Ochajon 06 - Und Feuer fiel vom Himmel
alle Achtung, komm her, lass dich umarmen. Habt ihr ihn gesehen?«, fragte er Michael und Eli Bachar, die sich schon von ihren Plätzen erhoben hatten und auf dem Weg nach draußen waren, »habt ihr gesehen, wie er die Situation gemeistert hat? Er hat die Chose gerettet, sonst wären sie uns nachher noch mit Behauptungen dahergekommen, aber wenn wir nicht gewesen wären, wer weiß, was dort los gewesen wäre?«
»Das mit Matti Cohen … das Herz?«, fragte Benisri, und Zadik bestätigte es mit ausgebreiteten Armen.
»Ich weiß nicht, was ich sagen soll«, sagte Benisri.
»Da gibt es nichts zu sagen.« Zadiks Gesicht nahm rasch einen ernsten Ausdruck an. Er senkte den Kopf, legte ihn dann in den Nacken, rollte mit den Augen und fügte in philosophischem Ton hinzu: »Was soll man da sagen, bitte, was? Ein Mensch ist in seinem Leben wie Gras, das kann man sagen, und rauch nicht. Hör auf zu rauchen. Wie ist es dort ausgegangen? Wie ich höre, haben sie sie mitgenommen?«
»Die Ministerin haben sie ins Hadassa in Ein Kerem gebracht und Schimschi und den Rest im Polizeiwagen mitgenommen, sie sitzen jetzt in Untersuchungshaft.«
»Na gut, das war zu erwarten«, sagte Zadik, »komm, nimm dir eine Zigarre.« Er hielt Dani Benisri eine große Zigarrenschachtel entgegen, und Benisri nahm sich eine daraus und musterte sie misstrauisch. »Eine Zigarre raucht man nicht auf Lunge, das macht überhaupt nichts, riech wenigstens mal dran.« Er wartete, bis sich Benisri die Zigarre zwischen die Lippen gesteckt hatte, und zündete sie ihm dann mit einem Streichholz aus einem der Heftchen an, mit denen das große Glas am Tischeck gefüllt war. »Du auch?«, fragte er Michael, der wartend an der Tür stand.
»Nein danke«, erwiderte Michael, »jedem sein eigenes Gift.«
Zadik verzog das Gesicht und behielt die Türklinke in der Hand, während sie hinausgingen. »Wenn ich dich nach zwei anrufe, geht das in Ordnung?«, fragte Michael, und Zadik nickte und schloss die Tür, wobei sie ihn noch murmeln hörten: »Einfach unbegreiflich – da fällt ein Mensch plötzlich um und ist tot.«
An der Tür des kleinen Zimmers, im Büro der Sekretärin, stand Arie Rubin und flüsterte mit Natascha, und Eli Bachar beobachtete die beiden, während Michael das Paket auf Avivas Tisch entgegennahm. »Ein Glück, dass sie die Gläser hier gelassen haben. Immer regen sie sich auf, dass sie sie nicht abholen, und jetzt … reines Glück, dass alles noch da ist … man weiß nie, wozu was gut ist«, seufzte Aviva. »Ich habe sie zuerst in einen braunen Papierumschlag und dann in Plastik eingepackt, wie in den Filmen, ich habe nichts angerührt, nur mit Nylon angefasst, habe ich das richtig gemacht?« Sie klimperte ihn mit ihren Wimpern an.
»Absolut richtig«, versicherte Michael.
»Ich hab bloß nicht verstanden, wozu Sie das brauchen«, sagte sie, legte den Kopf schräg und schüttelte leicht ihre Locken, »und ich wollte auch wissen, ob Sie sonst noch etwas brauchen. Zadik sagte mir, ich soll Ihnen alles geben, was immer Sie … Telefonnummern von Leuten oder Adressen?« Ihre Stimme war weich und spielerisch, und Eli Bachar gewahrte den neugierigen Blick, den Arie Rubin von ihr zu Michael Ochajon gleiten ließ, als sähe er hier etwas höchst Interessantes.
»Inspektor Ochajon«, sagte Rubin, »ich hatte noch keine Gelegenheit, es Ihnen zu sagen – ich bin ein alter Bewunderer von Ihnen, fragen Sie sie« – er deutete mit dem Kopf auf Aviva –, »ich habe es oft zu ihr gesagt«, und Aviva nickte energisch.
»Wirklich?« Michael war verlegen. »Ich wusste nicht, dass wir … ich dachte, dass nur …«
»Warum wundert Sie das?«, fragte Rubin. »Ich gehörte im Kibbuz M. zur Kerngruppe.« Er erwähnte den Mordfall, der sich in diesem Kibbuz ereignet hatte, und bemerkte, dass seitdem zwar viel Wasser den Jordan hinuntergeflossen sei und man sagen könne, dass der Kibbuz heutzutage vielleicht ein Anachronismus sei – »doch seinerzeit war es der erste Mord, den die Polizei im Kibbuz untersuchte, das erste Mal, dass die Polizei überhaupt hereinkam. Ich kann Ihnen bei Gelegenheit von zwei, drei Fällen erzählen, die nie bis zur Polizei gelangten, die intern gelöst wurden. Natascha, darf ich bekannt machen, das ist Inspektor Michael Ochajon, stellvertretender Kommandant der Bezirkspolizei, du wirst ihm noch begegnen.« Michael drückte ihre trockene, knochige Hand und stellte auch Eli Bachar vor.
»Können wir rein?«, fragte Rubin Aviva.
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