Ochajon 06 - Und Feuer fiel vom Himmel
zerquetschen, und wieso ist sie nicht ausgewichen?«
Max Levin schabte sich wieder über seine Wangen, barg sein Gesicht in den Händen und rieb es mit aller Gewalt wie jemand, der gerade erwacht ist. Dann sagte er zwischen den Händen hervor, die sein Gesicht bedeckten: »Glauben Sie mir – ich verstehe es nicht, ich verstehe es selber nicht. Aber vielleicht war sie müde … wenn man müde ist, sind die Bewegungen … man passt nicht auf … vielleicht war es das …«
»Kann es nicht sein, dass jemand die Säule auf sie hat fallen lassen?«
Max Levin löste die Hände vom Gesicht und setzte sich auf – auch so sah er noch immer sehr klein aus, ein Eindruck, der durch seine Magerkeit verstärkt wurde –, und blickte ihn entsetzt an: »Wieso sollte … wieso sollte jemand … wie? Was, aus Versehen? Ein Unfall?«
Eli Bachar schwieg.
»Nein, das kann nicht sein«, wies Max Levin das von sich, »da braucht man gar nicht erst darüber reden, nein.« Er starrte Eli Bachar an, der ein gewisses Unbehagen empfand, trotz jahrelanger Erfahrung, denn er hatte diese Frage völlig mechanisch gestellt, fast nur so, ganz ohne Absicht. Eine derart heftige Reaktion, diesen beleidigten, verletzten Ton hatte er nicht erwartet. Er fragte sich auch, welcher Akzent das war – nicht direkt russisch, er konnte ihn nicht genau definieren –, der sich sehr stark bemerkbar machte, als Max Levin mit erhobener Stimme wiederholte: »Wieso denn! Nicht einmal so reden dürfen Sie, wer könnte wollen … wo sind wir hier … in Hollywood? Wieso soll Tirza – wissen Sie, wie sehr man Tirza hier geliebt hat? Dreißig Jahre und nicht einen einzigen Feind, und glauben Sie mir, sie war keine leichte Frau in der Zusammenarbeit, hat aus allen das Letzte herausgeholt, aber was? Sie war ein anständiger Mensch, durch und durch anständig, so etwas wie sie findet man heutzutage nicht mehr, und wie sehr sie … wie sehr sie sich aller angenommen und allen geholfen hat … fragen Sie die Näherinnen und die – sogar die Bühnenmaler, die Schreiner, die Arbeiter, da braucht man nicht darüber reden. Fragen Sie Avi, den Beleuchtungstechniker, er wird Ihnen sofort das Gleiche sagen!«
Eli Bachar nickte, stand auf und deutete mit dem Kopf zur Tür: »Ja, er ist hier draußen, ich werde gleich auch mit ihm sprechen, aber … wo ist eigentlich Benni Mejuchas?«
Max Levin zuckte die Achseln. »Ich könnte mir vorstellen, zu Hause, er ist sicher … man hat ihn bestimmt nicht allein gelassen, er ist sicher mit Hagar dort, das ist seine rechte Hand, seine Produktionsleiterin, seit Jahren, und auch mit … Freunden, bei sich zu Hause, aber bitten Sie Aviva, es für Sie zu klären«, und er stand selbst rasch auf, trat zur Tür, öffnete sie weit und rief: »Aviva, kannst du dem Polizisten hier helfen, Benni zu finden?«
»Aber sicher«, antwortete Aviva, »kommen Sie, Eli, Sie heißen doch Eli, oder? Kommen Sie, wir versuchen, ihn zu Hause zu finden, Arie Rubin hat mir vorhin gesagt, er sei zu Hause, kommen Sie her, setzen Sie sich.« Sie entfernte die Aktenordner von dem Stuhl neben ihrem Schreibtisch und klopfte auffordernd auf die Sitzfläche. Eli Bachar blickte sie an und setzte sich gehorsam.
Viertes Kapitel
»Sehen Sie ihn?«, hatte der Nachrichtenoffizier Dani Balilati zu Matti Cohen gesagt und eine Hand auf die Schulter des großen, schlanken Mannes gelegt, der sich von seinem Platz erhoben hatte, als sie eintraten. Der Mann umrundete den Tisch, blieb vor Matti Cohen stehen und drückte mit kühler Höflichkeit seine ausgestreckte Hand, während Balilati den Gürtel seiner Hose über den herausquellenden Bauch hochzog – wie Laurel und Hardy sahen die beiden aus, als sie nebeneinander standen.
»Schauen Sie ihn sich ganz genau an«, hatte Balilati mit unverhülltem Stolz zu Matti Cohen gesagt, als spräche er von jemandem aus der Familie, den er großgezogen hatte, »Sie sehen einen Künstler bei der Arbeit, vergessen Sie das nicht. Ilan ist Zeichner und nicht bloß irgendeiner mit guter Technik, und überhaupt tut er uns einen Gefallen, dass er uns hilft, oder nicht, Ilan?«
Jetzt, nach beinahe einer Stunde, die er Ilan Katz gegenübergesessen hatte, presste Matti Cohen seine Finger zusammen und rutschte auf dem Stuhl hin und her, der für seine Proportionen zu schmal war. Er hätte etwas antworten müssen, nicht nur um diesen Ilan Katz endlich zufrieden zu stellen – der ihn herzerweichend beschwor, ihm alles zu sagen, was ihm zu
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