October Daye - McGuire, S: October Daye
meine Sicht, und meine Fäuste droschen immer schwächer gegen ihre Rippen. Ersticken fühlt sich sehr wie Ertrinken an. Ich empfehle weder das eine noch das andere. Mit letzter Kraft flüsterte ich tonlos: »Da s … sagen Sie.«
Das machte sie nur noch wütender. Sie nahm eine Hand von meiner Kehle und verpasste mir erneut eine Ohrfeige. Ich achtete nicht darauf, ich war viel zu beschäftigt damit, Luft in meine schmerzenden Lungen zu bekommen.
»Willst du den wahren Grund wissen, warum ich sie auf diese Art getötet habe?«, fragte sie. »Weil ich sie nicht gespeichert habe, daru m – selbst wenn die anderen zurückkommen würden, sie kann es nicht. Sie ist futsch, und nichts, was Ihre Herren vermögen, kann sie zurückholen. Nicht übel für einen Hund, was? Wie gefällt dir das? Wir haben eine der Zwingerwärterinnen ausgeschaltet!«
»Aber nur ein e … «, flüsterte ich.
»Das spielt keine Rolle. Ich werde so viele töten wie nötig.« Abermals schlug sie zu, und mein Kopf wurde zur Seite geschleudert. »Warum Sie und nicht ich? Warum wollten die Sie? Mein Blut ist sogar noch reiner als Ihres! Warum sind Sie deren Schoßhündchen, während ich im Zwinger gehalten werde? Warum?«
»Ich weiß es nicht«, stieß ich hervor. Ihre Hände schlossen sich wieder um meinen Hals, und die schwarzen Flecken kamen zurück.
»Ich hasse dich!«, brüllte Gordan. Ich schloss die Augen, erschlaffte und wartete auf den Tod.
Das Geräusch von splitterndem Holz ließ mich die Lider öffnen. Gordans Hände lockerten ein wenig ihren Griff, als sie den Kopf zur Quelle des Geräuschs drehte. Hinter ihr stand April, die Überreste eines Klappstuhls in beiden Händen. Ich hatte die Dryade noch nie so solide wirken sehen, und der Ausdruck in ihrem Gesicht war diesmal mehr als ein blasser Abklatsch der Mienen anderer in ihrer Umgebun g – er war inbrünstig, erschöpft und äußerst real.
»Lass sie los, Gordan«, sagte sie.
»Marsch zurück in deinen Computer, April«, entgegnete Gordan. »Das geht dich nichts an.«
»Du hast Mama wehgetan«, sagte April, und es klang verwundert. »Du hast behauptet, sie würde wie die anderen zurückkommen. Jetzt sagst du, das kann sie nicht, und ich denke, das ist die Wahrheit. Warum hast du mich belogen?«
»Geh nach Hause, April!«
»Du hast meine Mutter getötet!« April ließ den Stuhl erneut niedersausen, so kräftig, dass er an Gordans Rücken zerbrach. Gordan ließ mich los und fuhr herum. Ich taumelte aus ihrer Reichweite, stolperte rückwärts den Steg entlang und blieb dann stehen, um zu Atem zu gelangen. Ich hatte immer noch die Waff e – ein Umstand, den Gordan anscheinend vergessen hatte.
»April, du willst dich bestimmt nicht mit mir anlegen«, knurrte Gordan, riss der Dryade die Überreste des Stuhls aus den Händen, packte sie am Haar und benutzte es als Hebel, um sie wegzuschleudern. April schrie auf, prallte neben Quentin gegen die Wand und ging als schlaffes Häufchen zu Boden. Ich konnte keine Atmung erkennen, doch das beunruhigte mich nicht: Der Aufprall war nicht allzu hart gewesen, und ich hatte sie noch nie richtig atmen sehen.
Gordan hatte sich umgedreht, während ich zusah, wie April stürzte. Ich sah nicht, wie sie sich bewegte, bis sie bei mir war und versuchte, mir die Waffe zu entreißen. Ohne nachzudenken, stieß ich sie von mir, so kräftig ich konnte. Sie prallte rückwärts auf die Lücke im Geländer zu.
»Gordan, Vorsicht!«, brüllte ich.
Die Warnung schien sie zu erschrecken, sie taumelte noch ein Stück rückwärts, und ihre Fersen hingen über der Kante des Steges. Sie schwankte über dem Abgrund, blickte über die Schulter und erbleichte, als sie erkannte, wie tief sie stürzen würde. Ohne zu überlegen, ließ ich die Waffe fallen, preschte vor und streckte die Hände aus. »Gordan, schnell! Halten Sie sich an mir fest!«
Es gab eine Wahl. Eine kurze und schwere zwar, aber eine Wahl. Die Rechtsprechung in Faerie ist nicht barmherzi g – unter den Unsterblichen ist Milde Mangelwar e – , und wir beide wussten, dass sie Gordan niemals töten würden. Der Tod ist dem Volk von Faerie zu fremd, es tötet nie, wenn es sich vermeiden lässt. Wenn ich Gordan rettete, würde sie vor ein Gericht der Fae gestellt und nach unsterblichem Maßstab verurteilt werde n … für immer.
Gordan fasste blitzschnell ihr Schicksal ins Auge, wog eine ewige Strafe gegen einen Augenblick des Schmerzes ab und wählte die Sterblichkeit. Am Ende behielt ihre
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