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October Daye - McGuire, S: October Daye

October Daye - McGuire, S: October Daye

Titel: October Daye - McGuire, S: October Daye Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Seanan McGuire
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atmete den Rauch ein. Aus ihrer Miene sprach deutliche Belustigung, als sie die Lider wieder öffnete. »Du hast dich gut auf uns vorbereitet. Ich denke, jemand hat dir gesagt, wie du es tun sollst.«
    »Die Luidaeg.«
    »Maeves Balg? Das erklärt viel. Unsere Mutter war eine Schwester ihres Blutes; sie hat uns in unseren Wiegen beobachtet und unsere Windeln gewechselt, bevor man wusste, was wir werden würde n – bevor wir selbst es wussten, obwohl wir von Beginn an Blut saugten. Dann erfuhren wir unseren Zweck, verschlangen unsere Mutter und entflohen dem Sumpfland in dunklere Gefilde.«
    Die Gestalt mit Ross’ Gesicht landete neben ihr und faltete ebenfalls die Flügel. »Wir flohen in die Ritzen der Welt, und man verfolgte uns nicht, denn man hatte auf uns gewartet. Wie wir Einzug hielten und wann, damit hatte man nicht gerechne t – aber man wusste, warum wir existierten und warum wir verschont werden mussten.«
    Ich dachte an die Leichen im Keller. »In Faerie verwest Fleisch nicht.«
    »Natürlich nicht!« Der Nachtschatten lachte. »Das braucht es auch nicht. Immerhin sterben die Fae nie.«
    »Aber in dieser Welt schon«, meldete sich die Beinahe-Dare zu Wort. »Bisweilen straucheln sie und fallen. Jemand musste die Leichen holen, damit sie nicht die ganze Welt überzogen. Bevor wir kamen, schwärzten die Scheiterhaufen den Himmel; nur Feuer beseitigt die Körper der Toten so sauber, wie wir es tun.« Ein belustigtes Raunen ging durch die Schar. »Obwohl sie eigentlich nie sterben sollten, taten und tun sie es so überraschend anmutig.«
    »Also existiert ihr, um die Toten zu essen.«
    »Ja. Aber es muss einen Anreiz dafür gebe n – das solltest du wissen. Dein Blut ähnelt dem unseren; wir holen die Leichen, du nimmst das Blut. Würdest du den Lebenssaft deinesgleichen trinken, wenn er dir keine Offenbarungen brächte?«
    »Nein.«
    »Wir auch nicht. Wir wurden geschaffen, um Faeries Tote zu essen; dadurch wird es jedoch nicht angenehm. Es gib t … andere Möglichkeiten.« Sie bedeutete einem der Nachtschatten aus dem hinteren Teil der Schar, nach vorne zu kommen. Zögerlich näherte er sich, eine verschwommene Gestalt aus Nebel und Schatten, deren Flügel nur sichtbar wurden, wenn sie sich bewegten. Ich spürte, dass die Kreatur mich beobachtete, obwohl ich ihre Augen nicht sehen konnte. Sie war sehr hungrig. »Möglichkeiten, unser Handeln zu erzwingen, könnte man sagen.«
    »Oh, Eiche und Esch e … «, stieß ich hervor.
    »Wenn wir nicht essen, vergehen wir«, fuhr sie fort, ohne auf mein Unbehagen zu achten. »Wir lernten rasch und schlossen einen Handel mit Oberon, unserem Vater. Die Lebenden rühren wir nicht mehr an, aber die Toten gehören uns. Wir essen ihr Fleisch, trinken die Erinnerungen in ihrem Blut und verwenden ihre Gestalten statt der unseren. So ist es, und so soll es sein. Verstehst du?«
    Ob ich verstand, dass ich von Kannibalen umgeben war, die dachten, sie hätten ein göttliches Recht, mein Fleisch zu fressen? O ja. »Ich denke schon.«
    »Gut. Dann verstehst du auch, weshalb wir die Toten dieses Ortes nicht essen.«
    Hä? »Nein.«
    »Das Blut erinnert sich, und die Erinnerung ist es, die uns am Leben erhäl t – nicht nur das Fleisch, sondern auch das Leben, das es trug. Wir trinken die Erinnerungen, und sie verleihen uns eine Zeit lang Gestalt. Wenn die Erinnerungen verblassen, gibt es immer weitere Tote.«
    Der Ross-Nachtschatten nickte und spreizte jäh die Flügel, begleitet von einem Geräusch, das an reißende Seide erinnerte. »Wir trinken ihr Leben, wir leben ihre Stunden, und wir erinnern uns an sie. Es ist eine kleine Sache, und sie endet, aber wir erinnern uns.«
    »Wir erinnern uns immer«, sagte die mit Dares Gesicht.
    Begreifen dämmerte. Deshalb trug ihre Anführerin Dares Gesicht, und deshalb erkannte ich andere Mitglieder der Schar. Sie gaben sich als die Toten aus, weil sie keine andere Wahl hatten. Nein, das stimmte nicht. Sie waren die Toten. »Ihr besitzt keine eigenen Gestalten.«
    »Das ist richtig. Und bei den Leichen dieses Ortes ist uns jemand zuvorgekommen. In ihnen ist nichts, das uns nähren kann.« Sie zuckte mit den Schultern. »Wir arbeiten nicht umsonst.«
    »Wisst ihr, was di e … die Erinnerungen aus dem Blut gesogen hat?«
    »Nein. Das ist noch nie geschehen.« Einen Moment lang wirkte sie beinahe sanftmütig. »Wenn wir wüssten, weshalb es passiert, würden wir dem selbst ein Ende setzen. In Faerie gibt es nicht so viele Tote, dass wir

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