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October Daye: Nachtmahr (German Edition)

October Daye: Nachtmahr (German Edition)

Titel: October Daye: Nachtmahr (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Seanan McGuire
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unausgesprochen, unsicher, wie ich sie formulieren sollte. Lily ließ es nicht so klingen, als wäre Karen tot, aber schließlich waren wir noch halb in der Öffentlichkeit. Vielleicht wartete sie nur, bis wir unter uns waren.
    »Nein, October. Es tut mir leid.« Lily schüttelte den Kopf. »Ich habe alles versucht. Es ist mir nicht gelungen.«
    Oh, Wurzel und Zweig. Wie sollte ich bloß Stacy erklären, dass Karen nie mehr heimkommen würde? Ich schluckte schwer und fragte: »Wie starb sie?«
    Lily zog die Stirn in Falten und sah verblüfft aus. »Starb?«
    »Na, Karen. Wie ist sie gestorben?«
    Marcia blinzelte. »Jemand ist gestorben?«
    »October, ich glaube, du und deine Begleiter sollten jetzt mit mir kommen«, sagte Lily immer noch stirnrunzelnd. »Die Sonne geht bald unter, und wie es scheint, haben wir viel zu besprechen.« Sie wandte sich um und schritt davon. Zu verwirrt, um zu widersprechen, folgte ich ihr, ohne Connors Hand loszulassen.
    Sie führte uns bis zum Fuß der Mondbrücke, dann blieb sie stehen, kniete sich hin und hielt eine Hand über mein Knie. »Du bist verletzt«, sagte sie tadelnd. »So geht es nicht, aber hier kann ich das nicht heilen. Holing?«
    »Hä?«, sagte May und blinzelte überrascht.
    Die Falten von Lilys Kimono raschelten leise, als sie sich aufrichtete. »Trag sie. Wir müssen sie in den Mugel schaffen, und mit ihrem Knie in diesem Zustand kann sie die Brücke nicht bewältigen.«
    »Aber – «
    »Du bekommst bald genug Gelegenheit, zu heulen und zu kreischen und die Todesfee zu spielen. Aber jetzt trägst du sie. Connor?«
    »Ja?«
    »Komm.« Sie hielt ihm ihren Arm hin und erwartete offenbar, dass er ihn ergriff. Connor warf mir einen Blick zu, ließ meine Hand los, hakte Lily unter und ließ sich von ihr die Brücke hinauf und außer Sicht führen. Spike schoss hinterher und ließ mich mit May allein. Na, herrlich.
    May sah mich stirnrunzelnd an. »Sie will, dass ich dich trage.«
    »Ist mir nicht entgangen.«
    »Also, von allen absurden – «
    Ich seufzte und breitete die Arme aus. »Ach, komm schon, May. Bringen wir’s einfach hinter uns. Umso eher kannst du mich meiner ewigen Bestimmung zuführen.«
    »Ich bin immer noch nicht sicher, ob ich dir überhaupt helfen darf!«
    »Hör mal, ich werd’s keinem verraten. Oder willst du dich vielleicht mit Lily anlegen?«
    Sie erbleichte. Wenn sie mein Gedächtnis hatte, wusste sie Bescheid. »Nein.«
    »Dachte ich mir. Also komm her und heb mich hoch.«
    May seufzte und ging in die Hocke. »Meinetwegen.« Mein Knie tat schon weh, als ich mich so hinstellte, dass sie mich Huckepack nehmen konnte, und ich mochte gar nicht daran denken, wie es sich angefühlt hätte, die Brücke selbst zu besteigen. Lily hatte schon recht – ich musste getragen werden – , aber sich von seinem eigenen Holing tragen zu lassen war irgendwie peinlich.
    May beugte sich weit vor, um mein Gewicht auszubalancieren, und begann die Brücke zu erklimmen. Es ging sehr langsam. Nach einer Weile blieb sie stehen, hielt sich am Geländer fest und keuchte.
    »Was hast du gegessen? Backsteine?«, fragte sie.
    Ich stemmte ihr »versehentlich« die Fersen in die Seite. »Ich dachte, du wärst unzerstörbar!«
    »Nein, man kann mich nur nicht töten«, stieß sie keuchend hervor. »Ich kann sehr wohl erschöpft sein, und du bist schwer.«
    »Steck’s weg.«
    »Welch große Dankbarkeit.« Sie begann wieder zu steigen.
    Als wir die höchste Stelle der Brücke erreichten, gab es ein gedämpftes Plopp, und wir standen an einer Wegkreuzung. Vier schmale Kiespfade führten über einen schachbrettartig gemusterten Sumpf. Nur die Pfade boten eine Chance, trocken auf festen Boden zu gelangen. Wir waren in Lilys Mugel.
    »Entzückend«, knurrte May und stapfte den nächstbesten Pfad entlang. Wir waren auf halber Strecke zum Festland, als sie ausglitt.
    Wenn man huckepack getragen wird, hat man wenig Möglichkeiten, sich abzufangen, und May konnte uns nicht abfangen, weil ihre Arme um meine Beine geschlungen waren. Wir hatten gerade noch Zeit zu kreischen – in perfektem Unisono – , dann landeten wir im Wasser. Es war lauwarm, wie frisches Blut.
    Dieser Gedanke genügte, dass ich mich von May abstieß und hektisch zu zappeln begann, und dass ich im Wasser war, reichte, damit ich wie eine Wahnsinnige weiterstrampelte. Ich habe vierzehn Jahre mit Lily verbracht. Keine von uns hatte das so geplant, vielmehr fand ein Mann namens Simon Torquill, dass ich einen niedlichen

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