Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ochajon 06 - Und Feuer fiel vom Himmel

Ochajon 06 - Und Feuer fiel vom Himmel

Titel: Ochajon 06 - Und Feuer fiel vom Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Batya Gur
Vom Netzwerk:
erst einmal beschäftigt sei und erst danach könne, und dieser eine, der auf einem Zahnstocher herumkaute, nachdem er die unangezündete Zigarette in den Mülleimer geworfen hatte, hatte zu ihr gesagt, gut, dann eben nachher, und hinzugefügt, wenn sie am Migrasch Harussim eintreffe, solle sie verlangen, mit Michael Ochajon zu sprechen. Aus irgendeinem Grund waren ihre Augen an seinem Hals hängen geblieben; ein langer, schmaler Hals, und über dem Schlüsselbein zeichnete sich eine blaue Ader ab, die sie, wie ihr schien, pochen sah. Auch auf seine Hände hatte sie einen Blick geworfen – lange, feingliedrige, braune Finger, genau wie sie sie mochte. Ein Schauer durchrieselte sie bei dem wuchtigen Bild dieser Finger. Sie schüttelte es ab und drehte ihr Gesicht weg. Was, wenn er wüsste, woran sie dachte? Aber genau in diesem Moment hatte er nicht sie, sondern den Zahnstocher betrachtet, den er aus dem Mund genommen hatte. »Ich komme mit Ersatzbefriedigungen nicht zurecht«, hatte sie ihn zu dem zweiten Polizisten, dem mit den grünen Augen, sagen hören, worauf ihm dieser lächelnd auf den Arm geklopft hatte: »Hast du eine Abmachung getroffen? Dann bleib dabei. Du wolltest, dass Juval zu rauchen aufhört? Dann musst du was opfern. Du sagst doch immer zu mir, Elternschaft heißt Opfer bringen, war’s nicht so?« Dem hatte sie entnommen, dass er verheiratet war und Kinder hatte. Ein Kind zumindest. Das schon in dem Alter war, in dem man rauchte. Verheiratet. Alle waren verheiratet. Jeder, der es wert gewesen wäre. Und auch jeder, der es nicht wert war. Wie kam es, dass Männer, sogar wenn sie hässlich oder dumm waren … wie kam es, dass es immer irgendeine gab … sie waren nie allein … und öfter sah man sie sogar mit Frauen, die hübsch und klug waren und das alles, sogar wenn die Männer überhaupt nichts taugten. Und sie, wie kam es, dass sie … Schraiber war bereit. Sie wusste, dass er wollte, schon vor ein paar Tagen hatte ihr Aviva zugeflüstert – vor dem Waschbecken im Damenklo –: »Sag mal, Natascha, ist dir noch nicht aufgefallen, dass Schraiber in dich verknallt ist?«, und gekichert. Aber Schraiber sagte ihr nichts, im Grunde war er furchtbar schüchtern. Tat ganz hart … raubeinig, aber im Kern … vielleicht wegen Chefez. Vielleicht traute er sich wegen Chefez nicht, sich ihr auf diese Art zu nähern. Allerdings hatte er sie schon vor Chefez gekannt. Und wo sie gerade bei Chefez war – wenn Chefez jetzt etwas von ihr brauchte … egal, was … in jeder Beziehung … dann hatte sie vor, das auszunützen … ihr war nicht ganz klar, wie, aber …
    Schraiber parkte an der Ecke, an einer Stelle, von der aus man das dreistöckige Haus sehen konnte, dessen vergitterte Fenster, ohne jegliche Vorhänge, der Straße zugewandt waren. Häuser aus hellgrauem Jerusalemer Stein, die einander berührten, eine gemeinsame Wand. Vier Geschosse und in jedem Stockwerk ein Bogenfenster, das auf die Straße hinausging, kein Strauch, keine Blume befleckte die Farbe der Steinlandschaft, die schwarzen Schatten, die die Gitter und Zäune warfen, den nassen Asphalt der Straße.
    »Nicht einmal Bäume gibt es hier«, sagte sie zu Schraiber.
    »Na gut, es ist bekannt, dass sie Grün nicht gerade lieben, bei denen wird nichts angepflanzt«, murmelte Schraiber, als wüsste er, was sie dachte, und zog die Vorhanghälften am Rückfenster des Kastenwagens einen Spaltbreit zur Seite. In dem Augenblick, in dem er seine Augen zu dem Fenster im zweiten Stock erhob, wurde dort mit einem Schlag das Rollo geschlossen, als hätte jemand seinen Blick gespürt.
    »Hast du das gesehen?« Er zog sich von dem Spalt zurück und wischte sich über den nackten, kahl rasierten Schädel, der bereits feucht glänzte. »Ich brauch nur in ihre Nähe zu kommen – und schon schwitze ich«, beklagte er sich und wühlte in seiner Hemdtasche, »wir haben Chanukka, Dezember, vier Grad – und ich schwitze.«
    »Fotografier den Eingang«, bat Natascha, »sei so gut, nimm ihn jetzt gleich auf.«
    »Okay, okay«, versprach er und wühlte in den Taschen seiner Safariweste.
    »Was suchst du denn jetzt?«, fragte ihn Natascha ungeduldig. »Was suchst du da in den Taschen?«
    »Da«, erwiderte Schraiber und zog aus einer Seitentasche eine kleine hellblaue Blechbüchse heraus, »das hier. Kapiert?«
    »Nicht jetzt«, drängte sie, »nachher, wenn wir fertig sind, du lieber Himmel, Schraiber!«
    Er seufzte und steckte die Büchse wieder ein. »Was meinst

Weitere Kostenlose Bücher