Ochajon 06 - Und Feuer fiel vom Himmel
eine Reportage habe.«
»Natascha, das ist ohne Genehmigung!«
»Rubin hat mir versprochen, dass er das mit Chefez geregelt kriegt, dass es eine Absegnung im Nachhinein gibt«, murmelte sie, »und er wird dich auch decken, wenn wir Schwierigkeiten kriegen, in dem zweiten Fall, du wirst sehen, er hat’s versprochen. Er hat das Material gesehen.«
»Erklär mir, was du meinst, das man da sieht.«
Sie erzählte ihm von dem Restaurant, dem Treffen und den Haufen Geldscheinen, von den Plänen und dem Koffer, während sich zunehmende Furcht in seinen sich weitenden Augen widerspiegelte.
»Natascha«, sagte er mit belegter Stimme zu ihr, »du spielst mit dem Feuer. Du hast keine Ahnung, mit wem du dich da einlässt. Vergiss nicht, wo ich herkomme, Natascha. Ich kenne sie, sie werden dich nicht heil davonkommen lassen, sie werden sich an dir rächen, ich kenne sie besser als jeder andere hier, ich komme von dort.« Er zog nervös an dem kleinen Ring in seinem linken Ohr. »Sie werden dich umbringen, einen Unfall für dich arrangieren, sie werden dich mit einem Fluch belegen, völlig ungeniert, wenn du auf so was gestoßen bist, und falls es stimmt – dann hast du dich selber erledigt.«
»Das ist journalistische Arbeit, Schraiber, denk doch mal ernsthaft an unseren Beruf«, bettelte sie.
»Ich mag den Journalismus nicht, ich liebe Spielfilme, hast du – das nicht gewusst?«, zog er sie auf. »›Ido und Einam‹, das liebe ich zu drehen, für Benni Mejuchas, ich hab echt keine Zeit für dich«, sagte er zu ihr und tippte ihr mit dem Finger auf die Nase.
Sie packte ihn am Hemd, als seien sie in einem Film: »Schraiber, ich bitte dich.«
»Natascha, ich kann nicht«, flehte er. Vom Gang her erklangen rennende Schritte und Rufe. »Schon wieder was passiert«, Schraiber zog eine Zigarette aus der kleinen Brusttasche seiner hellen Safariweste und betastete sein Doppelkinn. Sein kleiner Mund presste sich zusammen, verlor sich in dem breiten Gesicht, während er mit einem Ohr nach draußen lauschte. »Weiß Gott, was da passiert ist, vielleicht ein Anschlag oder so was, ich kann jetzt nicht alles im Stich lassen und mich hier hinsetzen und mit dir reden, das musst du doch verstehen, Natascha.«
»Schraiber …«, sagte sie zu ihm und löste ihren roten Schal, zog ohne nachzudenken ihre schwarze Jacke, den Pullover und zum Schluss auch das schwarze Unterhemd aus, stellte sich vor die Tür und blockierte sie mit ihrem Körper, mit ihren aufgerichteten kleinen Brustwarzen. »Hör zu, Schraiber … willst du vögeln?«
Er sah sie entsetzt an, und einen kurzen Augenblick dachte sie, dass er sie vielleicht ohrfeigen würde, doch dann tanzte etwas Bekanntes in dem grünlich gesprenkelten Braun seines rechten, leicht schielenden Auges, es zuckte um seinen kleinen Mund, er musste grinsen und schließlich lachte er erstickt. Wenn sie ihn nicht gekannt hätte, sie wäre beleidigt gewesen.
»Was ist denn in dich gefahren, Natascha«, er hustete unterm Sprechen, »zieh dich sofort an, zieh den Pullover an, was ist bloß … du bist quasi bereit, alles zu tun für …?« Der Lärm auf dem Gang schwoll an. »Da ist wirklich was passiert«, fuhr er fort, während er ihr den Pullover über den Kopf zog und ihre Hand in den Ärmel schob, als sei sie ein kleines Mädchen. »Los komm, Natascha, lass uns gehen.«
»Erst musst du’s versprechen«, bettelte sie, »versprich mir, dass du mir hilfst.«
Schraiber verdrehte die Augen zur Decke. »Wenn du nicht so … so eine … so sehr, das heißt so ohne … niemand … auf der Welt …«, er schüttelte vorwurfsvoll den Kopf, »wenn ich dich nicht kennen würde und wüsste, dass du es in jedem Fall tun wirst, dann würde ich sagen, geh zu Chefez, aber du gehst sowieso nicht zu Chefez, oder?«
»Da brauch ich nicht hingehen«, erwiderte sie zornig, »aber wenn du mitkommst … schau, ich … ich zahl’s dir.«
»Was, du willst mir Geld zahlen, oder wie?« Schraiber lachte noch mehr, unter heftigem Kopfschütteln, wischte sich mit dem Ärmel seines karierten Flanellhemds übers Gesicht, zog an den Rändern seiner langen Safariweste und zerrte an dem offenen Reißverschluss einer der Taschen. »Wie willst du mich bezahlen? Möchtest du mir deine nicht vorhandenen Ersparnisse geben? Putzjobs machen? Auf die Straße gehen? Okay, ich werde dir demnächst eine Antwort geben. In Ordnung?«
Sie ließ nicht locker, ergriff ihn am Ärmel: »Wann? Wann gibst du mir eine Antwort? Wenn es zu spät
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