza ist schuld. Das heißt, nicht ›schuld‹, sondern verantwortlich … ich meine …« Er hörte zu reden auf und sah Eli Bachar unglücklich an. »Wie man es auch zu umschreiben versucht – es hört sich übel an«, fuhr er danach fort, »aber es ist die Wahrheit, ich sage es Ihnen, und jeder wird es Ihnen sagen, auch Avi, der Beleuchtungstechniker, alle werden Ihnen sagen …«
»Wissen Sie«, sagte Eli Bachar in nachdenklichem Ton, den er sich für eine Provokation angewöhnt hatte, »der Techniker von der Spurensicherung, man hat den Fallwinkel der Säule berechnet und das Ganze, und sie meinen, dass sie nicht einfach so umfallen kann, eine solche Marmorsäule, genau auf ihren Schädel und sie
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